Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
habt.«
Widerstrebend erhob er sich.
»Wie wäre es, wenn ich Euch holen komme?«, sagte er. Er wollte nicht, dass sie allein versuchte, sich zum Haus zurückzuschleppen. Am Ende fiel sie noch in einen Graben und brach sich den Hals, wenn sie nicht hier draußen erfror.
Sie spitzte die Lippen und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an, doch er verschränkte die Arme und sah sie streng von oben herab an, und sie lachte.
»Also gut. Kurz vor dem Tee, wenn sich das einrichten lässt. Nun geht, Alex MacKenzie, und möge Gott Euch segnen und Euch helfen, Frieden zu finden.«
Er bekreuzigte sich bei dem Gedanken an sie – und handelte sich einen entsetzten Blick von einer der Küchenmägde ein, die gerade durch den Garteneingang kam und ein langes, in Papier gewickeltes Paket dabeihatte, das zweifellos Fisch enthielt. Nicht nur ein Highlander im Haus, sondern auch noch ein Papist! Er lächelte sie an, wünschte ihr seelenruhig einen guten Tag und wandte sich nach links. Neben dem gläsernen Treibhaus standen einige kleine Schuppen, wahrscheinlich für die Gärtner, doch es war schon so spät, dass die Gärtner zum Tee gegangen waren. Vielleicht ja dort …
Er blieb kurz vor dem Schuppen stehen, doch innen war nichts zu hören, und er schob mit Schwung die Tür auf.
Eine Woge der Enttäuschung durchspülte ihn. Nein, nicht hier. In einer Ecke lag ein Stapel Jutesäcke, auf denen sich die Umrisse eines Menschen abzeichnete, und daneben stand ein Krug mit Bier. Dies war bereits die Zuflucht eines anderen. Er trat wieder ins Freie und schloss die Tür, dann folgte er einer Eingebung und ging zur Rückseite des Schuppens.
Zwischen der Rückwand und der Gartenmauer war etwas mehr als ein halber Meter Platz, der zum Großteil von Abfällen, unbrauchbaren Gartenwerkzeugen und Jutesäcken voller Dung eingenommen wurde – doch kurz vor dem Ende der schützenden Wand stand ein umgekehrter Eimer. Er setzte sich darauf, ließ die Schultern hängen und fühlte sich zum ersten Mal seit einer Woche wirklich allein. Er hatte seinen Friedstuhl gefunden.
Einen Moment überließ er sich seiner Erleichterung, ohne an etwas zu denken, dann sprach er ein kurzes Gebet für Schwester Eudoxias Seelenfrieden. Er glaubte nicht, dass sie etwas gegen ein Papistengebet einzuwenden haben würde.
Sie war zwei Tage nach ihrer gemeinsamen Unterhaltung gestorben, und die Nachricht hatte ihm zunächst den Schlaf geraubt, weil er überzeugt war, dass sie sich auf dem kalten Marmor des Pavillons den Tod geholt hatte. Er war unfassbar erleichtert gewesen, als er am nächsten Tag in der Küche erfuhr, dass sie friedlich im Schlaf gestorben war, und er gab sich Mühe, sie regelmäßig in seine Gebete einzuschließen. Doch es war schon einige Zeit her, seit er zuletzt daran gedacht hatte, und es tröstete ihn jetzt, sich vorzustellen, dass sie hier bei ihm war. Ihr friedlicher Geist störte die Einsamkeit nicht, die er so dringend nötig hatte.
Würde es richtig sein, fragte er sich plötzlich, wenn er sie bat, auf Willie zu achten, solange er nicht in Helwater war?
Der Gedanke kam ihm ein wenig ketzerisch vor. Und doch schien er auf der Stelle beantwortet zu werden; es verlieh ihm ein Gefühl von … was? Vertrauen? Zuversicht? Erleichterung, seine Bürde teilen zu können?
Halb bestürzt schüttelte er den Kopf. Da saß er nun inmitten der Abfälle eines Engländers und unterhielt sich mit einer toten protestantischen Nonne, mit der er in Wirklichkeit gerade einmal zwei Minuten lang gesprochen hatte, und bat sie, auf ein Kind aufzupassen, das Großeltern, eine Tante und Dutzende von Dienstboten hatte, die allesamt darauf bedacht waren, dass ihm nicht das Geringste zustieß. Er hingegen hätte selbst dann nicht das Geringste für William tun können, wenn er noch in Helwater gewesen wäre. Und doch fühlte er sich absurderweise besser bei der Vorstellung, dass noch jemand von William wusste und dabei helfen würde, auf ihn aufzupassen.
Einige Momente lang saß er da und wartete, dass sich seine Gedanken beruhigten, und allmählich dämmerte ihm, dass William tatsächlich das Einzige war, was in diesem ganzen Wirrwarr zählte. Die Komplikationen, die Verdächtigungen und die möglichen Gefahren der gegenwärtigen Situation waren nur insofern von Bedeutung, als sie möglicherweise seine Rückkehr nach Helwater verhindern konnten – sonst nicht.
Er holte tief Luft und fühlte sich besser. Aye, nun, da das klar war, wurde es möglich, auf logische
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