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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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zuckte und sich auf den Weg zu den Pferden machte.
    Magnus entzündete eine weitere Lampe und stieg in die Kutsche. Er klappte die hintere Sitzbank hoch und holte aus einem Fach eine Holzschatulle hervor. In diesem Kästchen hatte er vor der Abreise aus Osnabrück eine Pistole, ein Pulverhorn sowie einige Bleikugeln verstaut. Einen Moment lang verschnaufte er einfach, schloß die Augen und wartete ab, bis die Krämpfe in seinem Bauch ein wenig abgeklungen waren, dann nahm er die Waffe zur Hand, füllte das Pulver und eine Kugel in den Lauf und drückte dazu einen gefetteten Stofflappen hinein, um die Ladung abzudichten. Er hoffte, daß es ihm erspart bleiben würde, die Pistole benutzen zu müssen. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie auf einen Menschen geschossen.
    Magnus vernahm ein Geräusch hinter seinem Rücken. Er wandte sich um. Anneke hatte sich zu ihm in die Kutsche gesetzt und betrachtete besorgt die Waffe in seiner Hand. »Ich wußte nicht, daß Ihr eine Pistole mit Euch führt.«
    Magnus prüfte den Hahn und legte die schußbereite Pistole zurück in die Schatulle.
    »Wir haben vieles nicht gewußt, Anneke.«
    Sie nickte, hob eine Hand und schaute auf ihre zitternden Finger.
    »Heute habe ich zum ersten Mal um mein Leben gebangt«, sagte sie leise. »Ich habe mir seit so langer Zeit |216| Aufregung und Abenteuer herbeigesehnt, aber wie mir scheint, wird es mir jetzt ein wenig zuviel davon.«
    Er faßte ihre Hand und lächelte sie an. »Du bist ein tapferes Mädchen.«
    Anneke nahm sein Lob ohne eine erkennbare Regung hin und blickte aus dem Kutschenfenster zu Malin Sörenstam, die inzwischen ihre Stiefel ausgezogen hatte, um sie der Königin zu überlassen.
    »Diese Frau«, sagte Anneke. »Warum ist sie so wütend auf Euch? Warum hat sie Euch ins Gesicht gespuckt?«
    Magnus überlegte kurz, ob er Anneke darauf antworten sollte, und er befand, daß sie nach den Vorfällen der heutigen Nacht ein wenig Offenheit verdient hatte.
    »Sie scheint davon überzeugt zu sein, daß ich einen Verrat gegen die Königin verübt habe und an einer Verschwörung gegen sie beteiligt bin.«
    »Und … hat sie recht damit?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte er empört. »Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«
    »Und Ihr mißtraut dieser Frau, das merkt man Euch an.«
    »Dazu habe ich allen Grund. Sie war es, die in mein Haus eingedrungen ist und das Gift in meinen Wein gefüllt hat.«
    »Ach du lieber Himmel!« entfuhr es Anneke. »Seid Ihr Euch dessen gewiß?«
    »Ich habe sie an jenem Tag in meiner Kammer überrascht. Trotzdem frage ich mich, ob sie mich töten wollte, um die Königin zu schützen oder weil sie selbst mit den Meuchlern im Bunde steht.«
    Anneke machte ein skeptisches Gesicht. »Aber wenn sie tatsächlich den Tod der Königin wünscht, warum hat sie ihre Absichten dann nicht in dem Moment offenbart, als der Anschlag ausgeführt wurde. Sie hätte unsere Flucht verhindern können.«
    »Genau das ist mir auch schon durch den Kopf gegangen.« |217| Er lächelte matt. »Und wahrscheinlich denkt diese Malin Sörenstam das gleiche über mich.« Magnus zögerte, dann fragte er Anneke: »Habe ich denn dein Vertrauen?«
    Sie senkte den Blick und dachte wohl über diese Frage nach. »Ihr habt Euch schützend vor mich gestellt, als diese Männer auf uns losgingen. Hättet Ihr Euch nicht besser um das Wohl der Königin kümmern sollen?«
    »Es war eine spontane Reaktion«, sagte er lächelnd. »Du bist mir in den vergangenen Tagen ans Herz gewachsen, Anneke.« Er schaute zur Königin. »Nichtsdestotrotz trage ich nun eine Verantwortung, die eine große Bürde für mich ist. Wie konnte ich ahnen, daß wir in eine solch verzwickte Situation geraten? Ich werde tun, was in meiner Macht steht, um Christina heil aus dieser Stadt zu schaffen und ihr Leben zu schützen.« Er ließ Annekes Hand los, die nun nicht mehr zitterte. »Du bist mir noch eine Antwort schuldig. Vertraust du mir?«
    Sie zögerte, dann beugte sie sich vor und küßte seine Wange.
    »Nun bin ich wirklich überrascht«, sagte er.
    »Das war ebenfalls eine spontane Reaktion«, entgegnete Anneke. »Auch auf die Gefahr hin, daß ich damit Eurer Eitelkeit diene: Ja, ich vertraue Euch. Und ich fühle mich sicher, wenn Ihr in meiner Nähe seid.«
    Ohne ihm die Möglichkeit einer Erwiderung zu geben, stieg Anneke aus der Kutsche und trat davon.
    »Vielleicht habe ich auch dafür ein Talent«, raunte Magnus und legte einen Finger an seine Wange – dorthin, wo sie

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