Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
um immer wieder plötzlich an eine lichtere Stelle zu kommen, wo die Bäume ein wenig zurückwichen und der Mondschein unvermittelt in einem Gesicht oder auf einem Hemd aufblitzte, auf dem glitzernden Knauf eines Schwertes.
    Selbst das Geräusch ihrer Schritte ging im Murmeln des Waldes unter, als sich später ein frischer Wind erhob und im Frühlingslaub raschelte. John empfand die Nacht wie etwas Wildes, das sich über ihn stahl, als stiege ihm die Macht des Frühlings aus dem Boden in die Füße, die Beine, als rase er ihm durch den Körper hindurch, bis ihm das Blut in den Fingern pochte und in seiner Brust pulsierte.
    Vielleicht war es die Freiheit, das Glücksgefühl, entkommen zu sein. Vielleicht die Erregung der nächtlichen Jagd, der Abenteuer und Gefahren, die vor ihnen lagen. Oder das Wissen, dass er ein Gesetzloser war – die Verfolger und die Gefahr im Nacken.
    Die Straße war schmal, und hin und wieder stießen sie aneinander, geblendet vom Kontrast zwischen dem dunklen Wald und dem Gleißen des aufgehenden Mondes. Er konnte Jamie atmen hören, zumindest glaubte er das – er schien Teil des sanften Windes zu sein, der sein Gesicht berührte. Er konnte Jamie riechen, den Moschus seines Körpers, den getrockneten Schweiß und den Staub in seinen Kleidern, und er fühlte sich plötzlich wild wie ein Wolf, und die Sehnsucht verwandelte sich geradewegs in Hunger.
    Er begehrte.
    Meister mein , dachte er und holte tief Luft, oder soll ich dein Meister sein ?
    Die Gräben in den Sümpfen jenseits der Bäume waren voller Frösche. Ihre Rufe erklangen hoch und tief, schrill und dröhnend, und sie überschlugen sich in einem endlosen, vibrierenden Chor. Wenn man auf einer gepflegten Rasenfläche saß, zusah, wie die Sterne aufgingen, und dieser Chor in einigem Abstand die Hintergrundmusik bildete, mochte dieser Gesang die Pastorale sein, der Gesang des Frühlings.
    So aus der Nähe war er zwar nach wie vor der Gesang des Frühlings, doch er entpuppte sich als das, was er für die Heiden immer schon gewesen war – der blinde Drang zu packen, sich zu paaren, die Erde achtlos mit Blut und Samen zu begießen, sich in zerdrückten Blumen zu wälzen, sich in den Säften von Gras und Erde zu winden.
    Die verdammten Frösche kreischten vor Leidenschaft, triumphierend und mit rauen Kehlen. Hunderte. Der Lärm war ohrenbetäubend.
    Abgelenkt durch die Vorstellung, wie sich die Amphibien im dunklen Wasser zu Tausenden in einer schleimigen Orgie umklammerten, stolperte er über eine Wurzel und stürzte mit voller Wucht.
    Fraser, der dicht neben ihm herging, spürte ihn fallen und streckte den Arm nach ihm aus. Er bekam ihn um die Taille zu fassen und riss ihn wieder hoch.
    »Habt Ihr Euch verletzt?«, fragte er leise, sein Atmen warm auf Greys Wange.
    »Uh-quak-quak-n-duh …«, sagte er atemlos und leicht benommen. Fraser hielt ihn weiter am rechten Arm fest, um ihn zu stützen.
    »Was?«
    »Ein Kinderlied. Ich singe es Euch später vor.«
    Fraser stieß ein Geräusch aus, das vielleicht Verachtung war, vielleicht Belustigung – vielleicht auch beides –, und ließ Greys Arm los. Daraufhin schwankte der und wäre fast erneut gestolpert. Hastig streckte er deshalb die Hand in Jamies Richtung aus, um sich wieder zu fangen. Er berührte Frasers Brust, warm und solide unter seinen Kleidern, schluckte krampfhaft und zog die Hand wie verbrannt fort.
    »Das scheint mir die Art von Nächten zu sein, in denen man der Wilden Jagd begegnen könnte«, sagte Grey und setzte sich wieder in Bewegung. Seine Haut kribbelte und zuckte, und es hätte ihn nicht im Mindesten überrascht zu sehen, wie die Feenkönigin aus dem Wald geritten kam, so hell und gespenstisch wie der dahinsegelnde Mond, eine gnadenlose Jägerin, begleitet von einem Rudel junger Männer, so wendig, scharfzähnig und hungrig wie Wölfe. »Was glaubt Ihr, wonach sie jagen?«
    »Nach Menschen«, sagte Fraser, ohne zu zögern. »Seelen. Ich habe gerade genau dasselbe gedacht. Obwohl man sie eher in stürmischen Nächten sieht.«
    »Ihr habt sie tatsächlich schon gesehen?« In diesem Moment hielt er es durchaus für möglich, und seine Frage war vollkommen ernst gemeint. Zu Greys großer Überraschung verstand Fraser sie auch so.
    »Nein«, sagte er, doch in seinem Ton schwang Zweifel mit. »Zumindest – das heißt …«
    »Erzählt es mir.«
    Sie gingen eine Weile schweigend weiter, doch er konnte spüren, wie Fraser seine Gedanken sammelte, und er schwieg seinerseits

Weitere Kostenlose Bücher