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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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und mein Wasserglas füllte, um mir den Mund auszuspülen. Mein erstes Projekt im Frauenhaus sollte ein Flickenquilt sein. Er sollte den Frauen zeigen, dass selbst aus einem scheinbar gescheiterten, verworrenen Leben noch etwas entstehen konnte, das über Generationen hinweg in Ehren gehalten wurde. Dieser Kurs würde zweifellos ihr Leben verändern. Ich überlegte, wie lange es wohl dauern würde, die Nähmaschinen zu bestellen und sie ins Frauenhaus liefern zu lassen. Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich anzufangen!
    Übermütig kickte ich die Pantoffeln von den Füßen und trällerte dabei ein fast vergessenes Liedchen vor mich hin. Dann hielt ich eine Hand unter den Duschstrahl, um zu sehen, ob das Wasser warm genug war. Beinahe. Es würde nur noch eine Minute dauern.
    Und das Beste daran war, dachte ich, während ich einen Stapel frischer Handtücher aus dem Schrank nahm und die gebrauchten in den Wäschekorb warf, dass ich mit den Menschen zusammenarbeiten würde, die ich auf der Welt am meisten liebte: Abigail, Margot und Garrett. Lächelnd stellte ich mir vor, wie schön es sein würde, wenn Garrett für immer in New Bern blieb. Selbstverständlich würde er sich eine eigene Wohnung nehmen. Für ein paar Wochen konnte man durchaus bei seiner Mutter wohnen und ihr helfen, solange sie krank war, doch auf die Dauer brauchte ein junger Mann seine eigenen vier Wände, wo er das schmutzige Geschirr im Spülbecken stehen lassen, bis morgens um zwei Videospiele spielen und wohin er seine Freunde einladen konnte.
    Der Dampf, der hinter dem Duschvorhang hervorquoll, verriet mir, dass das Wasser jetzt die richtige Temperatur hatte.
    Und zu diesen Freunden würde sicherlich auch Liza gehören, überlegte ich weiter, zog dabei meinen Bademantel aus und hängte ein Handtuch auf den Halter neben der Dusche. Ich war sicher, dass sie in den Ferien oft zu Garrett kommen würde. Mir war das recht. Liza war noch sehr jung und vielleicht ein klein wenig ungeschliffen, aber sie war auch eine kluge, hübsche und großherzige junge Frau. Garrett hätte es schlechter treffen können, und außerdem brauchte es nicht das Einfühlungsvermögen einer Mutter, um zu merken, dass es zwischen den beiden gefunkt hatte. Wie ein Verdurstender das Wasser blickte er sie an, wenn er sich unbeobachtet glaubte.
    Es war der gleiche Gesichtsausdruck, den ich am vergangenen Abend kurz auf Charlies Gesicht bemerkt hatte, als er vom Büfett aus nach mir Ausschau hielt. Und ebenso eifrig hatten meine Blicke nach ihm geforscht. Charlies Stimme war es, nach der ich im Chor der Gratulanten die Ohren gespitzt hatte, nach seinem Gesicht hatte ich in der Menge der Feiernden ausgespäht.
    Reglos verharrte ich auf der Badematte, das Handtuch an den Körper gepresst, und starrte blicklos auf das winzige Badezimmerfenster, das ein Stückchen trüben, grauen Himmel einrahmte.
    Ja, einen Augenblick lang hatten Charlies Augen gestern Abend nach mir gesucht, so wie die meinen nach ihm. Zumindest war es mir so vorgekommen. Und als er mich dann entdeckte, sah es so aus, als wollte er sich sogleich wie durch Meereswellen den Weg durch die Menge bahnen. Doch plötzlich erblickte er etwas hinter mir; seine Miene veränderte sich, der Funke in seinen Augen erlosch, und er wandte mir den Rücken zu. Oder hatte ich mir das bloß eingebildet? War da überhaupt etwas gewesen?
    Da hämmerte es an die Badezimmertür, und Garrett rief: »Mom! Wie lange willst du denn noch da drin bleiben? Wir wollen doch auf der Bank sein, sobald sie aufmacht.«
    »Nur noch fünf Minuten.«
    »Lass mir ein bisschen heißes Wasser übrig«, rief er gut gelaunt. »Heute müssen wir einen seriösen Eindruck machen, damit wir das Geld bekommen.«
    »Geht in Ordnung, Partner«, erwiderte ich munter. Ich versuchte, genauso zuversichtlich zu klingen wie mein Sohn, obwohl mein Optimismus einen herben Dämpfer erhalten hatte, als ich, von Garretts Stimme erschreckt, das Handtuch fallen ließ und in dem beschlagenen Spiegel undeutlich meinen nackten Körper sah mit den frischen rosafarbenen Narben, die sich über meinen Brustkorb zogen.
    Ich schloss die Augen und wandte mich ab.
    Hör auf damit, Evelyn. Es hat keinen Zweck, über etwas nachzugrübeln, was nicht mehr zu ändern ist. Und außerdem hast du keinen Grund, dir selbst leidzutun. Immerhin bist du noch am Leben. Du brauchst keine Chemo, bekommst noch eine Chance, hast einen wunderbaren Sohn und die besten Freunde der Welt – und dazu gehört

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