Die Fackel der Freiheit
Gleichgültigkeit schlagartig aufhören. Schon zweimal in seinem Leben hatte Jürgen erlebt, was geschah, wenn Mesa die Samthandschuhe abstreifte und sich ernsthaft auf jemanden stürzte, der sich in den Zweier-Bezirken herumtrieb. Begriffe wie ›rechtliches Gehör‹ und ›angemessene Reaktionen‹ waren dann einfach bedeutungslos. Niemand hatte dann mehr Skrupel, ganze Häuserblocks dem Erdboden gleichzumachen und jeden einzelnen Bewohner abzuschlachten, einfach nur, um auf jeden Fall auch die Person zu erwischen, hinter der sie her waren.
Das hieß ...
Dusek kam zu dem Schluss, er könne das Problem vermutlich einfach ignorieren, solange Inez Cloutier diesen McRae anheuerte und ihn rasch wieder vom Planeten fortschaffte. Schließlich war es wirklich nicht sonderlich wahrscheinlich, dass ein ehemaliger SyS-ler, erst recht nicht ein Mitglied des Inneren Kreises, irgendetwas mit dem Ballroom zu tun hatte. Gewiss, die Haveniten hatten sich der Gensklaverei schon immer entgegengestellt. Na und? Das Einzige, was sämtliche ehemalige SyS-ler, die Dusek bislang erlebt hatte, gemein hatten, das war, dass sie nun als Söldner tätig waren. Und was hatte der Ballroom ihnen schon zu bieten?
»Also, was wollen wir mit diesem McRae anstellen?«, fragte Chuanli nach.
Dusek traf seine Entscheidung. »Sorgen Sie nur dafür, dass ihn irgendjemand ständig im Auge behält. Das braucht keine aufwändige Beschattungsoperation zu sein, Chuanli. So etwas kostet richtig Geld. Es soll bloß jemand immer auf seine Unterkunft achten. Wir müssen wissen, wann er geht, wann er wiederkommt und wie seine Alltagsroutine so aussieht.«
»Wir können doch nicht rausfinden, wo er hingeht, wenn wir ihm nicht folgen, Boss.«
»Wen interessiert schon, wohin er geht? Der Kerl an sich interessiert uns doch gar nicht, Chuanli. Das ist ein ganz übler Kunde. Ein ausgewachsener Psychopath - und verdammt gut dabei. Je schneller er den Planeten wieder verlässt, desto besser. Wir wollen nur anständig daran verdienen, dass er wieder verschwindet, das ist alles. Und dafür brauchen wir nichts zu wissen, was uns nicht schon jetzt bekannt wäre. Er war eindeutig wirklich bei der SyS, und das ist alles, was zählt. Für diesen Markt reicht das voll und ganz aus.«
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2011
Kapitel 14
Jack McBryde saß in seinem komfortablen Büro, betrachtete die smarte Wand vor seinem Schreibtisch und machte sich Sorgen.
Die Wand war so konfiguriert, dass sie die Aufnahmen der in die Decken eingelassenen und über das gesamte Gelände der Anlage verteilten Sicherheitskameras aus der Vogelperspektive zeigte. Hätte ein uninformierter Beobachter diese Aufnahmen gesehen, wäre er niemals auf die Idee gekommen, das gesamte Gamma Center liege tatsächlich mehr als fünfzig Meter unterhalb der felsigen Oberfläche von Mesa. Tatsächlich befand sich die Anlage unter dem Fundament eines Turmes, der auf einem der Gewerbegebiete errichtet worden war; dieses Gewerbegebiet grenzte an die Außenbezirke von Green Pines. Der Bau dieses Turmes hatte sämtliche anderen Aktivitäten verdeckt, die bei der Errichtung von Green Pines vorgenommen worden waren, und er lag weit genug von dem Wohngebiet entfernt, sodass es keine ›Vollzeit-Nachbarn‹ gab, die irgendwelche Absonderlichkeiten hätten bemerken können. Besser noch war vielleicht, dass der Turm, der oberhalb dieser Anlage in den Himmel ragte, vor Fachgeschäften, Finanzberatern und Medizindienstleistern beinahe überquoll und auch noch mehr als einem Dutzend verschiedenen Regierungs- und Firmenbüros Platz bot. Auf diese Weise bot er die perfekte Tarnung für das Kommen und Gehen der mehr als siebenhundert Wissenschaftler, Ingenieure und Verwaltungsleiter sowie der Sicherheitskräfte, deren Aufgabe es war, sie alle stets im Auge zu behalten.
Doch das Alignment hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass ein derartiges Leben als Höhlenbewohner nicht gerade dazu angetan war, kreativ tätige Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen. Deswegen hatten die Räumlichkeiten im Center allesamt erstaunlich hohe Decken, und die Räume und Büros waren durch die Bank groß und luftig. Die Flure waren breiter, als dies erforderlich gewesen wäre, und die smarten Wände waren stets so konfiguriert, dass sie bemerkenswert echt wirkende Illusionen von Waldwiesen oder - im zweiten Stockwerk - sonnigen Stränden schufen. Auch die Gemeinschaftsräume waren so angelegt, dass
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