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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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geschworen.« Vigan schüttelte verzagt den Kopf. »Aber ich versichere Euch, Herr Ohlin, daß mir Euer Name nie zuvor zu Ohren gekommen ist und daß ich nicht weiß, warum Ihr in diese Angelegenheit verwickelt wurdet.«
    »Das werde ich nur herausfinden können, wenn ich die nächsten Tage im Kolleg bleibe. Es wäre auch zu Eurem Schutz, Pater.«
    »Ihr wollt hierblieben?« Der Jesuit hob abwehrend die Hände. »Das kann ich nicht zulassen. Nicht im Hinblick darauf, was geschehen wird.«
    Anneke richtete sich auf. »Mir scheint, der Küchenmeister Josef ist äußerst interessiert an den Geschehnissen im Kolleg. Vielleicht sollten wir ihn über diese Vorgänge in Kenntnis setzen. Wie lange, glaubt Ihr, würde es dauern, bis die Gerüchte, daß Ihr in geheime Machenschaften verstrickt seid und einen Gast erwartet, dessen Identität verborgen bleiben soll, im gesamten Kolleg und noch darüber |168| hinaus verbreitet wären. Einen Tag? Zwei? Oder gar nur Stunden?«
    Zufrieden nahm Anneke zur Kenntnis, daß Ohlin ihre kleine Drohung mit einem anerkennenden Blick quittierte. Gregor Vigan hingegen zog ein ärgerliches Gesicht. »Das würdet Ihr nicht wagen«, sagte er.
    »Warum nicht?« meinte Ohlin. »Was hätten wir zu verlieren?«
    Vigan überlegte einen Moment lang, dann gab er klein bei. »Ich bin auf Euer Schweigen angewiesen. Darum gestatte ich Euch, die nächsten beiden Nächte in dieser Kammer zu verbringen. Sollte mein Gast in dieser Zeit eintreffen, werdet Ihr ihm jedoch fernbleiben. Das muß ich verlangen.«
    »Nennt diesem Gast meinen Namen«, sagte Ohlin. »Um wen immer es sich auch handeln mag, vielleicht kann er etwas Licht in die verworrene Angelegenheit bringen.«
    Vigan blickte von Anneke zu Ohlin und schien noch einmal abzuwägen, ob er den beiden wirklich trauen konnte. Schließlich sagte er: »Ich werde Eurer Bitte nachkommen.«
    Ohlin nickte zufrieden. »Das ist ein Anfang.«

    Der Morgen dämmerte unter schweren Regenwolken herauf. Magnus erwachte mit einem widerlich sauren Geschmack im Mund und heftigen Krämpfen in seinen Eingeweiden. Er erhob sich schwerfällig von seiner Strohmatratze und schaute zu Anneke, die sich auf der gegenüberliegenden Seite der Kammer ebenfalls aufrichtete. Pater Gregor hatte einige Decken für sie heranschaffen lassen, auf denen sie einigermaßen komfortabel die Nacht verbracht hatte. Sie war mit ihrem Lager allerdings so weit von Magnus abgerückt, wie es in der Kammer möglich war, und er fragte sich, ob Anneke tatsächlich befürchtete, er würde in der Nacht über sie herfallen. Sie hatte kein einziges Kleidungsstück |169| abgelegt und strich nun ihren Rock und das zerknitterte Hemd glatt. Zumindest trug sie ihr Haar offen, und auch wenn Anneke noch recht müde und mürrisch daherkam, fiel ihm auf, wie hübsch sie ausschaute, wenn ihr gewelltes dunkles Haar nicht unter der Haube verschwand, sondern ihr bis auf die Schultern fiel.
    Während Anneke sich an der Schüssel wusch und ihre Zähne mit Salz und einem Tuch säuberte, kleidete Magnus sich an und bat sie dann, ihm bei seiner Rasur behilflich zu sein. Er hatte sich Seife und ein Messer bringen lassen. Für gewöhnlich erledigte er die Rasur alleine, doch seit dem Giftanschlag und den damit einhergehenden morgendlichen Krämpfen zitterten seine Hände so sehr, daß er es vorzog, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen.
    Es überraschte ihn, wie sicher sie das Messer über seine Wange führte, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. Doch nicht nur für diesen Dienst konnte er Anneke ein Lob aussprechen.
    »Ich bin stolz auf dich«, meinte Magnus, während sie vor ihm stand. Er betrachtete ihren Hals. Der brutale Angriff des Schiefnasigen hatte dort bräunliche Würgemale hinterlassen.
    »Ist das so?« fragte sie, ohne sich von ihrer Aufgabe ablenken zu lassen.
    »Natürlich. Ich habe es dir zu verdanken, daß Vigan uns nicht fortgeschickt hat. Deine Drohung, diesem schwatzhaften Küchenmeister zu berichten, was hier vor sich geht, hat Pater Gregor regelrecht in Angst und Schrecken versetzt. Er hätte uns niemals den Aufenthalt im Kolleg gestattet, wenn er nicht befürchten würde, daß wir sein Geheimnis preisgeben. Es scheint ihm wirklich viel daran gelegen zu sein, seine Machenschaften geheimzuhalten.«
    »Wenn Ihr so zufrieden mit mir seid, dann wäre es doch an der Zeit für meinen ersten Lohn.« Zum ersten Mal an |170| diesem Morgen lächelte sie, und ihre Miene hellte sich weiter auf, als er nach der Rasur

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