Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
»Aber Ihr habt wohl recht damit, dass Ihr die Papiere sehen müsst, wenn es möglich ist. Warum glaubt Ihr denn, dass Twelvetrees sie nicht schon hat?«
Grey holte tief Luft und atmete kopfschüttelnd wieder aus.
»Möglich, dass er sie hat. Doch Siverly wurde gestern ermordet – Gott, war das wirklich erst gestern? Twelvetrees hat nicht bei ihm gewohnt; der Butler hat mir das erzählt. Die Dienstboten sind gewiss völlig außer sich, und Siverly hat eine Frau, die das Anwesen wahrscheinlich erben wird. Der Konstabler hat gesagt, das Haus bleibt versiegelt, bis der Leichenbeschauer kommen kann; ich kann mir nicht vorstellen, dass der Butler Twelvetrees einfach so hereinspazieren und die Truhe öffnen lässt, um sich dann mit dem Inhalt davonzumachen. Außerdem«, sagte er mit einem Blick auf die steinerne Kate, in der Tom Byrd lag, »war ich davon ausgegangen, dass wir nach meiner Befreiung sofort nach Glastuig zurückkehren würden und dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit dort sein würde, bevor sich Twelvetrees einschleichen kann. Aber manchmal kommt es anders, nicht wahr?«
»Ja«, pflichtete ihm Jamie grimmig bei.
Einen Moment lang saßen sie schweigend da, ein jeder allein mit seinen Gedanken. Schließlich räkelte sich Grey und setzte sich gerade hin.
»Der andere Grund, warum mich Siverlys Papiere so interessieren«, sagte er und sah Jamie direkt an, »und warum ich sie haben muss, ist der, dass sie, was auch immer sie über Twelvetrees sagen oder auch nicht, wahrscheinlich die Namen anderer Verschwörer enthalten. Die Mitglieder der Wilden Jagd, wenn man es so ausdrücken möchte.«
Dieser Aspekt war Jamie nicht verborgen geblieben, doch er konnte Greys Schlussfolgerung schlecht widersprechen, so verhasst sie ihm auch war. Er nickte wortlos. Grey blieb noch eine Minute sitzen, dann stand er entschlossen auf.
»Ich werde den Abt aufsuchen und mit ihm sprechen, ihm danken und dafür sorgen, dass Tom bleiben kann, bis wir ihn holen kommen. Glaubt Ihr, Mr Quinn wird uns an Land bringen?«
»Ich denke schon.«
»Gut.« Grey begann, auf das Hauptgebäude zuzugehen, doch dann blieb er stehen und drehte sich um. »Ihr habt mich gefragt, ob ich glaube, dass es das Risiko wert war. Ich weiß es nicht. Aber es ist trotzdem meine Pflicht.«
Jamie blieb sitzen und blickte Grey nach, und eine Sekunde bevor der den Eingang des Gebäude erreicht hatte, blieb der Engländer stehen, die Hand schon nach dem Türgriff ausgestreckt.
»Jetzt ist ihm eingefallen, dass er mich gar nicht gefragt hat, ob ich mitgehe«, murmelte Jamie. Denn mit Siverlys Tod war Jamies Wort gegenüber Pardloe eingelöst, und theoretisch war seine eigene Verpflichtung beendet. Jede weitere Hilfe, die Grey benötigte, musste er sich von Mann zu Mann erbitten – nur so würde sie ihm gewährt werden.
Grey blieb einen Augenblick stehen, dann schüttelte er den Kopf, als würde ihn eine Fliege ärgern, und trat ein. Jamie ging nicht davon aus, dass Grey das Thema mit dieser Geste beendet hatte, sondern nur, dass er beschlossen hatte, sich erst mit Vater Michael zu besprechen, bevor er Jamie ansprach.
Und was werde ich ihm sagen ?
Er interessierte sich nicht im Geringsten für Siverlys Tod oder Twelvetrees’ mögliche Schuld. Die Möglichkeit, dass die jakobitischen Verschwörer aufflogen, hingegen …
»Du hast das doch schon einmal zu Ende gedacht«, murmelte er ungeduldig vor sich hin. »Warum kannst du den Dingen nicht ihren Lauf lassen?«
Ich, James Alexander Malcolm MacKenzie Fraser, schwöre, so wahr ich mich am Tag des Jüngsten Gerichtes vor Gott rechtfertigen muss, dass sich in meinem Besitz weder Gewehr noch Schwert noch Pistole noch eine andere Waffe befindet und ich auch keine erwerben oder beschaffen werde, dass ich niemals Tartanmuster, Plaid oder irgendeinen Teil der Highlandtracht anlegen werde; andernfalls mögen all meine Unternehmungen, meine Familie und meine Besitztümer verflucht sein. Möge ich Frau und Kinder, Vater, Mutter und Verwandte niemals wiedersehen. Möge ich in der Schlacht als Feigling sterben und ohne christliches Begräbnis in einem fernen Land ruhen, fern von den Gräbern meiner Vorfahren und meiner Sippe; möge all dies mich ereilen, wenn ich meinen Eid breche.
Die Worte des Eides, zu dem sie ihn gezwungen hatten, als sie ihm das Leben schenkten, hatten ihm die Lippen versengt, als er sie aussprach; jetzt versengten sie sein Herz. Wahrscheinlich kannte er keines der Mitglieder der Wilden Jagd
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