Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
ordentlich behandelt – zumindest solange die Aussicht besteht, dass man Lösegeld für ihn berappen wird.«
»Und wie konntest du ihn dann treffen? Ich meine, wenn er doch bei den Hussiten ist.«
Sepi lachte. »Ich bin ein Kaufmann, liebe Frau Margarethe. Da kommt man weit herum.«
Margarethe schluckte. Es war nicht ungefährlich, über solche Begegnungen offen zu sprechen. »Soso, tut man das? Und wie schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass jemand das Lösegeld für den Herrn Weida bezahlt?«
Erstaunt schaute Sepi sie an. »Hat man Euch denn sein Schreiben nicht überbracht? Ich las mit eigenen Augen, dass er Euch darin bat, zur Osterburg zu reisen und die fünfzig Flussperlen für ihn aufzutreiben.«
Margarethes Stimme zitterte nicht weniger, als es ihre Beine taten. »Was sagst du? Nein, davon ist mir nichts bekannt. Warum wandte er sich nicht an König Sigismund, seinen Lehnsherrn?«
»Das tat er sehr wohl, aber der König weigerte sich, die Summe aufzubringen, und redete sich damit heraus, dass es sich um einen Betrug handeln müsse, da der Weida das Gemetzel keinesfalls überlebt haben könne. Wenn Ihr mich fragt, möchte der edle Herr den Hussiten kein Geld in den Rachen stopfen. Er weiß doch genau, wofür es ausgegeben wird. Schließlich machen es die feinen Herren seit Jahrhunderten nicht anders: Sie pressen ihren Untertanen Geld ab, das sie dann für Waffen und Söldner verwenden. Jetzt geht es eben einmal umgekehrt.«
Überrascht sah die Hofdame dem jungen Kaufmann in die Augen. Diese funkelten euphorisch und musterten sie erwartungsvoll.
Doch Sepi würde bei ihr auf keine Begeisterung stoßen. Margarethe fand das eine wie das andere Verhalten unchristlich. »Der Weida glaubt doch nicht ernsthaft, ich würde ins Vogtland reisen und das Lösegeld für ihn auftreiben?«
»Es wäre für eine gerechte Sache, und obendrein rettet Ihr ein Menschenleben. Denn dass man mit dem alten Vogt kurzen Prozess macht, wenn er sich als nutzlos erweist, steht außer Frage.«
Sie senkte den Blick. »Du vergisst, dass ich mich um Margot kümmern muss. Eine Reise bis ins Vogtland würde sie nicht schaffen. Und dann, wer weiß, was uns auf der Osterburg erwarten würde?«
»Es liegt bei Euch! Aber um Margot wird sich in München gewiss liebevoll gekümmert, und ich bin ja auch noch da.« Er lächelte spitzbübisch.
Margarethe winkte dankend ab. »Na, da würde ich vermutlich den Bock zum Gärtner machen.«
Die Hand auf der Brust setzte der junge Kaufmann eine Unschuldsmiene auf: »Wie könnt Ihr nur so etwas von mir denken?«
Margarethe lächelte schwach. »Du gibst wohl nie auf?«, seufzte sie.
Der Bursche nickte nachdrücklich. »Auf die Gelegenheit warte ich schon lange.«
»Wenn du dir mal nicht vergeblich Hoffnung machst.«
Sepi wirkte entschlossen. »Man wird sehen, und wie lautet nun Eure Entscheidung den Weida betreffend?«
Margarethe zögerte und suchte nach einer diplomatischen Antwort. »So etwas muss wohl bedacht sein. Ich möchte zunächst nach München reisen und mich mit Albrecht besprechen. Zudem wäre mein Status als Weidas Ehefrau im Vogtland ohne das Schreiben des Vogts und ohne Unterstützung durch das Haus Wittelsbach wohl schwer durchzusetzen.«
Sepi nickte. »Das klingt vernünftig. Ein Schriftstück, das Eure Absichten legitimiert, müsstet Ihr in jedem Fall in den Händen halten.«
»Genau.«
Erleichterung machte sich in Margarethe breit. Falls man ihre Worte an Weidas Entführer weitertrug, hatte sie wenigstens schon einmal Zeit gewonnen. Vielleicht gelang es dem alten Vogt ja, sich aus eigenen Kräften zu befreien. Zutrauen würde sie es dem alten Fuchs. »Doch nun ist es wirklich spät geworden«, stellte sie fest und machte kehrt.
K APITEL 2
Margarethe lehnte sich in dem bequemen Polstersessel zurück. Sie schloss halb die Augen und lauschte den von den hellgrauen Bruchsteinmauern widerhallenden Stimmen der Männer. Im Festsaal des Jagdschlösschens in Grünwald drängten sich die Leiber der Ritter, Waffenknechte und Schankmägde. Es roch nach gutem Bier und fettem Braten. In einem modernen Kamin loderte ein helles Buchenholzfeuer und verbreitete heimelige Wärme. Margarethe genoss nach der langen, beschwerlichen Reise die höfische Geselligkeit. Sie hatte das Schlösschen zu Grünwald vom ersten Moment an gemocht. Auf dem mächtigen Bergfried flatterte das weiß-blaue Banner der Münchner Bayernherzöge hoch über dem Tal, während das Rauschen des Flusses, der von
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