Die Falken Gottes
diesem Zeitpunkt, wäre nicht nur ein religiöses, sondern vor allem ein politisches Dilemma. Ihr würdet Schweden der Lächerlichkeit preisgeben und seine starke Position bei den Friedensverhandlungen zunichte machen.« Er schaute zu Malin Sörenstam, die sich bislang mit ihrer Meinung zurückgehalten |261| hatte, und fragte sie: »Wie denkt Ihr über diese Taufe?«
»Ich bin eine überzeugte Protestantin und gewiß nicht angetan von den Plänen der Königin«, meinte sie. »Glaubt mir, ich habe versucht, es ihr auszureden, doch letztendlich zählt nur ihre Entscheidung. Sie ist die Königin.«
»Aber warum?« wandte Magnus sich wieder Christina zu. Sein Unverständnis wandelte sich in Ärger über Christinas Vorhaben. »Was fasziniert Euch am Katholizismus? Warum setzt Ihr dafür Eure Zukunft und Euer Leben aufs Spiel?«
»Weil ich ein Beispiel geben will«, sagte Christina. »Meine Tat wird Schweden der Freiheit näher bringen. Ich wende mich nicht gegen den Protestantismus, sondern gegen die lutherische Orthodoxie Schwedens. Ich will, daß mein Volk in einem Land lebt, in dem allen christlichen Religionen Respekt entgegengebracht wird. Meinem Vater war es laut den Gesetzen möglich, schwedische Katholiken aufgrund ihres Glaubens hinrichten zu lassen. Mein Traum aber ist es, daß das Luthertum, der Calvinismus, der Katholizismus und alle anderen Religionen eine Heimat im schwedischen Volk finden.«
Magnus seufzte. »Man wird Euch den Thron und die Heimat nehmen, wenn die Welt von dieser Konversion erfährt.«
»Ich weiß«, sagte sie leise. »Aber ich wäre bereit, die Krone niederzulegen. Das schwedische Volk erwartet von mir, daß ich heirate und einem Thronfolger das Leben schenke. Dieser Gedanke widert mich an. Ich werde mich niemals einem Mann hingeben. Wie herrlich müßte es sein, diesem barbarischen Land eines Tages den Rücken zu kehren und in Rom auf dem Territorium des Papstes zu leben.« Sie lächelte. »Doch ich hätte gewartet, bis ich diesen Schritt öffentlich gemacht hätte. Niemand außer meinen engsten |262| Vertrauten weiß von diesen Plänen. Und der Nuntius des Papstes hat mir zugesichert, daß ich ganz allein darüber entscheiden werde, wann die Welt von meiner Konversion erfahren soll.«
»Der Nuntius des Papstes? Fabio Chigi? Also war er der Besucher, den Ihr im Kolleg empfangen habt.«
Christina nickte. »Papst Innozenz hat verlangt, daß Chigi die Taufe bezeugen soll. Der Gesandte konnte Münster während der Verhandlungen allerdings nicht verlassen, also bin ich zu ihm gereist, damit wir uns über das weitere Vorgehen beraten können. Wir kamen überein, daß die Taufe am folgenden Tag vollzogen werden sollte. Eine schlichte, geheime Zeremonie in der Kirche der Jesuiten. Wie Ihr aber wißt, wurden diese Pläne durchkreuzt.«
»Man könnte auch sagen, Ihr wurdet vor einer großen Dummheit bewahrt«, raunte Magnus. Seine Bemerkung wurde von der Königin mit einem abschätzigen Blick quittiert.
»Dieser Zwischenfall wird mich nicht aufhalten, Magnus«, fuhr sie ihn an. »Früher oder später werde ich konvertieren.« Ihr schneidender Tonfall rief Magnus in Erinnerung, daß er hier einer Königin gegenübersaß.
»Es wundert mich nicht, daß dieser Ove Dahlgren alles darangesetzt hat, Eure Pläne zu durchkreuzen. Von seinem Standpunkt aus begeht Ihr einen ungeheuren Frevel gegen das Schicksal, das Gott dem schwedischen Volk vorherbestimmt hat.« Magnus wandte sich an Malin Sörenstam. »Wie hat Dahlgren überhaupt von dem Vorhaben der Königin erfahren?«
»Meinem Bruder Jasper ist ein Brief in die Hände gefallen, den Dahlgren an den Diakon Laurelius abgeschickt hatte. Bei einer Überprüfung stellte sich dessen Verbindung zu den ›Falken Gottes‹ heraus. Erst unter der Folter brachte Laurelius ein Geständnis hervor und verriet, daß |263| Dahlgren über die Absichten der Königin unterrichtet worden war.«
»Und obwohl Ihr von dieser Gefahr Kenntnis hattet, seid Ihr nach Münster gereist?« fragte Magnus die Königin.
Sie hob nur wie unbeteiligt die Schultern. »Immerhin befanden sich stets vier Gardisten in meiner Nähe. Und wer wußte schon mit Gewißheit, ob Dahlgren mir tatsächlich folgen würde?«
Allein eine solche Vermutung wäre ein Hinderungsgrund gewesen, überlegte Magnus. Und welchen Schutz die Gardisten wert gewesen waren, hatte er am eigenen Leib zu spüren bekommen. Christinas Eifer war für ihn nur schwer zu verstehen. Ihr Verlangen nach dieser Taufe
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