Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
Augen aus dem Kopf quollen, stand stocksteif da. Dann verzerrte sich sein Gesicht, und er sprang auf den Tisch, um sich von dort auf Jamie Fraser zu stürzen. Fraser wich zur Seite aus, und Twelvetrees streifte ihn nur, bevor er vor Grey zu Boden stürzte.
Heftig keuchend verharrte er einen Moment als Häufchen Elend, dann erhob er sich langsam. Niemand regte eine Hand, um ihm zu helfen.
Er stand auf, zog sich langsam die Kleider zurecht und schritt dann auf Fraser zu, der sich in den Flur zurückgezogen hatte. Er erreichte den Schotten, blickte auf, als schätzte er die Entfernung ein, holte aus und schlug Fraser mit der bloßen Hand ins Gesicht. Es klang wie ein Pistolenschuss.
»Schickt Euren Sekundanten zu mir, Sir«, sagte er, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Der Flur war voller Männer, die beim Klang der lauten Stimmen aus dem Raucherzimmer, aus der Bibliothek und aus dem Speisezimmer gekommen waren. Sie teilten sich wie das Rote Meer, um Twelvetrees durchzulassen, der aufrechten Schrittes langsam davonging, ohne nach rechts oder links zu blicken.
Major Tarleton hatte mit letzter Geistesgegenwart ein Taschentuch aus seinem Ärmel gefischt und es Fraser gereicht, der sich jetzt das Gesicht damit abwischte, da ihn Twelvetrees so fest geohrfeigt hatte, dass ihm die Augen tränten und seine Nase schwach blutete.
»Tut mir leid«, sagte Grey zu Tarleton. Inzwischen konnte er wieder atmen, obwohl seine Muskeln zuckten, so sehr drängte es ihn, sich in Bewegung zu setzen. Er legte die Hand auf den Billardtisch, nicht um sich abzustützen, sondern einfach nur, um zu verhindern, dass er auf unziemliche Weise davonflog. Er sah, dass Twelvetrees’ Absatz einen Riss im grünen Filz des Tisches hinterlassen hatte.
»Ich kann mir gar nicht vorstellen …«, Tarleton schluckte und sah zutiefst unglücklich aus. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, was den Hauptmann bewogen haben kann, solche Worte – solche Worte zu …«
Fraser hatte die Beherrschung zurückerlangt – nun, eigentlich, dachte Grey, hatte er sie nie verloren – und reichte Tarleton sein Taschentuch ordentlich zusammengefaltet zurück.
»Seine Worte waren dazu gedacht, Oberst Grey als Zeugen in Misskredit zu bringen«, sagte er leise – jedoch so laut, dass ihn jeder im Flur hören konnte. »Denn was ich zu ihm gesagt habe, ist die Wahrheit. Er ist ein jakobitischer Verräter, der nicht nur in Siverlys Verrat verwickelt ist, sondern auch in seinen Tod.«
»Oh«, sagte Tarleton. Er hustete und wandte sich mit hilfloser Miene zu Grey um, der entschuldigend mit den Achseln zuckte. Die Zeugen im Flur – denn er begriff, dass sie das waren, dass genau das Frasers Absicht gewesen war – hatten begonnen, sich flüsternd und tuschelnd miteinander zu unterhalten.
»Euer Diener, Sir«, sagte Fraser zu Tarleton und machte mit einer höflichen Verneigung kehrt und ging. Er ging nicht zur Eingangstür, wie es Twelvetrees getan hatte, sondern zur Treppe, die er hinaufstieg, ohne sich anscheinend der zahlreichen Blicke bewusst zu sein, die auf seinen breiten Rücken geheftet waren.
Tarleton hustete erneut. »Trinkt Ihr in der Bibliothek ein Glas Brandy mit mir, Oberst?«
Grey schloss kurz die Augen, weil ihn Dankbarkeit für Tarletons Rückhalt durchströmte. »Danke, Major«, sagte er. »Ich könnte ein Glas gebrauchen. Möglicherweise auch zwei.«
AM ENDE WURDE EINE GANZE FLASCHE DARAUS , deren Löwenanteil Grey zu sich nahm. Eine Reihe von Greys Freunden gesellte sich zu ihnen, zunächst zögernd, dann mutiger, bis sich schließlich über ein Dutzend Männer um drei kleine, eng zusammengeschobene Tische scharten, die mit Gläsern, Kaffeegeschirr, Flaschen, Karaffen, Kuchentellern, Brotkrümeln und verknitterten Servietten übersät waren. Das zunächst bewusst beiläufige Gespräch schlug rasch in lautstarke Schreckensbekundungen über Twelvetrees’ Unverfrorenheit um, und man war sich allgemein einig, dass der Mann verrückt sein musste. Frasers Bemerkungen wurden mit keinem Wort erwähnt.
Grey wusste, dass sie Twelvetrees nicht für verrückt hielten, doch da er nicht vorhatte, sich selbst zu diesem Thema zu äußern, schüttelte er einfach nur verdattert den Kopf und stimmte dieser Einschätzung murmelnd zu.
Auch Twelvetrees hatte natürlich seine Anhänger, doch es waren weitaus weniger, und sie hatten ihre Hochburg im Raucherzimmer, aus dem beklommenes, aber unleugbar feindseliges Gemurmel strömte wie der Tabakrauch, der sie
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