Die Falken Gottes
Er |150| verschwand durch eine Tür. Magnus und Anneke setzten sich und schauten sich in dem schmucklosen Saal um, dessen Wände nur mit einigen schlichten Eisenkreuzen geschmückt waren.
»Glaubt Ihr, daß dieser Pater Gregor Euch empfangen wird?« fragte Anneke.
»Er ist in die Angelegenheit verwickelt, soviel steht fest«, meinte Magnus. »Ich vermute, es wird seine Neugier wecken, daß mir der Name Bernadi bekannt ist. Er wird gewiß herausfinden wollen, wer ich bin und was ich über diese Sache weiß.«
»Und Ihr hofft, daß Vigan Euch sagen wird, welche Verbindung zwischen Euch und diesen Vorgängen besteht.«
Magnus hob die Schultern. »Vielleicht kann er mir erklären, warum dir der Bote im Wald meinen Namen genannt hat. Ich werde sehr offen zu Vigan sein und ihm all das berichten, was wir herausgefunden haben.«
»Ich nahm an, Ihr traut den Jesuiten nicht«, gab Anneke zu bedenken.
»Zu manchen Zeiten muß man einen hohen Einsatz bringen, um ein Spiel zu gewinnen, doch das bedeutet nicht, daß in meinen Taschen keine weiteren Karten versteckt sind.«
Sie legte ihren Kopf schief und schaute ihn skeptisch an. Magnus ahnte, was Anneke über ihn denken mochte. Wahrscheinlich überlegte sie gerade, wie viele Karten er vor ihr verbergen mochte. Tatsächlich hatte er sie über einige Dinge im unklaren gelassen. Doch bevor sie einen solchen Verdacht aussprechen konnte, kehrte der junge Ordensbruder auch schon zurück und deutete auf Magnus. »Bruder Gregor ist bereit, mit Euch zu sprechen. Mit Euch allein.«
Magnus nickte und sagte zu Anneke: »Warte auf mich!«
Es schien ihr nicht zu gefallen, hier im Refektorium zu bleiben, doch sie fügte sich stillschweigend der Anweisung. |151| Magnus folgte dem Jesuiten eine Treppe hinauf in das zweite Obergeschoß und ließ sich in einen Raum führen, in dem ein magerer alter Mann auf ihn wartete und ihn mit enganliegenden Augen musterte. Die Einrichtung in dieser Kammer bestand nur aus zwei Stühlen und einem Betschemel, einem kleinen Tisch sowie einigen Bußwerkzeugen, die an der Wand befestigt waren.
Magnus verneigte sich. »Pater Gregor Vigan?«
Der Jesuit nickte und wies auf einen der freien Stühle. Ihm mußte sein skeptischer Blick auf die Bußwerkzeuge aufgefallen sein, denn als Magnus sich setzte, sagte Vigan: »Keine Sorge, diese Gerätschaften werden nur selten benutzt. Unser Ordensgründer Ignatius von Loyola zog es vor, die Entscheidung zur Strenge und zur Anwendung der Bußwerkzeuge jedem Bruder frei zu überlassen.« Vigan zupfte an seinem grauen Kinnbart. Der Jesuitenpater saß ein wenig gekrümmt da, doch sein strenger Blick blieb stets auf Magnus gerichtet. »Ich nehme aber an, daß Ihr nicht aus Osnabrück angereist seid, um mit mir über diese Gerätschaften zu sprechen.«
»Es mag Euch gewiß seltsam erscheinen, Bruder Gregor, daß ich den weiten Weg auf mich genommen habe, um Euch aufzusuchen.«
»Ihr seid Schwede. Gehört Ihr der Delegation Eures Landes an?«
»Ich berate die schwedischen Hauptgesandten in juristischen Fragen.«
»Wer von den beiden hat Euch zu mir geschickt? Oxenstierna oder Salvius?«
Magnus schüttelte den Kopf. »Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit. Ein Rätsel, für das ich keine Erklärung finde.«
»Und wie glaubt Ihr, sollte ich Euch helfen können, dieses Rätsel zu lösen?«
|152| Magnus zögerte kurz, dann holte er das Papier hervor, das er bei dem toten Boten gefunden hatte, und reichte es Vigan. Der Jesuit warf nur einen kurzen Blick auf die verschlüsselte Nachricht, schien aber sofort zu erkennen, worum es sich handelte. Er räusperte sich und fragte: »Was soll das sein?«
»Es handelt sich um eine Nachricht, die bei einem Boten gefunden wurde, der sich auf dem Weg zu Euch befand. Der Brief wurde in Eurem Auftrag an einen Mann namens Bernadi aufgesetzt, und Ihr heißt darin einen bald eintreffenden Gast willkommen.«
Bei der Erwähnung dieses Gastes bemerkte Magnus ein Zucken in Vigans Mundwinkeln. Er hatte gehofft, daß er mit der Erwähnung der Depesche eine Reaktion hervorrufen würde. Daß der Pater nun jedoch regelrecht erschrocken wirkte, damit hatte er nicht gerechnet.
»Ihr habt den Text entschlüsselt?« fragte Vigan überrascht. »Aber wie, in Gottes Namen, ist Euch das gelungen?«
»Sagen wir, ich habe ein gewisses Talent für solche Dinge.«
Der Jesuit faltete eilig das Papier zusammen. »Ich weiß nicht, wie Ihr in den Besitz dieses Dokumentes gelangt seid, aber ich bin
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