Die Fackel der Freiheit
normalerweise unbewusst alle anderen Personen, mit denen sie es zu tun hatten, einhüllten.
Nicht, dass sich Berry Personen von hohem sozialem Stand gegenüber respektlos verhalten hätte. Das tat sie niemals, es sei denn, besagte Person hätte ihr einen konkreten Grund dafür geliefert. Sie war nur eben in der Lage, diesen Respekt jedem anderen gegenüber ebenso zu erweisen, völlig egal, wie niedrig sein sozialer Status war. Sie hatte überlebt. Für Lara und viele andere galt das nicht. Und daher würde sie diesen Zwischenfall für alle Zeiten durch diejenigen definiert sehen, die am meisten gelitten hatten, und nicht durch die, die einen bestimmten Status innehatten. Queen Berry hatte sich Zeit genommen und sehr viel Energie in die Aufgabe gesteckt, den Namen jeder einzelnen Person herauszufinden, die bei dem Attentat ihr Leben verloren hatte, einschließlich sämtlicher Bediensteten, und persönliche Kondolenzschreiben an deren Angehörige geschickt. (Wenn es denn Angehörige gab. Für viele Exsklaven galt das nicht.)
Diese besondere Eigenschaft machte Berry zu einem Menschen, der schneller neue Freunde fand, als Hugh das jemals zuvor erlebt hatte. Und die Freunde, die sie schon vorher gehabt hatte, band sie auf diese Weise nur noch enger an sich. Hugh glaubte nicht, dass sich auch ihre anderen Leibwächter in der Art und Weise in sie verliebten, wie das bei ihm der Fall war. Aber sie alle dienten ihr mittlerweile von ganzem Herzen.
Und ... wenn er die Dinge richtig einschätzte, dann war es der gesamten Bevölkerung von Torch genauso ergangen. Schon bald würden sie es herausfinden. Dies hier würde Berrys erster öffentlicher Auftritt seit jenem Attentat werden.
Es stand dringend zu hoffen, dass er Recht hatte. Sonst würde Berry ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen. Vielleicht würde sie das sowieso tun.
Die Königin und ihr Sicherheitschef traten in das Sonnenlicht hinaus, das den Haupteingang des Palastes umspielte. Augenblicklich geschahen zwei Dinge absolut gleichzeitig.
Die gewaltige Menschenmenge, die sich dort versammelt hatte, brach in tosende Jubelrufe aus, und ein Dutzend Leibwachen rückten vor und umringten ihre Königin.
Etwas mehr als die Hälfte der Wachen stammte von Beowulf, der Rest setzte sich aus Ballroom-Aktivisten und Amazonen zusammen, jeder Einzelne von ihnen im Vorfeld auf Herz und Nieren überprüft. Und das nicht nur durch Hugh persönlich oder durch Jeremy und Saburo, sondern auch von einem Angehörigen der Leibgarde, die mit Ruths Vater nach Torch gekommen waren.
Sein Name war Barry Freeman, und er war der Einzige dieser Abteilung der Queen's Own, den eine Baumkatze adoptiert hatte. Der Baumkater trug den Namen Oliver Wendell Holmes; er hatte Hughs Bemühungen, für Berry ein neues Schutzkommando zusammenzustellen, von Anfang bis Ende begleitet.
Um genau zu sein: ihr erstes richtiges Schutzkommando. Berry hatte darauf bestanden, die neu gegründete Einheit solle Lara's Own Regiment heißen. ›Regiment‹ war natürlich im Augenblick eine schlichtweg lächerliche Bezeichnung. Aber wenn diese neue Sternnation überlebte, dann würde sich das beizeiten ändern.
Verzweifelt wünschte sich Hugh, Barry und Oliver wären immer noch hier auf Torch. Er hätte sich einfach deutlich besser gefühlt, wenn er zumindest noch eine weitere Baumkatze in der Nähe gewusst hätte, die in der Lage wäre, die Emotionen all derjenigen aufzufangen, die Berry hier gefährlich nahe kamen. Bedauerlicherweise gab es nur sehr wenige Baumkatzen, die einen menschlichen Partner adoptiert hatten. Der Einzige hier auf Torch war Dschingis gewesen. Mit jedem Tag, der verstrich, vermisste Hugh ihn und Judson Van Hale mehr, und das nicht nur wegen des praktischen Aspektes. Weder Dschingis noch Judson - noch Harper - hatten auch nur einen Moment lang gezögert. Wäre das geschehen, so wäre Berry gestorben, und die Zahl der Toten ungleich größer geworden. Für Hugh Arai waren diese drei damit wie Brüder, Speziesunterschiede hin oder her!
Doch es hatte eben doch auch einen praktischen Aspekt, und über dieses Thema hatte Hugh recht ausführlich mit Winton-Serisburg und Freeman am Tag vor deren Abreise gesprochen. Sie hatten versprochen, zu tun was sie konnten, sobald sie erst einmal wieder im Sternenkönigreich einträfen. Vielleicht ließ sich ja der eine oder andere Manticoraner finden, der nicht nur von einer Baumkatze adoptiert worden war, sondern auch genügend sicherheitstechnische Erfahrung
Weitere Kostenlose Bücher