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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Dokument zu verwerfen und zu dem Schluss zu kommen, dass es versehentlich unter die anderen Papiere geraten war. Doch er kannte Charlie.
    Die einzige Möglichkeit, die er sich vorstellen konnte, war die, dass Charlie die Bedeutung des Gedichtes von der Wilden Jagd selbst nicht kannte, dass er aber gewusst hatte, dass es etwas mit Siverly zu tun hatte – und dass es irgendwie wichtig war. So weit war er vorerst gekommen. Es gab aber genügend anklagendes Material, mit dem er fortfahren konnte.
    Mit wilden Feenhorden, dunklen Wäldern und dem Hall nächtlicher Jagdhörner im Kopf ergriff er seine Kerze und begab sich hinauf in sein Schlafzimmer. Unterwegs hielt er inne, um die Kerzen auszupusten, die in den Wandhaltern des Foyers noch für ihn brannten. Einer der kleinen Jungen war vor einer Weile mit Bauchschmerzen oder nach einem Alptraum aufgewacht, doch jetzt war es still im Kinderzimmer. In der ersten Etage brannte zwar kein Licht im Flur, doch er blieb stehen, weil er ein Geräusch hörte. Leise Schritte am anderen Ende des Korridors; eine Tür öffnete sich, und Kerzenschein fiel hindurch. Er erblickte Minnie, die in weißen Musselingewändern durch die Tür geradewegs in Hals Arme steuerte, und hörte Hals flüsternde Stimme.
    Da er nicht wollte, dass sie ihn sahen, huschte er rasch die Treppe in die nächste Etage hinauf, und blieb dort einen Moment in der Dunkelheit stehen, damit sie sich zurückziehen konnten.
    Einem der Jungen musste noch einmal schlecht geworden sein. Er konnte sich nicht vorstellen, warum Minnie sonst um diese Uhrzeit noch auf war.
    Er lauschte aufmerksam; das Kinderschlafzimmer befand sich direkt über ihm, doch er hörte kein Jammern, keine Bewegung in der friedvollen Dunkelheit. Auch von unten kam kein Geräusch. Offensichtlich war der gesamte Haushalt nun dem Schlaf anheimgefallen – außer ihm.
    Er liebte dieses Gefühl der Einsamkeit, wenn nur er allein wach war, Herr über die schlafende Welt.
    Nicht ganz der Herr der schlafenden Welt. Ein kurzer, scharfer Aufschrei durchschnitt die Dunkelheit, und er fuhr auf, als hätte man ihm einen Reißnagel ins Bein gerammt.
    Der Aufschrei wiederholte sich nicht, doch er war nicht oben aus dem Kinderzimmer gekommen. Er war definitiv aus dem Korridor zu seiner Linken gekommen, wo sich die Gästezimmer befanden. Und soweit er wusste, schlief an diesem Ende des Korridors niemand außer Jamie Fraser. Mit leisen Schritten begab er sich an Frasers Tür.
    Er konnte jemanden keuchen hören wie ein Mensch, der aus einem Alptraum erwacht ist. Sollte er hineingehen? Nein, das solltest du nicht , dachte er prompt. Wenn er wach ist, hat er den Traum ja schon abgeschüttelt .
    Er war im Begriff, sich umzudrehen und zur Treppe zurückzuschleichen, als er Frasers Stimme hörte.
    »Könnte ich doch meinen Kopf in deinen Schoß legen, mein Herz«, kam Frasers Stimme leise durch die Tür. »Deine Hand auf mir spüren, dich riechen, wenn ich schlafe.«
    Greys Mund war trocken, sein Körper erstarrt. Er sollte dies nicht hören; es zu hören, erfüllte ihn mit Scham, doch er wagte nicht, sich zu regen, weil er fürchtete, ein Geräusch zu machen.
    Es raschelte, als ob sich ein kräftiger Körper im Bett herumwarf, dann ein ersticktes Geräusch – ein Aufkeuchen, ein Aufschluchzen? – und Stille. Er stand reglos da und lauschte seinem Herzen, dem Ticken der Standuhr unten im Flur, den leisen Geräuschen des Hauses, das sich zur Nacht niederließ. Eine Minute, er zählte die Sekunden. Zwei. Drei, und er hob einen Fuß, um leise zurückzutreten. Noch ein Schritt, und er hörte ein letztes Murmeln, ein Flüstern, so erstickt, dass er die Worte nur vernahm, weil er so gebannt war.
    » Gott, Sassenach, ich brauche dich .«
    In diesem Moment hätte er seine Seele verkauft, um Trost spenden zu können. Doch es gab keinen Trost, den er spenden konnte, und er stieg leise die Treppe hinunter, bis er im Dunkeln die letzte Stufe verpasste und unsanft auf den Boden stolperte.

14
    Friedstuhl
    Im Lauf des Tages begann Jamies Kopf zu brummen wie ein Bienenstock, denn ein Gedanke nach dem anderen verschwand, bevor er ihn zu fassen bekam. Er hätte wirklich Frieden gebraucht, um das Durcheinander zu ordnen, doch im Haus herrschte fast die gleiche Geschäftigkeit wie in seinem Hirn. Überall waren Dienstboten. Es war so schlimm wie in Versailles, dachte er. Zimmermädchen, Hausmädchen, die nichts anderes zu tun schienen, als mit Eimern und Besen bewaffnet die Hintertreppe auf

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