Die Fährte des Nostradamus
Mensch gewöhnt sich an alles, dachte sie und nahm sich ein Brötchen.
„Das Bier hier vertrage ich nicht besonders. Ich fühle mich, als wenn ich eine Grippe bekomme“. Schlotternd rieb er sich die Arme und nahm dankbar den Kaffee entgegen, den die Kellnerin, eine entzückende junge Französin wie Sheldon bemerkte, ihnen servierte.
„Hast Du schon Deine Tablette genommen?“, fragte Kirsten besorgt.
„Was? Nee! Habe ich total vergessen. So richtige Schmerzen habe ich seit gestern nicht mehr gehabt.“
Kirsten nahm nachdenklich einen schluck Kaffee. „Entzug“, meinte sie fachkundig.
„Du bist auf Entzug, Steve. Überleg doch mal. Du hast jahrelang dieses Zeug geschluckt und von heute auf morgen damit aufgehört. Da macht der Körper nicht mit. Der will schließlich seine geliebten Drogen. Nimm wieder eine, auch wenn Du keine Schmerzen hast. Du kannst die Dosis immer schwächer werden lassen, bis Du ganz ohne auskommen kannst. Ausschleichen lassen, nennt man das, glaube ich.“
„Eigentlich sollte ich heute einen Brummschädel haben. Mr. Harris hat heute Nacht dermaßen laut geschnarcht, dass ich dachte, mit Godzilla das Zimmer zu teilen“, maulte Sheldon. „Wenn Ihr heute Abend wieder einen über den Durst trinken wollt, bin ich entweder dabei, oder Ihr teilt Euch ein Zimmer.“
Steve wurde rot über Sheldons Bemerkung und nahm sich mehr Zucker, als er eigentlich wollte. Er hatte sich Kirstens Meinung über seinen Zustand überlegt und fand, dass es Sinn machte. Grummelnd nahm er eine Tablette und verzog das Gesicht, als er sie mit seinem viel zu süßen Kaffee herunter spülte.
„Ich war schon um sechs Uhr auf den Beinen und habe einen Spaziergang unternommen. Schräg gegenüber habe ich eine Buchhandlung entdeckt. Im Schaufenster habe ich noch weitere Bilder des Waldes gesehen. Das Bild, das du Dir gestern ausgedruckt hast ist auch dabei. Es sollte wirklich ein Leichtes sein, den Ort, den Du aufsuchen möchtest zu finden. Lasst uns in aller Ruhe zu Ende Frühstücken und dann auf Expedition gehen. Ok? Steve muss erst wieder einen klaren Kopf bekommen. In seinem jetzigen Zustand können wir den vergessen!“
„Gebt mir einen Revolver und lasst mich zurück“, scherzte Steve und legte seinen Kopf auf die Tischplatte.
Kirsten fühlte so etwas wie Unbeschwertheit aufkommen. Die Morde würden ihr zwar immer im Gedächtnis bleiben, aber das Wissen, nicht weiter verfolgt zu werden lastete nun nicht mehr auf ihrem Gemüt. Auch die Männer wirkten entspannter.
Als die Kellnerin kam um den Tisch abzudecken, nahm Kirsten das Bild zur Hand und bat Steve, die Kellnerin nach dem Weg zu fragen.
Die junge Frau wusste sofort um was es ging und beschrieb ihnen den Weg. Dieser Wald wurde von vielen Touristen besucht und war der Grund, warum der Tourismus in Langonnet überhaupt Einzug gefunden hatte.
„Wenn wir von hier aus laufen, ist es noch gute eine Stunde bis dorthin. Es gibt in der Nähe aber auch einen großen Parkplatz. Lasst uns lieber fahren. Nach Wandern ist mir heute nicht so“, sagte Steve.
Satt und zufrieden machten sie sich bald darauf auf den Weg. Es war weit vor Mittag, als Sheldon den Van auf den großen Waldparkplatz lenkte. Steve hätte mit viel mehr Touristen gerechnet. Tatsächlich parkte außer ihnen nur ein Wohnmobil auf dem Platz.
Kirsten hatte während der ganzen Fahrt nicht gesprochen. Sie waren keine fünf Minuten gefahren, als sie sich von der Landschaft seltsam eingenommen fühlte. Kleine Details, manchmal nur eine Gruppe alter Bäume, gaben ihr das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. Die Natur wurde immer unberührter, je länger sie liefen. Wälder aus Pinien und Buchen säumten ihren Weg. Schon in Langonnet war ihr aufgefallen, dass hier eine besondere Ruhe herrschte, die auch von den Einwohnern auszugehen schien. Es war so, als ob hier die Zeit einem anderen Rhythmus folgte.
Als sie etwa eine halbe Stunde gelaufen waren, machten Sheldon und Steve halt, um sich zu orientieren. Verblüfft sahen sie, dass Kirsten zielsicher einen Weg einschlug, der sie über einen schmalen Pfad direkt zu einer imposanten Steinformation führte. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Die hier herrschende Ruhe war fast schon greifbar und je näher sie der Steinformation kamen, umso unbeschreiblicher wurde das Gefühl, das von ihnen Besitz ergriff.
Aus der Nähe betrachtet erinnerten die Felsen an eine erstarrte Steinlawine. Titanische Kräfte mussten hier in
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