Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
doch auf die Feindseligkeit, die plötzlich wie eine Dornenhecke zwischen den beiden Männern emporgeschossen war, konnte er sich eindeutig keinen Reim machen.
»Major Tarleton«, sagte Grey kopfnickend, ohne den Blick von Twelvetrees abzuwenden. Twelvetrees’ Nasenspitze war weiß geworden. Er hatte also seine Vorladung zum Kriegsgericht erhalten.
»Ihr unsäglicher Grünschnabel«, sagte Twelvetrees beinahe im Umgangston.
Grey verneigte sich.
»Stets zu Diensten, Sir«, sagte er. Er spürte, wie Jamie hinter hin trat, und sah, wie Twelvetrees beim Anblick des Schotten die Augen zusammenkniff.
»Und Ihr.« Twelvetrees schüttelte den Kopf, als sei er so angewidert, dass ihm die passenden Worte fehlten. Er richtete den Blick wieder auf Grey. »Ich kann mich nur wundern, Sir. Ich kann mich wirklich nur wundern. Wer würde einen Kerl wie diesen, diesen verkommenen Schotten, einen verurteilten Hochverräter …«, bei diesem Wort wurde seine Stimme ein wenig lauter, »in die heiligen Hallen dieses Clubs lassen?« Er umklammerte seinen Billardschläger, den er so fest wie eine Waffe in der Hand hatte.
»Hauptmann Fraser ist mein persönlicher Freund, Sir«, sagte Grey kalt.
Twelvetrees stieß ein unangenehmes Lachen aus.
»Das kann ich mir vorstellen. Ein sehr enger Freund, wie ich höre.« Er verzog verächtlich den Mund.
»Was wollt Ihr damit unterstellen, Sir?«, erklang Frasers Stimme in seinem Rücken, ruhig und so förmlich, dass ihr der übliche Akzent fast völlig fehlte. Twelvetrees brennender Blick hob sich von Grey in Frasers Gesicht.
»Nun, Sir, da Ihr so höflich seid nachzufragen, ich unterstelle , dass dieser Arschlecker Euer …«, er zögerte einen Moment, dann sagte er im Tonfall ausgesuchter Ironie, »dass er nicht einfach nur Euer ganz persönlicher Freund ist. Denn gewiss kann ihn nur die Loyalität eines Bettgenossen bewogen haben, Euch zu Willen zu sein.«
In Greys Ohren klingelte es wie nach einem Kanonenschuss. Vage war er sich der Gedanken bewusst, die an der Innenseite seines Schädels abprallten wie die Splitter einer explodierenden Granate, während er von einem Fuß auf den anderen trat: Er versucht, dich zu provozieren, legt er es auf eine Prügelei an – die kann er haben! – oder auf ein Duell, wenn ja, warum lassen wir ihm nicht seinen Willen? Weil er es so aussehen lassen will, als sei er der Beleidigte? Er hat mich gerade öffentlich einen Sodomiten genannt, er will mich in Misskredit bringen, ich werde ihn umbringen müssen . Dieser letzte Gedanke kam ihm im selben Moment, als sich seine Knie zum Sprung beugten – und er Tarletons Finger auf seinem Arm spürte.
»Meine Herren!« Tarleton klang erschrocken, aber bestimmt. »Ihr könnt doch nicht ernst meinen, was Ihr hier andeutet. Ich sage, Ihr solltet Euch erst einmal in den Griff bekommen, Euch mit einem Gläschen abkühlen, nüchtern darüber nachdenken, vielleicht darüber schlafen. Gewiss wird morgen früh …«
Grey riss sich los.
»Verfluchter Mörder!«, sagte er. »Ich werde …«
»Was werdet Ihr? Widerlicher Sodomit!« Twelvetrees’ Hände klammerten sich so krampfhaft an den Billardstock, dass seine Knöchel weiß wurden.
Eine sehr viel größere Hand senkte sich auf Greys Schulter und zog ihn beiseite; Fraser stellte sich vor ihn, griff über die Tischkante hinweg und nahm Twelvetrees das Queue aus der Hand, als sei es ein Weizenhalm. Er nahm es in beide Hände, brach es unter sichtlicher Anstrengung mitten entzwei und legte die Stücke auf den Tisch.
»Nennt Ihr mich einen Verräter, Sir?«, sagte er höflich zu Twelvetrees. »Das beleidigt mich nicht, denn ich wurde dieses Verbrechens für schuldig befunden. Aber ich sage Euch, dass Ihr ein noch größerer Verräter seid.«
»Ihr – was?« Twelvetrees sah verblüfft aus.
»Ihr sprecht von persönlichen Freunden, Sir. Euer ganz persönlicher Freund Major Siverly sieht sich einem posthumen Kriegsgericht gegenüber, weil man ihn der Korruption und des besonders schweren Hochverrats bezichtigt. Und ich sage, dass man Euch mit ihm zusammen anklagen sollte, denn Ihr seid sein Mitverschwörer gewesen – und wenn der Gerechtigkeit Genüge getan wird, wird das zweifellos auch geschehen. Und wenn der Gerechtigkeit des Allmächtigen Genüge getan wird, so werdet Ihr ihn in der Hölle wiedersehen. Ich bete, dass es rasch geschieht.«
Tarleton stieß ein leises Kollern aus, das Grey unter anderen Umständen komisch gefunden hätte.
Twelvetrees, dem die
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