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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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ehrlich zu sein, überhaupt keine Gedanken über sie gemacht, sondern mir in den vergangenen neunzehn Jahren alle Mühe gegeben, ihre Existenz zu vergessen. Und wenn ich mir etwas vornehme, schaffe ich es für gewöhnlich auch. Doch jetzt gab es keinen Ausweg mehr. Die große, schlanke junge Frau mit der zerrissenen Jeansjacke, den übermäßig gebleichten blonden Haaren und den finster blickenden braunen Augen in einem Gesicht, das auf beunruhigende Weise meinem eigenen ähnelte, war nun einmal da und hatte sich in mein Leben gedrängt, ob mir das nun passte oder nicht. Doch wie weit sie sich wirklich hineingedrängelt hatte, war mir noch gar nicht richtig klar geworden.
    Sie warf mir einen raschen Blick zu und sah dann Franklin an. »Was will sie denn hier?«, fragte sie ihn. Als ich sie in derart vertrautem Ton mit Franklin reden hörte, ging mir ein Licht auf. Sie und Franklin kannten einander, und zwar gut. Bevor Franklin antworten konnte, deutete Richter Gulden auf den leeren Stuhl neben mir, auf dem Liza Platz nehmen sollte. Um jeden Blickkontakt zu vermeiden, starrten wir beide unverwandt geradeaus.
    »Ihre Tante ist hier, um zu sehen, ob sie Ihnen helfen kann.« Der Richter schob sich die Brille höher auf die Nase und sah sich ihre Akte an.
    »Mir scheint, Sie haben sich ganz schön in Schwierigkeiten gebracht, Miss Burgess. Laut Polizeibericht kamen Sie gestern Abend in Kaplan’s Clothes Closet auf der Commerce Street geschlendert und sahen sich auf eine Art und Weise im Laden um, die den Argwohn der Verkäuferin erregte. Schließlich stopften Sie sich diesen grünen Pullover im Wert von zweihundertundneunundsiebzig Dollar …«
    Kaschmir. Sehr hübsch. Sie mag ja eine Diebin sein, aber zumindest eine mit gutem Geschmack.
    »… unter den Mantel und verließen ohne zu bezahlen das Geschäft. Trifft das zu?« Als der Richter sie durchdringend anblickte, wurde Liza rot. Wenigstens besaß sie so viel Anstand, sich für ihr Benehmen zu schämen. Mir war es jedenfalls peinlich genug.
    »Ich … ich nehme an, ich habe einfach vergessen zu bezahlen«, murmelte sie. Ihre sanfte, beinahe kindliche Stimme stand in auffälligem Gegensatz zu ihrer abgerissenen, coolen Aufmachung und ihrer flippigen Frisur.
    »Hmmm«, machte der Richter ohne große Überzeugung. »Ich nehme an, deshalb sind Sie auch losgerannt, als die Verkäuferin rief, Sie sollten zurückkommen und bezahlen. Sie blieben erst stehen, als ein Polizist, der gerade einen Strafzettel ausstellte, Sie zu fassen bekam. Wollen Sie immer noch behaupten, es wäre alles ein großes Missverständnis gewesen?« Liza errötete noch stärker, sagte jedoch nichts.
    »Das dachte ich mir.« Seufzend nahm Richter Gulden die Brille ab. »Bekennen Sie sich schuldig?«
    »Ja«, flüsterte sie.
    »Miss Burgess, Sie haben keinerlei Vorstrafen, und abgesehen von dem gestrigen Vorfall scheinen Sie auch keine kriminelle Karriere anzustreben. Ich möchte Sie weder auf diesen Weg bringen, noch will ich dafür verantwortlich sein, dass unsere ohnehin schon überfüllten Gefängnisse noch voller werden. Dennoch handelt es sich um eine ernste Angelegenheit. Ich kann Sie nicht einfach mit ein paar mahnenden Worten hier hinausspazieren lassen.
    Da Sie bislang unbescholten waren und, wie ich weiß, aus einer guten, traditionsreichen Familie stammen, die einen ausgezeichneten Ruf in der Gemeinde genießt, bin ich geneigt, in Ihrem Fall Nachsicht walten zu lassen. Ich bin sicher, der Vertreter der Anklage stimmt darin mit mir überein.«
    In meinem Rücken hüstelte Mr Corey und scharrte wortlos mit den Füßen, was mich daran zweifeln ließ, ob er wirklich der gleichen Ansicht war. Aber ich zerbrach mir nicht den Kopf darüber. Schließlich konnte es mir ja egal sein, was ein subalterner Beamter der Staatsanwaltschaft darüber dachte. Ich wollte einfach diese unerfreuliche Angelegenheit hinter mich bringen, damit Liza nach Rhode Island zurückkehren und ich mein gewohntes Leben wieder aufnehmen konnte. Selbst wenn das bedeutete, dass ich die Strafe bezahlen musste, die Harry dem schwarzen Schaf unserer Familie aufbrummen würde. Kein Preis war mir zu hoch, um das Mädchen endlich von hinten zu sehen.
    Franklin räusperte sich. »Euer Ehren, unter den gegebenen Umständen würde ich eine Bewährungsstrafe für Miss Burgess vorschlagen.«
    »Einverstanden.«
    »Und was bedeutet das?«, fragte Liza.
    »Das bedeutet, wir können die Anklage fallen lassen«, antwortete Harry. Ich spürte,

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