Die Fährte des Nostradamus
wie nach einem reinigenden Regen. Das Gefühl auf alles zu jeder Zeit gefasst sein zu müssen war noch immer gegenwärtig, doch er konnte jetzt besser damit umgehen. Was immer auch kommen mag, sie würden dem Unbekannten entsprechend begegnen.
Hanson und die Schwestern konnte man ebenfalls die Neugierde in den Gesichtern ablesen. Der Händeknetende Geistliche trat auf Kirsten zu.
„Sie sehen wirklich mitgenommen aus, Mademoiselle Moreno. Können wir irgendetwas für Sie tun?“
Nein, nein Pater, es geht schon wieder. Ich bin nur etwas schwach auf den Beinen. Ich habe die Prophezeiungen noch nicht Studieren können. Bitte haben Sie Verständnis, wenn ich jetzt nur schlafen möchte. Schlafen, schlafen.“ Kirsten versuchte zu lächeln, um den lieben Menschen um sich herum die Sorgen zu nehmen, aber es blieb bei einem kläglichen Versuch. Zu heftig hatten sie Notre Dammes Zeilen in die Realität gerissen und es würde sicher noch einige Zeit der Gewöhnung benötigen, das Schicksal der Menschheit auf den Schultern zu tragen.
„Fahren wir zurück, Männer. Ich kann nicht sagen, wie lange ich mich noch auf den Beinen halten kann…“
„Moment noch“, meldete Sheldon sich. „Wir sollten versuchen, die Glocke wieder zurück zu schieben, meint Ihr nicht auch?“ Steve schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Das hätte ich fast vergessen!“
Mit vereinten Kräften versuchten Steve und Sheldon die schwere Glocke an ihren alten Platz zu schieben, doch erst als Pater Hanson ihnen zur Hilfe kam, bewegte sich der Sockel unter knirschendem Protest an seine ursprüngliche Position zurück. Zufrieden stellte Sheldon fest, das nur minimale Schleifspuren am Fußboden entstanden waren.
„Pater. Wir werden uns sicher wieder sehen und dann, so hoffe ich, werden wir mehr Zeit miteinander verbringen können“, sagte Kirsten zum Abschied. „Sie, die Schwestern und all Ihre Vorgänger haben großen Anteil zum Gelingen meiner Aufgabe geleistet, und ich stehe tief in Ihrer Schuld. Denken Sie bitte nicht, dass Ihre Arbeit eine Geringere ist, als die meine. Wir alle haben unseren Teil zu erfüllen und nun liegt es an mir, das Ihre Anstrengungen nicht vergebens waren.“
Pater Hanson lächelte verlegen und fühlte Wehmut, wie am Ende einer schönen Reise. Beherzt nahm er Kirsten Hände und drückte sie wortlos. Seine Augen sagten alles, was er in Worten nie hätte fassen können.
Dann wandte sich Kirsten den Schwestern zu. „Meine Lieben. Ihr habt das Erbe der Faleen zu Ende geführt. Auch Euch danke ich aus tiefsten Herzen. Euer Leben wird nun ein anderes sein, aber, gerade was Euch betrifft denke ich, das unsere Existenz durch ein unsichtbares Band verbunden ist und wir eine gemeinsame Zukunft haben. Wir werden sehen...“
Du lernst schneller…
Kirsten schaute sich nach ihren Freunden um, und nickte ihnen zu. Nun war es endgültig Zeit, sich zu verabschieden. Der Pater und die Schwestern begleiteten sie bis zum Wagen, und winkten glücklich zum Abschied. Steve schaute verwundert umher. Er hatte die alte Dame hier draußen vermutet, konnte sie jedoch nirgends finden. Stattdessen sah er einen angetrunkenen Radfahrer, der über die gesamte Breite der Landstrasse seines Weges schlenderte.
Ein Blick zum Häuschen des Paters ließ ihn zum Schluss kommen, dass die alte Frau dort auf ihre Leute wartete. In einem der Fenster brannte Licht.
Erleichtert zog Kirsten die Tür des Vans hinter sich ins Schloss, und atmete tief durch. Die frische, würzige Luft der Bretagne war in der Nacht besonders klar und tat ihr nach der anstrengenden Zeit in der Abbaye gut. Eilig drückte sie auf die Automatik und ließ das Seitenfenster herunter gleiten.
Die Schatulle mit den Centurien ruhte geheimnisvoll auf ihrem Schoß, als sie schweigsam zum Gasthaus fuhren.
18
Paul Riley richtete sich auf eine lange Nacht ein. Er hatte das Autoradio eingeschaltet und hörte leise Musik. Auf seinem Schoss lag ein Nachtsichtgerät das ihm erlaubte, in großer Entfernung zur Abbaye hinter einem Gebüsch zu parken. Als weitere Maßnahme hatte er vorsorglich einen Sender an dem Van geheftet, der ihn jederzeit dessen Standort übermittelte. Der Mond stand hoch über den wolkenlosen Himmel und tauchte die Abbaye in ein magisches Licht. Riley lachte innerlich, als er an das Telefongespräch dachte, das kaum eine Stunde zurück lag. Fünf Millionen englische Pfund, ich fasse es nicht, dachte er grinsend und wischte die
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