Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
unten und sah auf der anderen Seite des Hofes eine Tür offen stehen, aus der Licht ins Freie fiel. Das musste die Wachstube sein; er sah mehrere Soldaten und konnte an der plötzlichen Stille erkennen, die von Gelächter, Stöhnlauten und Ausrufen gefolgt wurde, dass sie würfelten.
Bitte einen Sechserpasch, betete er.
Noch eine Mauerbiegung, außer Sichtweite, und er begann wieder zu atmen, während ihm das Blut in den Ohren hämmerte. Die Dunkelheit unter ihnen war still, obwohl er hinter sich nach wie vor die Wachen hören konnte.
Fraser hing das Haar in einem Pferdeschwanz auf dem Rücken, der ihm sanft zwischen den Schulterblättern pendelte, und eine kleine Strähne aus goldenem Licht schlängelte sich von der Laterne über die glatten rotbraunen Strähnen in die Dunkelheit hinaus. Plötzlich blieb Fraser stehen, und Grey wäre fast mit ihm zusammengeprallt.
Er hörte, wie der Schotte tief Luft holte, und sah, wie er sich bekreuzigte. Jamie drehte sich zu Grey um und bückte sich, um Grey ins Ohr flüstern zu können.
»Da ist jemand unten an der Pforte«, sagte er sehr leise, und sein Atem strömte warm über Greys Wange. »Wir müssen ihn ausschalten. Versucht, ihn nicht umzubringen, aye?«
Und damit warf er die Laterne auf den Hof hinunter. Sie landete mit einem lauten Scheppern und ging aus.
»Tollpatsch«, sagte eine sarkastische Stimme unter ihnen. »Bist du das, Ferguson? Hast wohl etwas fallen gelassen, wie?« Ein Mann trat aus der Nische am Fuß der Treppe; Grey sah ihn als kantigen, massigen Umriss vor den dunklen Steinen. Fraser holte tief Luft, stützte sich auf die niedrige Mauer und sprang mit den Füßen zuerst von der Krone. Grey erschrak so heftig, dass er ihm beinahe unfreiwillig gefolgt wäre.
Fraser hatte den Mann zwar nicht außer Gefecht gesetzt, als er auf ihn fiel, doch im ersten Moment bekam er keine Luft mehr; die beiden wanden sich auf den Steinen hin und her, und ihr Keuchen war das Einzige, was von ihrem Kampf zu hören war. Grey rannte die Treppe hinunter, ohne den Lärm zu beachten.
»Tom, die Pforte!« Er rannte auf die kämpfenden Gestalten zu, und als er sah, dass sich der Kleinere mit gespreizten Beinen über Fraser gestellt hatte und mit aller Kraft auf seinen Kopf einhieb, zielte er, so gut es in der Dunkelheit möglich war, und trat der gedrungenen Gestalt mit voller Wucht von hinten in die Eier.
Der Mann wälzte sich mit einem grauenvollen Geräusch von Fraser hinunter, und der Schotte erhob sich schnaufend auf die Knie. Auch Grey hatte sich hingekniet und suchte die Kleider des Wachtpostens nach etwas Brauchbarem ab. Der Mann hatte weder Pistole noch Munition, trug aber eine Art Kurzschwert, wie es bei den Römern üblich gewesen war. Grey wunderte sich über diese unorthodoxe Waffe, nahm sie aber dennoch an sich. Er blieb noch einmal stehen, um den Mann mit einem Tritt in den Bauch zum Schweigen zu bringen, bevor er Fraser in die Nische folgte.
Tom hatte die Pforte entriegelt. Der Shannon lag in Reichweite eines Pfeils vor ihnen, sein träges Wasser pechschwarz.
Fraser humpelte heftig; der Sturz hatte seinem verletzten Hintern nicht gutgetan. Außerdem fluchte er herzhaft auf Gàidhlig , woraus Grey auf den Gegenstand seines Zorns schließen konnte.
»Verdammt und zugenäht«, sagte Tom, der sich entweder durch seine Aufregung oder durch Frasers Beispiel anspornen ließ. »Wo ist er nur? Er hat uns doch nicht im Stich gelassen, oder?«
»Wenn er das getan hat, ist er ein toter Mann«, murmelte Fraser kurz und verschwand flussaufwärts in der Dunkelheit. Grey ging davon aus, dass »er« wohl Quinn war und dass sich Fraser auf die Suche nach ihm gemacht hatte.
»Erwarten wir etwa ein Boot?«, fragte Grey Tom, während er ein Auge argwöhnisch auf die Burg gerichtet hielt, die über ihnen aufragte. Sie befanden sicht nicht weiter als zwanzig Meter von der Mauer entfernt, und jeder Instinkt drängte ihn, so schnell wie möglich davonzulaufen.
»Ja, Mylord. Quinn hat gesagt, er könnte ein Boot auftreiben, und er würde hier sein um«, er sah sich hilflos um, »nun, zu der Uhrzeit, die ihm Mr Fraser genannt hat. Ich denke, das ist genau jetzt.« Auch er blickte jetzt zur Burg zurück, sein Gesicht ein heller Fleck in der Dunkelheit. In der nahen Ortschaft war kein Licht zu sehen, nicht einmal die Laterne eines Nachtwächters auf der Straße.
Grey umklammerte das Kurzschwert mit der einen Hand, seinen Dolch mit der anderen. Beide Waffen würden ihm herzlich
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