Die Fährte der Toten
im Keller. Na schön, ich hol ihn dir. Und danach können wir ja irgendwann mal um deinen spielen.'
'Das möchte ich wirklich mal erleben...', sagt Frank mehr zu sich selbst als zu Lee, die bereits lautlos im Unterholz verschwunden ist. 'Das möchte ich erleben...'
***
Der Mond, der bisher fahl am Himmel stand, versteckt sich nun hinter den Wolken, während Lee tiefer ins Unterholz eindringt. Es ist stockfinster, doch ihre Augen saugen das noch verbliebene Licht auf und sie kann die Umgebung sehr gut erkennen. Einen richtigen Urwald hat sich Frank da ausgesucht. Dicht bewachsener Untergrund, garniert mit jeder Menge Stolperfallen. Eine prima Gelegenheit, sich die Knochen zu brechen. Lee geht neben einem Baumriesen in die Hocke und strengt ihre Sinne an. Etwas ist hier, und es will sie töten. Sie wird es zuerst finden. Und ihm zuvorkommen.
Es sind ihre Ohren, die ihr die Warnung zukommen lassen. Ein Knacken im Unterholz. Als wenn sich etwas schweres, unförmiges und gleichzeitig geschmeidiges dort bewegen würde, das versucht, leise zu sein. Etwas, das sich anschleicht, weil es auf der Jagd ist. Nach ihr.
Lee wägt ihre Chancen ab. Sie ist nackt und unbewaffnet in einem Wald, den sie nicht im Geringsten kennt, und sie weiß nichts über das, was dort vorn auf sie lauert. Außer, dass es sie in Stücke reißen will. Wäre ihr Gegner ein Mensch, würde sie sich keine großen Sorgen machen. Aber das hier ist etwas anderes.
Sie horcht in sich hinein und spürt, wie etwas in ihr mit Macht an die Oberfläche drängt und die Kontrolle zu übernehmen versucht. Sie zieht die feuchte, modrig riechende Luft durch ihre Nasenlöcher und ihre Fingernägel graben sich in den Boden. Sie richtet sich in eine lauernde Position auf. Ihre Reißzähne haben sich wie von alleine hervorgeschoben, und ein Fauchen entringt sich ihrer Kehle.
Zwischen ihren Schulterblättern fühlt sie eine Art Jucken, gefolgt von einem Schmerz, als wenn ihre Haut aufreißen würde, und plötzlich das Gefühl, dass sich ihr Körperschwerpunkt verändert hat. Als wenn sie sich jetzt in ihrer richtigen Form befände und ihr Körper nur eine lästige Hülle wäre, die sie nun abgestreift hat.
Lee lauscht dem Geräusch des Windes, der unruhig durch die Baumkronen streicht, als das Heulen eines Tieres die Stille durchbricht. Sie lächelt. Was immer dort draußen ist, es soll kommen. Sie freut sich schon darauf. Auf das Töten. Und auf das, was vor dem Töten kommen wird.
Sie bewegt sich fast lautlos und mit höchster Anspannung, und trotzdem wird sie auf dem falschen Fuß erwischt, als das Monstrum durch eine Barriere aus Totholz bricht. Eines seiner Augen ist zugeschwollen, und stinkender Eiter trieft aus einem Nasenloch. Sofort stürzt es sich auf Lee, und sie wird zu Boden geschleudert. Das Monstrum schnappt nach ihrer Kehle, aber Lee schafft es, sich mit einem Reflex zur Seite zu werfen, und so schrammen die rasiermesserscharfen Zähne nur über ihre Schulter, einige schmerzhafte Risse in ihrer Haut hinterlassend.
Lee bemerkt kaum, wie schnell sich die Wunden wieder zu schließen beginnen und der Schmerz verebbt. In ihrem Kopf erklingt wieder dieses Flüstern, und sie verspürt ein heftiges Ziehen in den Händen und Füßen.
Fauchend wirbelt sie herum und fixiert ihren Gegner mit ihren zu Schlitzen verengten Augen. Das Hundewesen spannt sich erneut zum Sprung, und Geifer tropft von seinen Kiefern. Es scheint für eine Sekunde zu zögern, dann stößt es sich mit seinen Hinterbeinen ab und macht einen gewaltigen Satz, um Lee unter sich zu begraben. Lee taucht unter dem Monstrum hindurch, und ihre zu messerscharfen Krallen verformten Nägel graben sich in seinen Bauch hinein und zerfetzen das weiche Fleisch. Sie spürt, wie sein Blut auf ihren Körper spritzt, gefolgt von einem widerlichen Geräusch, als die dampfenden Eingeweide sich über sie ergießen. Das Hundewesen stößt einen heulenden Laut aus.
Mit einer Schnelligkeit, die sie selbst überrascht, ist sie wieder auf den Beinen und stürzt sich erneut auf ihren Feind. Ihre Krallen graben sich in seine Kehle und reißen sie mit einem Ruck auf. Wieder ein ekelerregendes Geräusch, gefolgt vom verführerischen Geruch frischen Blutes. Das Tier unter ihr erschlafft, und Lee rammt zwei Finger in seine Augen, während sie mit der anderen Hand die Sehnen zerfetzt, die den Kopf noch am Körper halten. Ein weiterer Ruck, und sie hält den Schädel in
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