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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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Stuhl behalten musst, den du seit deinem Juraexamen besitzt.«
    »Stimmt, aber ich mag den Stuhl. Ich habe allein zehn Jahre gebraucht, um ihn einzusitzen, da werde ich ihn doch jetzt nicht austauschen. Aber wenn es dich glücklich macht, lasse ich die Federn ölen. Kann ich heute sonst noch etwas für dich tun, Abigail, oder wolltest du mir nur gute Ratschläge für die Inneneinrichtung geben?« Er lächelte, und seine Augen funkelten verschmitzt.
    Er ist immer so schrecklich selbstzufrieden, dachte ich. Obwohl er älter war als ich, wirkte er in diesem Augenblick sehr jungenhaft, wie Puck, der Waldelf, auf einem Bild, das ich einmal in einer Ausgabe von Shakespeares Sommernachtstraum gesehen hatte.
    Ich blickte ihn finster an, doch es war nicht ganz ernst gemeint. »Selbstverständlich wollte ich etwas. Das habe ich ja gerade versucht zu erklären, bevor du mich unterbrochen hast. Glaubst du vielleicht, ich hätte nichts Besseres zu tun, als in deinem Büro herumzuhängen?«
    Franklin nickte. »Natürlich nicht. Ich habe kürzlich mehrfach versucht, dich anzurufen, aber du bist ja nie zu Hause. Hilda sagt, du hilfst in letzter Zeit viel im Frauenhaus, stimmt das?«
    »Hilda«, seufzte ich. Hilda ist seit zwanzig Jahren meine Haushälterin, und sooft ich ihr schon erklärt habe, sie soll Anrufern lediglich ausrichten, dass ich zurückrufe, und ihnen nicht sagen, wo ich bin, sie hört einfach nicht zu. »Ich nehme an, einem alten Hund kann man keine neuen Kunststückchen mehr beibringen, aber egal. Ja, ich war in letzter Zeit des Öfteren im Frauenhaus. Und deswegen bin ich auch hier.« Ich räusperte mich und setzte mich gerader hin, bevor ich weitersprach.
    »Ich habe nachgedacht. Über mein Geld. Und darüber, wie ich es ausgebe.« Stirnrunzelnd lehnte sich Franklin in seinem Stuhl zurück und faltete die Hände bis auf die ausgestreckten Zeigefinger, die er an die Lippen legte. Diese nachdenkliche Haltung nahm er immer dann ein, wenn er gespannt war, was ich als Nächstes sagen würde. »Ich besitze ungefähr neunzig Millionen Dollar, ist das richtig?«
    »Ja.« Hinter seinen Fingern klang Franklins Stimme ein wenig undeutlich. »Wenn du dein flüssiges Kapital meinst, trifft das zu. Deinen diversen Grundbesitz eingerechnet, ist die Summe allerdings wesentlich höher.« Er schwieg und wartete auf meine nächsten Worte.
    »Und gegenwärtig spenden wir jedes Jahr etwa acht Millionen für wohltätige Zwecke, stimmt’s?« Abermals nickte Franklin. »Sehr schön«, fuhr ich fort. »Ich möchte den Spendenbetrag gern erhöhen, und zwar beträchtlich. Und außerdem will ich in Zukunft ein Wörtchen dabei mitreden, an wen und für welchen Zweck das Geld gezahlt wird.«
    »Ich verstehe«, sagte Franklin und ließ die Hände sinken. »Das ist gut. Woran hattest du gedacht? Welche Organisationen möchtest du bedenken? Und wie viel willst du geben?« Er zog sich einen gelben Block heran und nahm einen Stift zur Hand.
    »Alles.«
    Franklin sagte kein Wort.
    »Sieh mich nicht so verdattert an. Ich bin nicht verrückt geworden. Du sollst es ja nicht sofort verschenken, aber ich habe lange und eingehend darüber nachgedacht. Ich möchte, dass, wenn ich sterbe, nahezu mein gesamtes Vermögen für gute Zwecke ausgegeben worden ist. Dabei möchte ich mitentscheiden und nicht nur die Schecks ausstellen.«
    »Heißt das, du willst in noch mehr Vorständen sitzen? Das lässt sich machen, Abbie. Aber dein Terminkalender ist doch ohnehin schon proppenvoll. Ich weiß nicht, wie du …«
    »Nicht noch mehr Vorstandssitzungen! Du lieber Himmel, nein! Davon habe ich schon mehr als genug. Gleich nach Weihnachten werde ich eine Liste der Vorstände machen, in denen ich Mitglied bin, und dann die Hälfte davon streichen. Ich will diejenigen loswerden, denen ich nur aus gesellschaftlichen Gründen beigetreten bin, an deren Zielen mir nicht so viel gelegen ist und deren Mitglieder sich lieber selbst reden hören, anstatt sich für die Sache einzusetzen. In den Fällen jedoch« – und dabei dachte ich an Ted Carney –, »in denen der Zweck gut, der Vorstand jedoch unfähig ist, werde ich mal ein bisschen aufräumen und auf die frei gewordenen Posten fähige, engagierte Leute setzen, die frischen Wind in die Sache bringen. Mit der Zeit wird das tote Holz dann entweder neu austreiben oder verschwinden.«
    Franklin saß über seinen Notizblock gebeugt und schrieb eifrig mit. »Du willst also in weniger Vorständen sitzen, dich in den restlichen

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