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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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wie meine Schultern sich entspannten, und sah aus dem Augenwinkel, dass es Liza ebenso ging. »Allerdings« – er hob mahnend den Finger – »nur unter folgenden Voraussetzungen: Erstens müssen Sie fünfhundert Dollar Strafe zahlen. Zweitens müssen Sie sich, solange Sie unter Bewährung stehen, regelmäßig mit Ihrem Bewährungshelfer treffen. Und drittens haben Sie in dreizehn Monaten wieder vor mir zu erscheinen. Wenn Sie sich bis dahin auch nur das Geringste zuschulden kommen lassen – und sei es auch nur eine Fristüberschreitung in der Stadtbücherei –, wird erneut Klage gegen Sie erhoben. Und dann wandern Sie wegen schweren Diebstahls ins Gefängnis, das verspreche ich Ihnen. Wenn Sie allerdings bis dahin keinen Ärger machen, lassen wir die Klage fallen, und Sie verlassen das Gericht mit blütenweißer Weste. Haben Sie verstanden?«
    »Ja«, sagte Liza leise. »Danke.«
    »Ich danke dir, Harry«, sagte ich fast im gleichen Atemzug. Was für eine Erleichterung!
    »Warten Sie einen Augenblick!«, unterbrach mich Richter Gulden. »Ich bin noch nicht fertig. Ich habe gehört, Sie sind Studentin, Miss Burgess. Ist das richtig?«
    Ich spürte, wie Liza neben mir zusammenzuckte.
    »Ich bin … ich meine … ich war …«
    Ich runzelte die Stirn. Was sollte denn das? Hatte sie etwa das Studium geschmissen?
    Franklin antwortete an ihrer Stelle. »Euer Ehren, bis vor Kurzem bereitete sich Miss Burgess auf einen Abschluss in Kunst vor. Doch ihre Lebensumstände haben sich geändert.«
    »Inwiefern?«
    »Ich habe das College verlassen«, sagte Liza. »Ich bin rausgeflogen, Euer Ehren. Deshalb bin ich auch hier. Gestern musste ich den Campus verlassen und …«
    Ihre Stimme wurde zittrig, und sie drohte in Tränen auszubrechen. Doch es gelang ihr, die Fassung zu bewahren. Trotz meines Ärgers über die Rolle, die ich in diesem Familiendrama notgedrungen spielen musste, konnte ich nicht umhin, meine Nichte für ihre Selbstbeherrschung zu bewundern. Sie war eindeutig eine Burgess.
    »Ich wusste nicht, was ich tun sollte, daher nahm ich den Bus nach New Bern«, fuhr sie etwas ruhiger fort. »Mr Spaulding war der Anwalt meiner Mutter und ist jetzt ihr Nachlassverwalter.«
    Wie bitte? Ich blickte Franklin durchdringend an, doch er tat, als merkte er es nicht.
    »Nach den ganzen Ausgaben für ihre ärztliche Behandlung war nicht mehr viel übrig, aber er sorgte dafür, dass mein Schulgeld bezahlt wurde, und als sie starb, unterstützte er mich bei der Beerdigung und so.« Sie zuckte die Achseln. »Er war nett zu mir.«
    »Ich weiß auch nicht,warum«,fuhr sie fort,»aber ich wollte ihn einfach fragen, was ich seiner Meinung nach jetzt tun soll. Und da ich sowieso nicht wusste, wohin, bin ich eben nach New Bern gefahren. Die Sekretärin in Mr Spauldings Büro sagte mir, er sei schon früh gegangen, weil er auf die Geburtstagsparty meiner Tante wollte. Die Sekretärin wusste, dass ich Burgess heiße, und nahm wahrscheinlich an, ich wäre auch wegen der Feier gekommen. Also riet sie mir, zu dem Restaurant in der Stadt zu gehen. Dort würde ich Mr Spaulding finden. Und das tat ich dann auch, obwohl ich nicht eingeladen war. Durch die Scheibe konnte ich erkennen, wie voll das Lokal war. Die Leute lachten und unterhielten sich.
    Donnerstags sind die Geschäfte immer lange geöffnet, daher wollte ich mich ein bisschen umsehen, während ich auf Mr Spaulding wartete. Ich ging also zu Kaplan’s und …« Sie zögerte und wandte sich dann zum ersten Mal direkt an mich.
    »Ich hatte das nicht geplant«, erklärte sie trotzig. »Und ich wollte auch nicht deine Aufmerksamkeit erregen. Was immer du auch von mir denken magst, ich bin keine Diebin.«
    Nur komisch, dass du dann Diebesgut bei dir hattest, dachte ich und warf ihr einen belustigten Blick zu.
    Richter Gulden stöhnte leise und rieb sich mit beiden Händen durchs Gesicht. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie seit gestern keine Studentin mehr sind, Miss Burgess? Und auch keinen festen Wohnsitz haben?«
    Liza nickte mit finsterem Blick.
    »Nun ja, das stellt uns vor gewisse Probleme. Ich kann Sie nicht einfach gehen lassen und hoffen, dass Sie sich zu gegebener Zeit wieder hier einfinden werden. Es war ohnehin schon schwierig genug, da Sie in einem anderen Bundesstaat studierten. Ich hatte vor, mich an jemanden an Ihrem College zu wenden und ihn zu bitten, dass er die Verantwortung für Sie übernimmt.«
    »Ich kann selbst die Verantwortung für mich übernehmen!«, fauchte

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