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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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abwartend, während er dem Rhythmus des kräftigen Schotten lauschte, der sich leichten Fußes über den unebenen Boden bewegte.
    »Vor Jahren«, sagte Fraser schließlich. »Es war nach der Schlacht von Culloden. Ich habe damals auf meinem Land gelebt, doch in einem Versteck. In einer kleinen Höhle in den Felsen. Doch des Nachts bin ich ins Freie gegangen, um zu jagen. Und manchmal musste ich weit laufen, wenn es – wie so oft – keine Beute gab.«
    Sie waren auf eine Stelle hinausgetreten, an der die Bäume ein Stück zurückwichen, und der Mondschein leuchtete so hell, dass Grey sah, wie Fraser den Kopf zurücklegte, wie um den Mond zu betrachten.
    »Eigentlich war es eine ganz andere Nacht«, sagte er. »Überhaupt kein Mond, und der Wind fuhr einem durch die Knochen und heulte einem wie tausend verlorene Seelen in den Ohren. Doch es – es war wild, könnte man sagen. So wild wie das hier«, fügte er mit etwas gesenkter Stimme hinzu und wies mit einer kurzen Geste auf die dunkle Landschaft ringsum. »Eine Nacht, in der man damit rechnet, Wesen zu begegnen, wenn man sich ins Freie wagt.«
    Sein Ton war ganz sachlich, als sei es vollkommen normal, dass man »Wesen« begegnete. In einer Nacht wie dieser glaubte Grey das sofort, und er fragte sich plötzlich, in wie vielen Nächte sein Begleiter wohl allein unter den Sternen oder einem bewölkten Firmament umhergestreift war, von niemandem berührt außer dem rauen Wind.
    »Ich hatte einem Hirsch nachgestellt und ihn erlegt«, sagte Fraser, als sei auch das normal. »Und ich hatte mich neben den Kadaver gesetzt, um vor dem Gralloch wieder zu Atem zu kommen – dem Ausweiden. Ich hatte ihm natürlich die Kehle durchgeschnitten, um das Fleisch ausbluten zu lassen, aber ich hatte das Gebet noch nicht gesprochen, das dazu gehört – hinterher habe ich mich gefragt, ob es das war, was sie angelockt hat.«
    Grey fragte sich, ob sich »das« auf den scharfen Geruch des ausströmenden Blutes bezog oder auf den fehlenden Segen, doch er wollte es nicht riskieren, die Erzählung aufzuhalten, indem er nachfragte.
    »Sie?«, sagte er nach ein paar Sekunden ermunternd.
    Fraser zog die Schultern hoch. »Vielleicht«, sagte er. »Es war nur so, dass ich ganz plötzlich Angst hatte. Nein, schlimmer noch. Ich hatte Todesangst, und dann habe ich es gehört. Dann habe ich es gehört«, betonte er noch einmal. »Ich hatte schon Angst, bevor ich es – sie – gehört habe.«
    Das, was er gehört hatte, war der Klang von Hufen und Stimmen, halb verschluckt vom Stöhnen des Windes.
    »Wäre es einige Jahre zuvor gewesen, hätte ich es wohl für die Männer der Black Watch gehalten«, sagte er. »Doch die gab es nach Culloden nicht mehr. Mein nächster Gedanke war, dass es englische Soldaten waren – aber ich konnte keine englischen Worte hören, und normalerweise erkenne ich Englisch selbst aus einigem Abstand schnell. Es klingt anders als Gàidhlig , selbst wenn man die Worte nicht ausmachen kann.«
    »Das ist wohl so«, murmelte Grey.
    »Das andere war«, fuhr Fraser fort, als hätte Grey nichts gesagt, »dass ich nicht sagen konnte, aus welcher Richtung die Geräusche kamen. Und ich hätte es erkennen müssen. Der Wind war zwar kräftig, aber er kam beständig von Nordwesten. Und doch kamen die Geräusche manchmal mit dem Wind, aber auch genauso oft von Süden oder Osten. Dann verschwanden sie immer wieder und kehrten regelmäßig zurück.«
    Inzwischen war er aufgestanden und hatte sich an der Seite des erlegten Hirsches gefragt, ob er wohl weglaufen sollte, und wenn ja, in welche Richtung?
    »Und dann hörte ich einen Frauenschrei. Sie … äh.« Frasers Stimme klang ein wenig seltsam, plötzlich vorsichtig. Warum?, fragte sich Grey. »Es … war kein Schrei der Angst oder der Wut. Es … äh … nun ja, es war so, wie Frauen manchmal aufschreien, wenn sie … befriedigt sind.«
    »Ihr meint im Bett.« Es war keine Frage. »Männer auch. Manchmal.«
    Du Idiot! Musstest du ausgerechnet das sagen …
    Er hätte sich noch weiter Vorwürfe gemacht, weil er das Echo seiner unglückseligen Bemerkung im Stall von Helwater heraufbeschworen hatte, dieser unüberlegten – dieser geradezu kriminell dummen Bemerkung.
    Doch Fraser gab nur ein tiefes »Mmphm« von sich und schien nichts Böses hinter Greys gegenwärtiger Bemerkung zu vermuten.
    »Im ersten Moment dachte ich, vielleicht eine Vergewaltigung … Aber es waren keine englischen Soldaten in der Gegend …«
    »Und Schotten sind

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