Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
Vom Netzwerk:
seiner Kehle nähern. Seine Augen weiten sich, das kann nicht sein so etwas gibt es nicht.
     
    Für den Bruchteil einer Sekunde vermeint er die Gestalt eines kleinen Kindes hinter Lee zu sehen, das ihm seltsam bekannt vorkommt. Er will noch etwas sagen, doch das Leben strömt aus seinem Körper, und ihm bleibt nur die Gewissheit, dass er verdammt ist und dass das Kind in der Hölle auf ihn warten wird. Um ihn für seine Sünden büßen zu lassen.
     
    ***
     
    Lee lässt Wilcotts leblosen Körper zu Boden sacken. Noch immer kann sie das Blut in der hervorstechenden pulsierenden Halsschlagader förmlich riechen, es schmecken, auf ihren Lippen, ihrer Zunge, in ihrer Kehle. Tief in ihrem Innern hört sie ein spöttisches Lachen. Sie zuckt mit den Schultern. Es spielt keine Rolle - dieser Haufen Dreck wäre so oder so gestorben.
     
    Er war ein alter Feind, und sie hat ihn vernichtet. Das Blut ihrer Familie klebte an seinen Händen. Nun hat sie seines genommen. Ein feiner Blutfaden läuft Lees Mundwinkel hinab, und mit einer selbstvergessenen Geste nimmt sie das Blut mit ihrem Zeigefinger auf und leckt es genussvoll ab. Wie heißt es doch? Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt? Alles relativ. Ein Lächeln erscheint auf ihren Lippen, als ein leises Geräusch sie aus ihren Gedanken reißt.
     
    'Ich habe dir doch gesagt, dass du spazieren gehen sollst. Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?
     
    'Ich...ich...ich hatte so ein komisches Gefühl...ich wusste nicht wohin...ich kenn mich hier nicht aus...du hast den Wagenschlüssel...ich wollte nicht auf der Straße rumstehen so ganz alleine und da...'
     
    ...ist sie halt zurückgegangen, um Lee zu suchen. Nur um zu sehen, wie Lee einen Menschen mit zerfetzter Kehle und gebrochenen Gliedmaßen wie ein Stück Müll in einen Container stopft, ganz so als wäre er eine zerbrochene Puppe, nachdem sie - nein, das kann nicht sein.
     
    'Was hast du gesehen?'
     
    'Ich...? Nichts...nichts, ich hab nichts gesehen. Du weißt doch, ich bin wie die drei Affen, war ich bisher, bleib ich auch...'
     
    Langsam macht Tanya einen Schritt rückwärts. Wenn sie schnell genug ist, kann sie die Straße erreichen und jemanden ansprechen, der dann mit seinem Handy -
     
    'Denk nicht mal dran.'
     
    Lee sieht sich um, bevor sie sich wieder Tanya zuwendet.
     
    'Los! Wir verschwinden! Mach keine Mätzchen, dann passiert dir auch nichts, verstanden?'
     
    Tanya nickt und lässt sich widerstandslos von Lee zum Auto zerren, während hinter ihr das Blut des Toten über den dreckigen Asphalt rinnt und sich mit einer Wasserlache vermischt, aus der das diffuse Licht einer einsamen Glühbirne einen fantastischen Rotton hervorzaubert.
     
    Alles wird gut, denkt Tanya, ohne zu wissen, woher dieser absurde Gedanke kommt.
     
    Alles wird gut.
     
    ***
     
    Tanyas Gedanken kreisen ununterbrochen um Flucht, während die Lichter der Stadt an ihr vorbeirauschen. Lee lenkt den Wagen völlig entspannt in Richtung des Anwesens, das Tanya so bewundert hat, weil es vor allem anderen für ein neues Leben stand. Für Reichtum, Luxus, Freiheit. All die Dinge, die sie immer wollte. Bis jetzt ging sie davon aus, dass sie dafür einfach nur mit Lee ins Bett zu gehen bräuchte – und das würde sie so ganz und gar nicht stören. Lee ist ein hübsches Mädchen, und sie steht durchaus auf Sex mit Frauen. Ok, Lee ist nebenbei auch eine Killerin. Aber was solls! Besser reich und lebendig als moralisch sauber und tot.
     
    Nur haben sich gerade ein paar Dinge mächtig verschoben. Ins Reich der Phantasie, der Legenden, der Mythen und des Grauens. Wieder kommt ihr der Gedanke an Drogen, fast wie ein Rettungsanker in diesem Meer des Irrsinns. Lee muss ihr irgendwas verabreicht haben, genau das muss es sein, diese Schlampe, ich mach sie fertig -
     
    Aber sie weiß, dass es nicht so ist. Ihr Instinkt flüstert ihr zu, dass sie fliehen muss, weg von diesem Monster, und Tanyas Finger tasten langsam nach dem Griff der Beifahrertür. Wenn sie sie öffnen und rausspringen kann, kann sie vielleicht irgendwie in eine Seitenstraße entkommen und -
     
    'Süß. Sag mal Kleine, wie willst du bei siebzig Sachen die Stunde eigentlich in einem Stück aus dem Wagen kommen und mir weglaufen? Wo du doch im Übrigen auch noch so hübsch brav angeschnallt bist.'
    Lee lacht leise und stupst Tanyas Nase mit ihrem Zeigefinger.
     
    ‘Du musst noch so viel lernen, Kleine.'
     
    Lee schüttelt den Kopf und steigt dann unvermittelt voll in

Weitere Kostenlose Bücher