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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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noch an Murdo Lindsays große Augen, als er von den Sauflöchern hörte, dunklen Kellern, in denen sich die Armen zusammenfanden, um ihr elendes Leben in holländischem Gin zu ertränken.
    »Ganze Familien!«, rief Murdo aus. »Sturzbetrunken, alle miteinander! Wenn es sich schon die Armen leisten können, tagelang betrunken zu sein, wie muss es dann erst für die Reichen sein?«
    Damals hatte er belustigt gelächelt. Jetzt lächelte er bitter.
    Als sich der Feldzug gewendet hatte und in der Kälte verwelkt war, als die Armee vor Derby lagerte und zitterte, während die Kommandeure darüber stritten, ob man weiter vorandrängen sollte oder nicht, hatten die Soldaten immer noch von London geredet. Doch sie hatten es flüsternd getan, und es ging nicht um goldene Teller und Gin. Sie sprachen vom Galgen, von der berühmten Brücke, wo man die Köpfe der Verräter zur Schau stellte. Vom Tower.
    Bei diesem Gedanken wurde ihm unwohl. Himmel, war es möglich, dass sie ihn dorthin brachten? Er war ein verurteilter Verräter, auch wenn seine Strafe seit vier Jahren auf Ehrenwort ausgesetzt war. Und er war der Enkel Lord Lovats, der in ebendiesem Tower den Tod auf dem Richtblock gefunden hatte. Er hatte seinen Großvater nicht besonders gemocht, doch er bekreuzigte sich und murmelte: » Fois air anam …«, Friede seiner Seele.
    Er fragte sich, wie zum Teufel der Tower von London wohl aussah. Er hatte ihn sich natürlich in Gedanken schon ausgemalt, doch der Himmel wusste, wie die Wirklichkeit aussah. Auf jeden Fall groß; er musste groß sein. Er würde also gewarnt sein, wenn er ihn sah. Er würde bereit sein.
    Aye, bereit für den Kerker ?, dachte er. Die bloße Vorstellung kalter Gemäuer und enger Räume, endloser Tage, Monate und Jahre im Käfig, während Leben und Körper dahinschwanden, verkrampfte ihm das Herz. Und William . Er würde William nie wiedersehen. Doch vielleicht töteten sie ihn ja stattdessen. Das war im Moment seine einzige Hoffnung.
    Doch warum? Hatte man seine Begnadigung zurückgenommen? Dieses letzte, katastrophale Gespräch mit John Grey … Seine Hände ballten sich zu Fäusten, ohne dass er es bedachte, und einer der Soldaten starrte ihn durchdringend an. Mit großer Anstrengung streckte er seine Finger wieder und zog sie ins Innere des Umhangs, in dessen Versteck er seine Oberschenkel so fest umklammerte, dass er blaue Flecken hinterließ.
    Er hatte Grey seit diesem Tag weder gesehen noch von ihm gehört. Hatte der Mann während all dieser Zeit einen Groll gegen ihn gehegt und endlich beschlossen, die Akte Jamie Fraser ein für alle Mal zu schließen? Es war die wahrscheinlichste Erklärung – auf beiden Seiten waren schließlich unverzeihliche Worte gefallen. Schlimmer noch, beide hatten jedes Wort auch so gemeint, und beide hatten es gewusst. Keiner konnte sich damit entschuldigen, dass die Gefühle in ihm hochgekocht waren – obwohl er, wenn er gerecht sein wollte, kurz vor dem Platzen gestanden hatte und …
    Da! Er keuchte auf, konnte es nicht verhindern, obwohl die Soldaten daraufhin ihr Gespräch unterbrachen und ihn ansahen.
    Es musste der Tower sein. Er wusste gut genug, wie ein Gefängnis aussah. Gewaltige runde Türme in einer grimmigen hohen Mauer, und das schmutzig braune Wasser eines breiten Flusses, der daran vorbeifloss, unter einem mit Eisen verriegelten Tor hindurch. Die Pforte der Verräter? Er hatte davon gehört.
    Sie grinsten ihn jetzt alle an und weideten sich schadenfroh an seinem Schrecken. Er schluckte krampfhaft und spannte die Bauchmuskeln an. Sie würden es nicht erleben, dass er den Kopf einzog. Sein Stolz war alles, was er noch hatte – aber davon hatte er genug.
    Doch die Kutsche bog nicht von der Straße ab. Sie schwankten an dem Turm vorbei, der bedrohlich aus seinem Wassergraben aufragte; die Hufe der Pferde klirrten auf dem Pflaster, und er war dankbar für das Geräusch, weil es sein krampfhaftes Keuchen übertönte, als er begriff, dass er den Atem angehalten hatte, und wieder Luft holte.
    Es war nicht warm, doch er war plötzlich in kalten Schweiß gebadet und sah, wie der Privatgefreite neben ihm die Nase krauszog und ihm einen Seitenblick zuwarf. Er stank nach Angst, das konnte er selber riechen.
    Hätte schlimmer sein können, a bhailach , dachte er und erwiderte den Blick des Mannes eiskalt, bis dieser die Augen abwandte. Ich hätte mir in die Hose scheißen können, dann hättest du das auf der ganzen Fahrt gerochen .
    ES HERRSCHTE EIN SOLCHES

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