Die Fahrt der Slanderscree
hier noch nicht wirklich draußen. Dort, auf dem Eis, lag die Mittagstemperatur zwischen 20 und 30 Grad unter Null – an sonnigen Tagen. In der Nähe der Pole war es so kalt, daß ohne die Strömungen innerhalb der Atmosphäre die Luft selbst ausgefroren wäre.
Hunnar wirkte etwas schwerer als sonst, dachte Ethan. Die Ehe zeigte bereits ihre ersten Wirkungen. Grüße wurden ausgetauscht.
»Nun, Freund Ethan, war es dir möglich, durch die Nacht mit deinem Landgrafen zu sprechen?« Als er den Ausdruck auf Ethans Gesicht sah, fuhr der Tran in besorgtem Ton fort: »Und ging es schlecht aus?«
»Nein, nicht schlecht. Es ist nur, daß… nun, es wurde beschlossen, daß ich hier bleibe und meine Arbeit fortsetze.«
»Hier bleiben?« Suaxus spitze Ohren zuckten nach vorn. »Bei uns? Aber das ist doch eine wunderbare Nachricht, Sir Ethan!«
»Ja, sehr gut«, pflichtete Hunnar ihm bei. »Ich verstehe, wenn du nicht mit uns zurück nach Sofold kommen kannst. Aber da wir jetzt die Slanderscree haben, werden wir dich leicht besuchen können.«
»Ja, und eines Tages wird es mir möglich sein, mit einem Skimmer zu reisen.« Entgegen dem, was Malaika über die Angestellten gesagt hatte, die den Außendienst erledigen würden, wußte Ethan, daß er kaum ein Häuf-, chen argloser Unwissender ohne persönliche Überwachung auf Tran-ky-ky loslassen konnte. Sie würden keinen Monat durchhalten. Die Tran würden ihnen das Fell über die Ohren ziehen, möglicherweise sogar im wahrsten Sinn des Wortes.
»Mir ist klar, daß dir unser Klima und einige unserer Leute nicht besonders gefallen«, bemerkte Hunnar scharfsichtig, »und daß du vielleicht immer noch nach Hause möchtest. Doch wann und wo immer möglich, werden wir uns anstrengen, daß du dich hier unter uns zu Hause fühlst.«
»Es wird schon nicht so schlimm werden«, sagte Ethan und sprach dabei ebenso zu sich selbst wie zu seinen Freunden. »Für einen Handelsreisenden ist sein Zuhause dort, wo er sein Bestellterminal einstöpselt.« Und er hatte hier schon Freunde, überlegte er. Hatte man mit Tran Freundschaft geschlossen, blieben sie, anders als Menschen, Freunde fürs Leben. Er schlug Hunnar kameradschaftlich auf den Arm und spürte den dichten, struppigen Pelz durch den sensitiven Handschuh seines Überlebensanzugs. »Sehen wir mal nach, wie es mit den Reparaturen der Slanderscree vorangeht. Da ich hier jetzt eine offizielle Position innehabe, werde ich euch weit mehr helfen können. Alles, was Kapitän Ta-hoding an Spanten, Balken oder Leim braucht, werde ich aus den Vorräten des Außenpostens anfordern und das Konto der Gesellschaft damit belasten können.« Er zog sich die Kapuze über, schloß das Visier aber nicht. Er konnte sich vielleicht nicht selbst helfen, seinen Freunden aber dafür verdammt gut.
»Das ist der rechte Geist, Jungchen.« September blieb zurück. »Während ihr euch die alte Slanderscree anseht, werde ich zusammentragen, was ich an persönlichem Besitz habe. Das Shuttle der Spindizzy müßte jetzt sehr bald eintreffen, und ich möchte nicht zu spät kommen.«
Ethan drehte sich im Ausgang um und grinste seinen Freund an. »Du kennst diese kommerziellen Shuttles. Einige davon sind ziemlich klein.« September war zwei Meter zehn groß und gebaut wie ein Panzerschrank.
»Was, wenn sie keinen Sitz haben, der breit genug ist?«
»Nun, in dem Fall, Jungchen, lasse ich den Substituten des Hauses Malaika einen speziellen Verschlag für mich ordern und versende mich als Frachtgut.« Er blinzelte. »Zufälligerweise kenne ich den Substituten persönlich, und so, wie’s aussieht, schuldet er mir noch den einen oder anderen Gefallen.«
Tatsächlich war September noch lange nicht reisefertig, als Ethan seinen Daumen auf den Türsummer des kleinen Apartments drückte, das dem Hünen zugewiesen worden war. Mehrere Tage waren verstrichen; das Shuttle der Spindizzy ruhte im Hangar des Außenpostens und nahm immer noch Fracht und wissenschaftliches Material auf.
Die Tür glitt beiseite und enthüllte einen respektgebietenden Anblick, den bisher nur wenige Menschen gesehen hatten oder sehen wollten: Skua September in Unterwäsche.
»Komm rein, Jungchen, komm rein! Schon bald bin ich auf und davon, und dann ist nur noch Zeit, sich der Dinge zu erinnern, die du mir noch sagen wolltest und nicht gesagt hast.« Er legte eine Hand auf die Schließkontrolle. Ethan blieb draußen stehen.
»Ich hoffe, du willst nicht in diesem Aufzug reisen.«
»Nicht
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