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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reber Sabine
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hinaustreiben.
    Regen und Hagel lassen nach. So dünn wird die Luft, dass Granuaile die Spannung am ganzen Körper fühlen kann.
    Und dann schießen die ersten Böen des Sturms in das Luftloch.
    Die Leute kamen von weit her, um die Torc aus dem Hafen von A Coruña auslaufen zu sehen, die Frauen und Kinder der Bootsbauer streuten Blumen ins Wasser.
    Elegant wie eine Seeschwalbe lag die Karavelle mit ihrem schwarzen Rumpf auf den Wellen, die Spiere aus hellem Eschenholz leuchteten in der Morgensonne.
    Granuaile war stolz auf das Schiff, stolzer als auf jedes ihrer Kinder: Jede einzelne Planke, jede Elle Segelleinen hatte sie selbst bezahlt.
    Ihr Vater besaß zwar eine Karavelle für längere Seereisen, aber die war nicht halb so schnell. Kein anderer gälischer Seefahrer hatte eine solche Karavelle, keiner.
    Ihre Torc war das schönste Schiff auf dem Atlantik.
    Zu ihrer Linken ragt für einen Augenblick der weiße Gipfel des Croagh Patrick aus den Wolken, metallen schimmernd im bleichen Mondlicht des frühen Morgens, seine Geröllhalde leuchtet wie eine kostbare geprägte Münze.
    Die Wolken malen graue Muster am Himmel, Gesichter, einen Baum. Und dann peitschen hungrige Winde übers Wasser, treiben ihren schwarzen Wolkenvorhang vor das Wettertheater.
    In Gedanken sieht Granuaile die Route vor sich. Vergegenwärtigt sich die Windrichtung, die Strömungen. Rechnet sich aus, wie lange sie brauchen wird, wo sie in Deckung gehen, wann sie angreifen kann. Im Schutz des Sturmes wird ihre Flotte unerkannt auf den Hafen zusegeln. Am nächsten Abend bei Einbruch der Dunkelheit wird sie das Kommando zum Angriff auf Galway geben.
    Wir schreiben das Jahr 1564.
    In Ulster rebelliert der Earl of Tyrone.
    Der spanische Seefahrer Legazpi bricht in den Westpazifik auf, wo er eine Inselgruppe entdecken und zu Ehren seines Königs » Philippinen « taufen wird. Auf der Frankfurter Messe erscheint der erste Bücherkatalog. In Rom ist im Februar dieses Jahres Michelangelo gestorben. Sechs Jahre sind vergangen, seit Königin Elizabeth I. den englischen Thron bestiegen hat, sechs Jahre, in denen es der jungen Monarchin gelungen ist, gegen den Widerstand der katholischen Würdenträger die Kirche unter Staatskontrolle zu bringen. Die Unterwerfung der irischen Provinzen jedoch würde sie teuer zu stehen kommen.
    Auf der irischen Insel Clare, die als moosgrüne Sphinx am westlichsten Rand Europas aus dem Atlantik ragt, wischt sich Granuaile einen Wassertropfen von der Wange, wirft das Otterfell zurück und steigt in ihre Hose, die für einen Mann geschneidert wurde und so eng ist, dass sie sich den steifen Kammgarnstoff nur mit Mühe über die Hüften ziehen kann.
    Seit ihrer Jugend kleidet sie sich wie ihr Vater.
    Sie streift sich ein Leinenhemd mit weiten Ärmeln über, schlüpft in die Jacke aus Ziegenleder und wirft sich einen schweren wollenen Umhang über die Schultern, den sie mit einer Brosche vor der Brust befestigt.
    Sie kämmt sich die Haare und verknotet sie mit einer Bronzespange, um sie gleich wieder zu öffnen – sie wird die Stadtmauern von Galway mit wehendem Haar erstürmen.
    Sie holt den speckigen Hexenstein unter dem Kissen hervor und steckt ihn in die Brusttasche ihres Hemdes, trinkt ein Glas Met aus Murrisk, in Dubhdaras Namen, sie darf keine Schwäche zulassen.
    Dann nimmt sie den Käfig und hebt ihn hoch, bis sie dem Falken Aug in Aug gegenübersteht: Dich lass ich hier, in zwei Tagen bin ich zurück.
    Und Galway wird uns gehören!
    Mir und euch, den Falken!

Linda sah zum Gipfel des Croagh Patrick, er war weiß von spitzem Geröll, feindselig, dachte sie. Wie weich Schnee dagegen wäre, wie friedlich. Sie hatte noch nicht Fuß gefasst. Sie war nicht hier, sie war nicht mehr dort. Im Herzen blieb sie fremd wie eh. Und sie glaubte nicht, dass sich das jemals ändern würde. Nicht mehr. Sie würden keine Kinder haben. Ihr Leben ginge immer so weiter, die sozialen Kontakte würden mit jedem Jahr weniger, das Vertrauen würde nicht wachsen, das nie dagewesene Vertrauen. In den ersten Jahren hatte sie mehr Boden unter den Füßen gehabt, hatte geglaubt, sie würde in der neuen Heimat ankommen, eine Familie gründen, heimisch werden.
    Sie hätte so gerne Kinder gehabt.
    Daniel hätte so gerne Kinder gehabt.
    Sie solle nicht so ein Drama um ihr Heimweh machen, sagte er, sie habe sich ihr Schicksal selbst ausgesucht. Und er könne auch nichts dafür, wenn sie zu blöd sei zum Kinderkriegen.
    Er liebe sie nicht mehr, sagte er,

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