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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
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Alarmsirene zu hören, Hundegebell, oder Lee selbst, die sich persönlich darum kümmert, dass ihre Gefangene sich nicht selbstständig macht.
     
    Aber nichts davon passiert. Es gibt ein metallisches Klicken, als das Tor in der Mauer in einem unsichtbaren Verschluss einrastet, gefolgt von Stille, die nur vom Flüstern des Windes in den Wipfeln der Bäume unterbrochen wird. Vor ihr liegt die Schotterstraße, die sie in die Freiheit führt und nach wenigen Metern in der Finsternis des Waldes verschwindet.
     
    Lauf! Los, lauf, du dumme Kuh. Flieh. Jetzt oder nie. Sie kann es jeden Moment mitbekommen, was du hier treibst. Vielleicht hast du schon einen stillen Alarm ausgelöst, und sie holt gerade in aller Seelenruhe eines von diesen Scharfschützengewehren raus, um dich abzuknallen wie einen Hasen, der gerade auf ihren Rasen geköttelt hat. Tanya macht einen unsicheren Schritt auf das offene Tor zu und starrt den Weg hinunter, der in die Dunkelheit führt.
     
    Zögerlich macht sie einen weiteren Schritt, dann noch einen - und bleibt dann stehen. Sie verspürt ein unbestimmbares Gefühl der Gefahr, mehr eine Ahnung als wirkliches Wissen, aber es ist überwältigend. Wenn sie diesen Weg hinunter läuft, wird sie niemals unten ankommen. Sondern sterben. Weil etwas im Wald ist. Und nur darauf wartet, dass sie zu ihm kommt Damit es sie in Stücke reißen und ihre Überreste verscharren kann.
     
    Mit vorsichtigen Schritten geht Tanya zurück und läuft dann fast zur Schalttafel. Hektisch drückt sie den roten Knopf und sieht dem Tor ungeduldig zu, wie es sich wiederum lautlos schließt. Als das Klicken signalisiert, dass die Außenwelt wieder ausgesperrt worden ist, atmet Tanya erleichtert auf. Inzwischen ist sie sich absolut sicher, dass sie niemals in der Stadt angekommen wäre. Nicht, dass sie vom Weg abgekommen und in den Wald gegangen wäre. Dazu wäre sie viel zu ängstlich gewesen. Nur hätte das, was dort draußen lauert, gar nicht darauf gewartet. Denn es weiß genau wie sie, dass niemand diesen Weg benutzt, dem es nicht erlaubt ist. Und das alles andere nichts weiter ist als Beute.
     
    Der Traum von letzter Nacht kehrt zurück in ihr Bewusstsein, und ihr wird kalt, obwohl die fahle Sonne auf sie herab scheint. Sie dreht sich um, und fast erwartet sie, eine Gestalt auf dem Rasen zu sehen, doch dort ist niemand. Sich zu einem langsamen Tempo zwingend, geht sie zum Haus zurück. Die letzten Meter beginnt sie dann doch zu laufen, und ihr Herzklopfen beruhigt sich erst wieder, als sie die Terrassentür hinter sich schließt. Im Haus ist es totenstill, und das einzige Geräusch, das Tanya hört, ist das Ticken der Wanduhr. Ohne zu wissen warum, fühlt sich Tanya schon wieder fürchterlich müde, und sie schafft es gerade noch bis zu ihrem Bett, bevor sie darauf niedersinkt und diesmal in einen tiefen von keinerlei finsteren Träumen geplagten Schlaf fällt.

 
Menschen / 4
     
    Die Tür zu Tanyas Zimmer wird ohne Vorankündigung geöffnet, und Lee betritt den Raum.
     
    'Hallo. Hoffe wohl geruht zu haben.'
     
    Tanya schluckt eine patzige Erwiderung der Marke 'Könntest ja auch mal anklopfen' herunter und nickt.
     
    'Ich bin dauernd müde. Keine Ahnung warum. Scheint jetzt zu gehen.'
     
    Lee nickt.
     
    'Gut. Wir fahren jetzt in die Stadt, um ein paar Sachen für dich zu kaufen. Du hast ja nicht sonderlich viel dabei gehabt. Überleg dir schon mal, was du so benötigst. Und mach dir wegen Geld keine Sorgen.'
     
    'Ich hätte gerne mein Handy wieder. Das Teil war echt teuer...ich mach auch keinen Mist damit, versprochen.'
     
    Lee schüttelt den Kopf.
     
    'Später. Mit einer neuen Karte. Wenn ich sicher sein kann, dass du damit weder dich noch mich in Gefahr bringst.'
     
    Tanya nickt wieder, wenn auch nicht wirklich überzeugt. Immerhin, besser als nichts.
     
    Lee macht einen Schritt zur Seite und deutet auf die Tür.
     
    'Wenn wir dann soweit sind – nach dir, meine Hübsche.'
     
    ***
     
    Tanyas gute Laune verflüchtigt sich so schnell wie die Zeitungsfetzen, die vom Wind über die Straßen gezerrt werden. Eben waren sie noch in ein paar der besten Läden der Stadt und haben sündhaft teure Fummel gekauft – und jetzt? Fahren sie durch eine heruntergekommene Drecksgegend, in der abgehalfterte Nutten auf dem Straßenstrich herumlungern, der wiederum von billigen Fressläden und Spelunken gesäumt ist. 
     
    'Warum müssen wir denn hier noch langkurven?'
     
    'Ich brauch noch Zigaretten.'
     
    'Zigaretten?

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