Die Fackel der Freiheit
gesetzt hatte. Nach allen Geschichten, die Victor bislang zu Ohren gekommen waren, hatte der letzte Polizist, der sich tatsächlich hier hereingewagt hatte, das Lokal in einem Leichensack verlassen.
Irgendwelche Auswirkungen hatte das anscheinend nicht gehabt. Der Cop war damals erst frisch im Polizeidienst gewesen und hatte sich auf eigene Faust daran versucht, den Laden zu erpressen. Hätte der Eigentümer nicht seine eigenen Leute angewiesen, sich um dieses Problem zu kümmern, dann hätte ihm der Abteilungsleiter der Polizei diese Arbeit vermutlich sogar abgenommen.
Victor hatte Jahre in ähnlichen Bezirken wie Neu-Rostock verbracht. Für einen Spion wie ihn waren solche Regionen häufig ein guter Ausgangspunkt für die Vorbereitung neuer Operationen. Natürlich hatte es auch seine Nachteile, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten. Aber einer der großen Vorteile dieser Vorgehensweise bestand darin, dass nur sehr wenige hartgesottene Kriminelle sich durch etwaige patriotische Anwandlungen stören ließen. Solange sie bezahlt wurden, war es ihnen herzlich egal, wer man war oder warum man tat, was auch immer man nun vorhatte - und meistens wollten sie das ohnehin gar nicht wissen.
Jeder Planet mit einer hinreichend großen Bevölkerung kannte derartige Bezirke in ihren größeren Städten. Neu-Rostock war beileibe nicht das Schlimmste, was Victor jemals erlebt hatte. In zweien der Slum-Gebiete in Nouveau Paris, einer davon keine Meile von seinem eigenen Geburtsort entfernt, ging es mindestens ebenso rau zu. Und überall gab es gewisse ›Standard-Vorgehensweisen‹. Natürlich gab es keine offiziellen, förmlich festgelegten Regeln, aber es kam dem schon sehr nahe. Zu diesen Regeln gehörte, dass jedes Etablissement - und ganz gewiss eines wie das Rhodesian Rendezvous - den Polizisten Schutzgeld zu zahlen hatte, um weiterhin im Geschäft bleiben zu dürfen. Doch diese Schutzgelder wurden sauber und ordentlich gezahlt, immer schön von oben nach unten. Polizisten, die darin einen Nebenerwerb zu finden glaubten, waren nicht sonderlich willkommen und hielten meistens nicht allzu lange durch.
Das Einzige, was auf Mesa tatsächlich ungewöhnlich war, das war, dass der Polizei fast gänzlich egal war, was in den Zweier-Slums alles passierte. Die Cops überließen die Aufgabe, in diesen Bezirken für Ordnung zu sorgen, den jeweiligen Bossen, die dort das Sagen hatten. Solange sie nur weiter ihr Bakschisch erhielten, kümmerte es sie einfach nicht, was dort passierte. Und wenn man ehrlich bleiben wollte, musste man sich eingestehen, dass die Bosse dort mindestens ebenso effektiv für Ordnung sorgten, wie die Polizei es hätte tun können. Und der Anteil, den sie bei jedem einzelnen dort abgeschlossenen Geschäft einstrichen, war auch nicht schlimmer, als wenn ordentliche Steuern erhoben worden wären.
Trotzdem war es eine ziemlich ruppige Ordnung, die dort herrschte - zumindest an Orten wie dem Rhodesian.
»Es werden die drei an dem Tisch vor der Südwand sein«, vermutete Yana. »Die, die vor ein paar Minuten reingekommen sind.«
Auch sie sprach leise, doch ebenso wie Victor verließ sie sich auf die Verzerrer, die dafür sorgen sollten, dass niemand sie belauschen konnte. Auch das sollte niemanden verwundern. Derartige Geräte waren an solchen Orten praktisch ein Muss. Wenn es in einem solchen Etablissement so etwas wie blindes Vertrauen oder die Milch der frommen Denkungsart gab, dann befand es sich wohl in den Pfoten einer blinden Maus, die sich in irgendeinem Loch versteckte.
»Wahrscheinlich hast du Recht. Die vermeiden es richtig, dich anzusehen. Fast alle anderen Männer können den Blick überhaupt nicht mehr von dir abwenden, seit wir hereingekommen sind.«
Auf Yanas Gesicht zeichnete sich ihr kaltes Lächeln ab. »Bist du sicher, dass du das übernehmen willst? Ich kann durchaus auf mich selbst aufpassen, weißt du?«
»Daran zweifle ich nicht im Mindesten. Aber ich bin derjenige, über den die hier etwas herausfinden wollen.«
Tatsächlich war Yana ein wenig nervös. Nicht wegen der drei Männer an dem Tisch dort drüben. Derartige Alphamännchen verspeiste sie zum Frühstück. Was sie hier nervös machte, das war der Mann, mit dem sie hier war.
Victor Cachat. Nicht allzu lange vor ihrem Tod hatte ihre Freundin Lara einmal gescherzt: Wenn du Victor an deiner Seite hast, dann brauchst du wirklich keinen Pakt mehr mit dem Teufel zu schließen.
Und das stimmte durchaus. Sie sah zu, wie die Männer an dem
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