Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
Vom Netzwerk:
von der Times oder, was noch schlimmer wäre, der Daily News –, wird auf die Story aufmerksam und fragt sich: ›Abigail Burgess Wynne? War das nicht eine der Hauptsponsoren für den Opernball?‹ Und dann wird er nachbohren. Er wird sich in New York einen Wagen mieten, nach New Bern rausfahren und anfangen, Fragen zu stellen, über dich, Liza und Susan. Und wenn er die Antworten hört, wird er grinsend über seine Beförderung nachdenken, weil er genau weiß, worüber er da gestolpert ist, Abigail. Geschichten wie deine können monatelang die Zeitungen füllen, weil die Leser davon einfach nicht genug bekommen – Geschichten über das Unglück der Reichen und Berühmten. Wenn die Story pikant genug ist, genügen auch die nur Reichen. Auf solche Stoffe stürzt sich die Regenbogenpresse, denn damit machen sie ihren größten Umsatz.
    Es spielt also überhaupt keine Rolle, dass nicht du dir den Pullover unter den Mantel gestopft und den Laden ohne zu bezahlen verlassen hast, Abbie. Das hier ist in der Tat dein Problem. Und wenn du nicht in einer Viertelstunde beim Gericht bist, wird es noch bedeutend problematischer.«
    Oh Gott, dachte ich, er hat recht. Wie man es auch dreht und wendet, ich stecke mit drin. Dieses verdammte dumme Mädchen! Und dieser verdammte Franklin! Was soll ich nur tun? Meine Gedanken rasten.
    »Hast du mich gehört, Abbie?«, fragte er.
    »Ja. Warte in sieben Minuten vor dem Gerichtsgebäude auf mich. Am Seiteneingang. Ich will nicht, dass uns jemand reingehen sieht. Und finde heraus, wer der Richter ist.«
    Ich hatte Glück. Bei dem Richter handelte es sich um Harry Gulden. Er und mein verstorbener Ehemann Woolley hatten auf dem College ein Zimmer geteilt. Ich kannte Harry und seine Frau Judy schon seit Jahren. Er erklärte sich damit einverstanden, Lizas Fall in seinem Büro anzuhören.
    Das ist einer der Vorteile, wenn man in einer Kleinstadt lebt. Wenn einen die Leute persönlich kennen, sind sie eher bereit, bei Formalitäten und Verfahren, die unangenehme Folgen für einen haben könnten, ein Auge zuzudrücken. Es geht wohlgemerkt nicht darum, das Gesetz zu beugen. Das würde ich niemals von Harry verlangen. Aber solange dem Gesetz Genüge getan wurde, sah er keinen Grund, warum er eine Privatangelegenheit nicht auch im privaten Rahmen regeln sollte, zumal es sich um ein Erstvergehen handelte.
    Ich hockte auf der Stuhlkante vor Harrys Schreibtisch, während er den Polizeibericht überflog. Hinter mir stand Franklin mit einem jungen Anwalt, der sich als Scott Corey vorgestellt hatte und für den Bezirksstaatsanwalt arbeitete.
    Weil Franklin es mir dringend geraten hatte, zwang ich mich dazu, still zu sitzen und zu schweigen. Dabei gingen mir tausend Fragen durch den Kopf. Was, um alles in der Welt, hatte sich das Mädchen nur dabei gedacht, einen Pullover zu stehlen, vor allem, wenn sie ihn hätte bezahlen können? Wie war Franklin in die ganze Sache hineingeraten? Und was machte das Mädchen überhaupt in New Bern? Als Susan noch lebte, wohnten sie und Liza am anderen Ende des Bundesstaates in Stamford, von wo aus Susan ihre Arbeitsstelle in New York bequem erreichen konnte. Das Letzte, was ich gehört hatte, war, dass Liza auf einem College in Rhode Island Kunst oder Design oder so etwas studierte. Ich wusste nicht viel über das Kind meiner Schwester, aber Lizas Lebensumstände waren mir im Großen und Ganzen bekannt. Ich hatte Franklin gebeten, ein Auge auf sie zu haben. Was wollte Liza bloß in New Bern? Und noch wichtiger: Was machte ich, die ich im Leben noch nicht einmal einen Strafzettel bekommen hatte, bei Gericht an diesem ansonsten ganz normalen Freitagmorgen?
    Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her und blickte Franklin, der noch immer hinter mir stand, fragend an. Doch er schüttelte stirnrunzelnd den Kopf und gab mir damit zu verstehen, dass ich in Anwesenheit des Richters oder Mr Coreys nichts sagen durfte, was Liza hätte schaden können. Ich runzelte ebenfalls die Stirn, gehorchte jedoch widerwillig. Da ging die Tür auf, und Liza wurde von einer Gerichtsdienerin hereingeführt.
    Richter Gulden blickte über den Rand seiner Brille hinweg. Mit den Worten: »Danke, Carolyn. Sie können uns die junge Dame hier überantworten«, entließ er die Beamtin.
    Was Franklin gesagt hatte, stimmte nicht ganz. Ich hatte meine Nichte doch einmal gesehen, als sie noch ein Baby war. Ich hätte nie gedacht, dass sie einmal so groß werden würde. Aber eigentlich hatte ich mir, um

Weitere Kostenlose Bücher