Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
die Räume angemessen ausgestattet werden. Bei all dem zeigte sich der Burgpfleger wenig hilfreich. Er murrte über jede Veränderung, und es passte ihm überhaupt nicht, von einer Frau Befehle entgegennehmen zu müssen, schon gar nicht, wenn sie nicht zur Familie des Herzogs gehörte. Da hatte ein kurzes Machtwort von Sepi manches Mal geholfen, die Lage zu entspannen.
»Oh, das ist bedauerlich. Ich hoffte, du würdest länger bleiben. Albrecht hätte gewiss nichts dagegen, und Margot … sie wird dich vermissen.«
Der junge Mann schmunzelte. »Ich wage, es zu hoffen.«
Ernst musterte sie ihn. »Es ist nicht etwa ein Spiel, das du da treibst? Margot ist bei Weitem noch nicht in der Verfassung …«
Sepi hob abwehrend die Hände. »Gott bewahre. Was denkt Ihr von mir?«
»Darf ich denn dann nach dem Grund für deine Abreise fragen?«
»Die Geschäfte in München sind getätigt. Nun gilt es, nach Hause zurückzukehren, um sie abzuschließen. So gern ich bei Margot bliebe, meine Abreise lässt sich nicht länger hinauszögern.«
»Das ist natürlich etwas anderes. Kann man denn hoffen, dich in absehbarer Zeit wiederzusehen?«
»Der Winter naht, Frau Margarethe, und Ihr wisst selbst, wie kalt die böhmischen Fröste sind und wie hoch der Schnee dann liegt. Solches Wetter eignet sich nicht zum Reisen. Abgesehen davon ist es in letzter Zeit schon bei guter Witterung gefährlich, durch Böhmen zu reiten.«
»Das Land kommt einfach nicht zur Ruhe.«
»Das wird es auch nicht, solange der Papst nicht aufhört, es mit Krieg zu überziehen.«
»Irgendwann wird er einsehen, dass er einen Schritt auf die Hussiten zugehen muss, statt sich ihnen entgegenzustellen.« Margarethe versuchte, diplomatisch zu sein.
»Das ist richtig. Die hussitische Bewegung lässt sich mit Schwert und Feuer nicht aufhalten«, meinte Sepi mit einer Inbrunst, die er selten offen zeigte. »Jeder vergossene Tropfen Blut nährt den Ruf nach Freiheit noch.«
Margarethe rutschte unruhig im Sattel hin und her. Sie wusste seit ihrem ersten Gespräch, dass Sepi mit den Hussiten sympathisierte, aber sie hatte keine Ahnung, wie weit er in den Widerstand verstrickt war, und es jagte ihr Angst ein, wie seine Augen zu funkeln begonnen hatten.
»Ich wünschte, man würde sich bald einigen«, mahnte die Hofdame. »Der Streit schwächt das Christentum als Ganzes. Wenn nicht bald Ruhe einkehrt, könnten wir es irgendwann mit ganz anderen Kräften zu tun bekommen als mit einem Žižka.«
»Es ist immer wieder erfrischend, mit Euch zu plaudern, Frau Margarethe, und ich muss zugeben, Euer politischer Weitblick ist erstaunlich. Manchmal bedauere ich fast, dass Ihr damals vor dem Vogt geflüchtet seid. Das böhmische Volk hätte mit Euch eine wertvolle Verbündete auf der Osterburg gehabt, jemanden, der mehr für das Land tun könnte, als Weidasche Erben in die Welt zu setzen.« Er zwinkerte ihr zu.
Margarethe wusste seine Worte richtig zu verstehen. Die meisten Hofdamen konnten stundenlang über Klöppelspitze und wertvolles Tuch schwätzen, hätte man sie jedoch gefragt, wie sie zur hussitischen Sache standen, hätten sie vermutlich mit offenen Mündern dagestanden und nicht einmal gewusst, worum es dabei ging.
»Mein Vater nahm mich vergangenen Sommer mit ins Land der Osmanen«, berichtete Sepi nachdenklich. »Ein Sultan Murad herrscht dort, eine wahrlich furchterregende Gestalt. Er verfügt über ein gewaltiges Heer, das mit runden Säbeln kämpft, die surren, wenn sie dem Gegner den Kopf abschlagen. Die grausamsten Kämpfer bilden seine Leibwache, die Janitscharen. Ein jeder von ihnen scheint geradezu danach zu gieren, Leben und Blut für den Sultan zu lassen. Man munkelt, wenn Murads Blick sich jemals nach Europa wendet, werden die Osmanen wie ein Feuersturm darüberfegen.«
Margarethe bekreuzigte sich. Sepi sah aus wie eine Amme, die ihrem Zögling ein besonders schauriges Märchen erzählt hatte. Als er Margarethes blasses Gesicht sah, lachte er verlegen. »Keine Angst, Ihr habt nichts zu befürchten. Der Herrscher schätzt die Kunst der Falknerei noch mehr als schöne Frauen, und Ihr vereint ja beide Tugenden. Er würde Euch wahrscheinlich in seinen Palast entführen, wo Ihr mit allen Annehmlichkeiten leben könntet.«
»Es war schon immer mein Ziel, Gattin eines säbelrasselnden Mohren zu werden«, sagte Margarethe mit ironischem Unterton.
Sepi kratzte sich über sein mit Bartstoppeln bewehrtes Kinn und musterte sie belustigt.
»Was ist?«,
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