Die Falken Gottes
Charade mitspielte, die Magnus Einlaß in den engsten Kreis des Johan Oxenstierna verschaffen sollte.
Die sorgsam gestreuten Gerüchte über Unstimmigkeiten zwischen Magnus und Salvius, ein fingierter Streit, der Oxenstierna in Windeseile zugetragen wurde, und dessen Vergnügen daran, Salvius zu reizen, indem dessen in Ungnade gefallener Neffe und Klient von Oxenstierna mit offenen Armen aufgenommen wurde – all das sorgte dafür, daß Magnus sich von nun an häufig an der Tafel des Grafen aufhielt und von dort die eine oder andere Information an seinen Onkel weitergeben konnte. Er glaubte nicht daran, daß Oxenstierna ihm wirklich vertraute, also bedurfte es ab |109| und an ein wenig Eigeninitiative, wie das Eindringen in das Arbeitszimmer des Sekretärs Sonnert, um an wertvolle Informationen zu gelangen.
»Du weißt, daß meine Zeit knapp bemessen ist«, sagte Salvius, als sie die kleine Stube betraten. Der Gesandte ließ sich mit einem Ächzen in einem der Sessel nieder. »Also nehme ich an, daß du mir wichtige Neuigkeiten bringst.«
»Ihr werdet das alles sehr interessant finden.« Magnus setzte sich neben Salvius und schilderte ihm, wie er sich von der Unterredung an Oxenstiernas Tafel entfernt hatte, um nach chiffrierten Aufzeichnungen zu suchen, und dabei das Gespräch zwischen Oxenstierna und dem Sekretär belauscht hatte.
»Zwölftausend Taler«, seufzte Salvius, nachdem Magnus ihm den Inhalt des Gespräches dargelegt hatte. »Wrangel setzt wirklich alles daran, diesen Krieg am Leben zu erhalten.«
»Aber Ihr wirkt nicht unbedingt überrascht«, meinte Magnus.
»Sollte es mich verwundern, daß Oxenstierna den Waffenstillstand mit Bayern nur allzu bereitwillig aufs Spiel setzt? Dieser törichte Emporkömmling fühlt sich so geschmeichelt, daß jemand bereit ist, Geld in seine wohlwollende Haltung zu investieren, daß er Wrangel gewiß bereits für die Hälfte der Donation seine Unterstützung gewährt hätte.«
Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als Heinrich Ameldung ihnen eine Probe seines selbstgebrannten Aquavits sowie eine Schale mit Konfekt und kandierten Früchten servierte. Nachdem der Apotheker die Stube verlassen hatte, sprach Magnus über die Vorfälle, die der eigentliche Grund waren, daß er diese Zusammenkunft mit Salvius gesucht hatte.
»Während der Unterredung an Oxenstiernas Tafel ist mir eine Frau aufgefallen, die als Magd in Oxenstiernas Diensten steht. Sie schien mich nicht aus den Augen zu lassen.«
|110| »Ist das so ungewöhnlich?« erwiderte Salvius und ließ einen gewissen Spott anklingen.
Magnus schmunzelte, wurde dann aber wieder ernster. »Als ich am Abend in mein Haus zurückkehrte, überraschte ich diese Frau dabei, wie sie meine Schreibstube durchstöberte.«
Salvius machte ein erstauntes Gesicht. »Hast du sie zur Rede gestellt?«
Magnus schüttelte den Kopf. »Sie floh durch ein Fenster, bevor ich sie aufhalten konnte.« Er vermied es zu erwähnen, wie mühelos sie ihn zu Boden gestreckt hatte. Daß eine Frau ihn überwältigt hatte, war ihm unangenehm und Salvius brauchte nicht davon zu erfahren.
Salvius trank seinen Aquavit und steckte sich ein Konfekt in den Mund. »Was konntest du über diese Frau in Erfahrung bringen?« wollte er wissen.
»Ich habe mich in Oxenstiernas Haushalt nach ihr erkundigt. Natürlich erwähnte ich mit keinem Wort, daß diese Frau in mein Haus eingedrungen ist. Ich mußte allerdings erfahren, daß die Magd seit dem besagten Abend verschwunden ist. Eine Köchin veriet mir, ihr Name sei Ingrid Andersson und sie sei erst vor zwei Wochen in den Dienst des Grafen getreten.«
»Und konntest du noch mehr über sie herausfinden?«
»Nicht viel. Angeblich stammt sie aus der Stadt Nyies und wurde auf Empfehlung des Reichskanzlers in den Haushalt seines Sohnes geschickt. Aber ich bezweifle das. Solch eine Empfehlung könnte ohne weiteres gefälscht worden sein.«
Salvius rieb sich nachdenklich das Kinn. »Glaubst du, sie hat in Oxenstiernas Auftrag gehandelt?«
»Es wäre möglich. Aber ich habe von einem weiteren Vorfall erfahren, der eine sehr viel radikalere Handschrift als die der Oxenstiernas trägt. Und auch hier scheint es eine Verbindung zu mir zu geben.«
|111| Magnus berichtete Salvius von der Schankmagd, die ihn von dem Mord an dem Botenreiter unterrichtet hatte, und davon, daß dieser Mann sie in den letzten Momenten seines Lebens zu ihm geschickt hatte. Er bedauerte es, daß er ihr nicht sofort Glauben geschenkt und sich erst
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