Die Fahrt der Slanderscree
Passage?«
Milliken Williams hatte seinem Wesen entsprechend bisher nur zugehört, doch jetzt meldete er sich. »Erstens weil sie weit im Westen liegt. Zweitens weil wir sie leicht verpassen und vorbeisegeln könnten, und schließlich, weil wir schon beim ersten Mal kaum durchgekommen sind. Wetter und innere Bewegungen des Eises könnten die Lücke zumindest teilweise wieder aufgefüllt haben. Ist das der Fall, werden wir sie nie finden. Wir wären weit besser dran, wenn wir hier irgendwo eine Passage finden. Du sprichst davon, wochenlang nach einem Durchlaß zu suchen, der unauffindbar sein könnte.« Er zuckte die Achseln. »Du hast allerdings in einem recht: Wenn wir nicht bald etwas finden, haben wir keine andere Wahl, als umzukehren.«
Es war dann Ta-hoding, der die Suche zum Halten brachte. Wie die meisten hatte er endlose Stunden damit verbracht, die Packeisklippen zu beobachten, die sich steuerbord von Horizont zu Horizont hinzogen, während der Wind an seiner Mähne und dem Fell seiner Schultern zerrte. Ta-hoding war sehr geduldig, ja, das war er, aber auch er hatte seine Grenzen. Es kam der Tag, da er eine Besprechung verlangte.
»Es ist Zeit zu entscheiden, wie wir aus dieser Gegend nach Süden kommen wollen. Wir können nicht um die Welt segeln, nur um uns dort wiederzufinden, wo wir schon waren.«
»Es gibt keine andere Möglichkeit.« Hunnar war so frustriert wie sie alle. »Das haben wir bereits festgestellt.«
Erster Maat Monslavic nickte. »Doch müssen wir sie immer noch finden. Denken wir angestrengt darüber nach, während wir noch einen oder zwei Tage weitersegeln. Wenn wir dann immer noch keine Stelle gefunden haben, die ein Durchkommen ermöglicht, müssen wir wenden und unserem Kurs zurück folgen. Besser bis nach Moulokin segeln, um nach einem Durchlaß zu suchen, von dem wir wissen, daß es ihn gibt, als endlos einem unergiebigen Kurs zu folgen.« Der erste Maat der Slanderscree hatte offenkundig intensiv über ihre Lage nachgedacht.
»Wir können nicht zurück«, informierte Ta-hoding ihn. »Wir müssen den Gebogenen Ozean innerhalb der nächsten Tage hinter uns haben.«
»Warum die Eile?« erkundigte sich September.
Zur Antwort wies Ta-hoding zum Bug. Ethan sah mit den anderen nach vorn. Ein paar verstreute Wolken setzten Tupfer in den ansonsten freien Himmel. Keine Regenwolken natürlich; es regnete nie auf Tran-ky-ky. Der größte Teil der Feuchtigkeit des Planeten lag dauernd gefroren auf seiner Oberfläche. Selbst Schnee war selten, in den wärmeren Regionen allerdings ein wenig häufiger. Wolken waren nur vereinzelt zu sehen, selbst hier, nahe dem Äquator.
Ethan fragte sich, worauf Ta-hoding zeigte. Wie sich herausstellte, handelte es sich um etwas, das nur ein erfahrener Segler erkennen konnte.
»Während der vergangenen Tage waren die Winde launisch«, erklärte er ihnen. Ethan wußte, daß die Winde Tran-ky-kys mit außergewöhnlicher Gleichmäßigkeit von Westen nach Osten bliesen. »Das ist eine seltsame und seltene Erscheinung, aber keine unbekannte.« Dann sprach er also tatsächlich über die Wolken, schloß Ethan. »Es ist außerdem die Jahreszeit dafür.«
»Jahreszeit wofür?« fragte Williams.
»Es kommt bald ein Rifs. Nicht heute, nicht morgen, aber bald. Aus dem Osten. Gewöhnlich kommen sie aus dem Norden oder Süden. Dieser kommt aus dem Osten. Er wird sehr schlimm werden.«
Das war keine Frage, wurde Ethan klar, als er zu den harmlos wirkenden Schäfchenwolken sah. Es bedeutete eine völlige Umkehrung normaler Witterungsverhältnisse. Die atmosphärische Störung, die so etwas zustande brachte, mußte ans Dämonische grenzen. Doch Ta-hoding klang völlig überzeugt.
»Was ist ein Rifs?« fragte Jacalan.
Hwang ließ ihren Kollegen Serakin erklären. »Ein örtlich konzentriertes Superunwetter, ein Überorkan. Mehrere Unwetterkerne sammeln sich in demselben Gebiet. Sie beginnen sich gegenseitig hochzuschaukeln und zehren voneinander, wie ein Feuersturm von seiner eigenen Hitze zehrt. Auf Tran-ky-ky ist daran äußerst wenig Feuchtigkeit beteiligt. Das scheint den Sturm aber nur noch schlimmer zu machen.« Er blickte nachdenklich auf die Wolken.
»Ich habe natürlich persönlich nie einen erlebt. Niemand von uns. Sie kommen außerhalb der äquatorialen Regionen praktisch nicht vor. Aber Cheela und ich haben sie mittels Satellitenaufklärung studiert. Die Unwetterwolken türmen sich rasend schnell mehrere Kilometer hoch auf, bis sie an die Grenzen der
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