Die Fahrt Zu Den Sternen
Teufel mit deinen Diagrammen davonfliegen und sie in die Dunghaufen der Kamelgruben von Sheol fallenlassen!« fiel Acorna ihm mit einer Abwandlung eines von Rafiks Lieblingsflüchen aufgebracht ins Wort.
»Willst du etwa so lange hier warten, bis sie dich unter Folter zwingen, den Sicherungscode der Acadecki preiszugeben?
Oder meinst du, daß du deine mathematischen Abstraktionen vielleicht lange genug unterbrechen kannst, um dieses Seil hier hochzuklettern?«
Mißtrauisch beäugte Calum die dünne Leine und das enge Rechteck der Luftschachtöffnung, durch das Acorna ihm zuflüsterte, und warf dann einen letzten bedauernden Blick auf die Zeichnungen, die er auf seine Zellenwand skizziert hatte.
»Na schön, ich kann das wahrscheinlich später wieder rekonstruieren«, brummelte er.
Sich durch die schmale Öffnung zu zwängen stellte für Calum ein weitaus größeres Problem dar als für Dr. Hoa oder Acorna. Als er jedoch schon völlig festzustecken schien, spornte ihn Markel zu neuen Anstrengungen an, indem er ihm ein paar von Nueva Fallonas palomellanischen Lieblingsfoltern schilderte und anzüglich bemerkte, daß Calums Füße, wenn seine Schultern wirklich fest im Schachtzugang verkeilt waren, sich zweifellos auf einer für Nuevas Aufmerksamkeiten sehr bequemen Höhe befinden würden.
»Sie spielt gern mit Streichhölzern«, meinte er trocken.
Calum verrenkte sich ein letztes Mal, befreite seine Schultern und hangelte sich am Seil in die Belüftungsröhre hinein.
»Was soll’s«, wiegelte er ab, als Acorna ihre Bestürzung über seine blutenden Schrammen äußerte, »das ist doch bloß ein bißchen Haut, die wächst schon wieder nach.«
Sie setzten das Belüftungsgitter wieder ein, zogen sich hinter die Biegung des Luftschachts zurück und holten dort Dr. Hoa ab, der als verspätete Reaktion auf seine Befreiung in heftiges Zittern ausgebrochen war.
»Ich bin kein Mann der Gewalt«, flüsterte er entschuldigend.
»Ich bin Wissenschaftler… und ich hatte versucht, genau dieser Art von Leuten zu entkommen. Jetzt sitzen wir alle in der Falle…«
Acorna berührte seine Wange mit ihrem Horn, und sein krampfhaftes Zittern hörte auf, wenngleich er weiterhin geschwächt blieb. Schließlich mußten sie sogar das Seil um seine Schultern binden, da ihn die Kraft vollends zu verlassen drohte. Acorna zog ihn daran hinter sich her, während Markel dem Wissenschaftler half, die Schwellen und Ecken zu überwinden, auf die sie an den Naht- und Knickstellen des kilometerlangen Labyrinths aus Schächten, Röhren und Leitungen der Belüftungsanlage stießen. Endlich hatten sie das von Markel angesteuerte Versteck erreicht, eine vergleichsweise geräumige Verteilerstelle im Innern der Bordbelüftungsanlage mit einer größeren Zentralkammer, von der gleich mehrere, teils verwinkelte Hauptschächte in andere Teile des Schiffs wegführten. Der Junge schnappte sich sofort sein Lauschgerät, das klein genug war, um wie ein Pfropfen mühelos in sein Ohr zu passen. Dann bedeutete er Acorna, daß sie es Dr. Hoa auf dem Stapel aus diversen Kleidungsstücken und Isoliermatten hinter ihnen bequem machen solle.
Acorna leistete dieser Aufforderung nur allzu gern Folge; denn bei dieser Gelegenheit konnte sie sich auch endlich unauffällig um die anderen Verletzungen des Wissenschaftlers kümmern und sie heilen. Er war bereits übel zugerichtet worden, bevor die Palomellaner damit begonnen hatten, seine Finger und Hände systematisch zu zertrümmern. Angesichts dieser Folterspuren konnte sie es ihm weder verdenken, daß er den Piraten, die seine Forschungsergebnisse nutzen wollten, genug Informationen gegeben hatte noch daß ihn im Luftschacht beinahe Furcht und Verzweiflung übermannt hatten. Aber als sie seine körperlichen Leiden linderte, schien er ruhiger zu werden und sich wieder in den Griff zu bekommen. Als sie fertig war, packte er sie am Arm und blickte sie an. Neugier und Intelligenz belebten seine Augen.
»Ki-lin?« fragte er in einem kaum hörbaren Flüstern, das nicht bis zu Markel reichen würde, der ohnehin damit beschäftigt war, den Bordkommunikationsverkehr der Haven abzuhören.
Sie lächelte und legte einen Finger auf die Lippen, wie ihr junger Führer es so oft getan hatte.
Er schloß einmal kurz die Augen, zum Zeichen, daß er verstanden hatte, aber er führte auch einen abgezehrten, geheilten Finger an seine Lippen und drückte ihn dann auf die ihren.
Sie drehte sich um, nahm eine Wasserflasche aus einer
Weitere Kostenlose Bücher