Die Falken Gottes
nun nicht mehr im Kolleg bereithalten konnte. Trotz allem würden die Jesuiten die Ankunft des Gastes nicht vor ihnen geheimhalten können.
»Trägst du den Schlüssel zum Hofportal des Kollegs noch bei dir?«
»Gewiß.« Ekholm zog unter seinem Hemd ein Lederband mit einem Schlüssel hervor.
»Gut.« Dahlgren nickte. »Ich glaube nicht, daß Ohlin weiß, wer alsbald im Kolleg eintreffen wird. Wir werden ihn dennoch aus dem Weg schaffen. Und auch diese Frau.«
|165| Kapitel 17
Anneke hockte sich auf einen der Schemel, tastete ihren Hinterkopf ab und fühlte eine anschwellende Beule. Ihr war ein wenig schwindelig, und die Haut an ihrem Hals brannte so sehr, als hätte man eine Fackel darangehalten.
Auf der Fensterbank stand ein Krug Wasser. Magnus Ohlin füllte eine Schale, tauchte ein Tuch hinein und reichte es ihr. Anneke nickte dankbar und tupfte mit dem kühlen Stoff ihren Hals und den Hinterkopf ab.
Sie waren allein in der Kammer des Schiefnasigen. Gregor Vigan war gegangen, um im Kolleg nach dem Rechten zu sehen und um in Erfahrung zu bringen, ob der falsche Bote das Gebäude wirklich verlassen hatte.
»Was hast du dir nur dabei gedacht?« meinte Ohlin kopfschüttelnd, während er damit begonnen hatte, die Kammer zu durchsuchen. Er warf einen Blick in die Ledertasche, hob die Strohmatratze an und wandte sich dann dem Mantel zu, der neben der Tür hing.
Anneke zögerte, dann sagte sie mit krächzender Stimme: »Er tauchte plötzlich im Refektorium auf. Wie hätte ich Euch auf die Schnelle Nachricht geben sollen? Ich wollte wissen, was er hier treibt. Also folgte ich ihm.«
»Bis in seine Kammer?«
Anneke zwang sich zu einem Lächeln. »Ihr habt wohl recht, wenn Ihr meint, daß ich ein sehr neugieriger Mensch bin.«
»Fürwahr, das bist du.« Er kramte noch immer in den Taschen des Mantels.
Sie seufzte. »Ich hätte niemals geglaubt, daß ich einmal so |166| erleichtert sein würde, Euch zu sehen. Als der Kerl mir die Kehle zudrückte und Ihr plötzlich in der Tür standet, hätte ich Euch um den Hals fallen können.«
»
Deinen
Hals sollten wir besser mit Vorsicht behandeln.« Ohlin streckte einen Finger aus und berührte die Haut unter ihrem Kinn, was sofort einen Schmerz hervorrief. Anneke zuckte zurück.
»Das sind ein paar häßliche Schrammen, aber die werden in einigen Tagen verschwunden sein.« Ohlin nahm die Hand fort und beschäftigte sich wieder mit dem Mantel. Bald darauf wurde seine Suche endlich von Erfolg gekrönt, denn er zog ein Papier hervor.
»Was steht darauf geschrieben?« wollte Anneke wissen.
Ohlin faltete den Zettel auseinander und runzelte die Stirn. »Ausschließlich Zahlen. Einmal mehr ein verschlüsselter Text, und ich befürchte, es handelt sich um eine äußerst komplizierte Chiffre.«
»Könnt Ihr sie lösen?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Er ließ das Papier rasch unter seinem Wams verschwinden, denn der Kammer näherten sich Schritte.
Gregor Vigan kehrte mit betretener Miene zurück und berichtete, daß mehrere Ordensbrüder beobachtet hatten, wie der Bote aus dem Kolleg gestürmt und davongerannt war.
»Er hat mir gegenüber behauptet, sein Name sei Jasper Sörenstam. Aber auch das war wohl nur eine Lüge.« Vigan sprach leise, und Anneke merkte seinem Tonfall an, wie sehr es ihn erschüttert hatte, daß er einem Betrüger aufgesessen war.
»Glaubt Ihr mir nun, daß ich Euch die Wahrheit berichtet habe?« meinte Ohlin.
»Wenn dieser Kerl ein reines Gewissen besessen hätte, wäre er nicht vor uns geflohen. Weiß der Himmel, welcher Lump meine Gastfreundschaft mißbraucht hat.«
|167| »Hat er in dieser Kammer gewohnt?« wollte Anneke wissen.
»In der Depesche, die er mit sich führte, wurde ich gebeten, den Überbringer der Nachricht bis zum Eintreffen des Gastes im Kolleg unterzubringen.« Vigan ließ sich ermattet auf einen Stuhl sinken und fuhr sich durch das schüttere graue Haar. »Aus welchem Grund wollte dieser Mann mich täuschen? Ihr sagt, er hat einen Botenreiter getötet?«
Ohlin nickte. »Ich vermute, er hat es getan, um in die Nähe des Gastes zu gelangen, den Ihr erwartet. Vielleicht hat er es auf dessen Leben abgesehen.«
»Grundgütiger!« stöhnte Vigan auf.
Ohlin trat näher an den Jesuiten heran. »Pater, seid Ihr sicher, daß Ihr nicht endlich das Geheimnis um Euren Gast lüften wollt? Um wen immer es sich dabei auch handeln mag – er befindet sich hier in Münster in großer Gefahr.«
»Das kann ich nicht tun. Ich habe einen Eid
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