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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Pforte und ließ ihn vom Schmied nachmachen. Mit einem Krug Branntwein sicherte er sich das Schweigen des Handwerkers. Währenddessen entwendete Margarethe aus einem Korb mit frisch gewaschener Wäsche Hemden und Beinkleider von Dienstboten in passenden Größen.
    Aufgeregt trafen sich die drei vor einer kleinen hölzernen Hütte, in der Gartengeräte aufbewahrt wurden und die sie schon des Öfteren als Ausgangspunkt für ihre Abenteuer genommen hatten. Nachdem sie sich umgezogen hatten, schlüpften sie rasch durch die Pforte des königlichen Anwesens und mischten sich auf der Straße unter das Volk. In Sekunden hatte die pulsierende Stadt sie verschluckt. Unterwegs hörten sie, dass der Zelivsky heute nicht in St. Maria im Schnee, sondern auf dem Pferdemarkt, dem größten Platz in der Prager Neustadt, predigen wollte, weil die Menschenmenge, die gekommen war, um ihn zu hören, die Mauern des Gotteshauses gesprengt hätte.
    »Umso besser«, flüsterte die junge Frau. »Je mehr Menschen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir erkannt werden.« Zudem war es auf einem offenen Platz viel leichter, sich notfalls unbemerkt davonzustehlen.
    Als die drei den Platz erreichten, hatte die Predigt des Zelivsky bereits begonnen. Erhaben stand der schmale Mann auf einer provisorischen Bühne. Unheilvoll wogte der schwarze Talar um seinen asketischen Körper, während Zelivsky mit einer Leidenschaft predigte, die seine Zuhörer erzittern ließ. Er sagte, dass Gott am Tag des Jüngsten Gerichts alle Menschen, egal ob Fürst oder Fähnrich, Bischof oder Bauer, an der gleichen Richtschnur messe. Man könne der Hölle nur entgehen, wenn man sich am Leben Jesu Christi orientiere und ein Leben in Keuschheit und Armut führe.
    »Was aber tun Mönche, Priester und Bischöfe, die doch eigentlich ein Ausbund an Frömmigkeit sein sollten?«, grollte Zelivsky. »Statt sich um die ihnen anvertrauten Seelen zu kümmern, pressen sie die Menschen bis zum letzten Blutstropfen aus, die demütig ihr Tagwerk verrichten und es trotzdem kaum schaffen, ihre Kinder über den Winter zu bekommen. Die Büttel der Vögte treiben mittlerweile statt dem Zehnten jeden vierten Scheffel Getreide ein. Das aber bringen sie nicht, wie es immer Brauch war, in die Speicher, um damit die Winternot zu mildern, sondern lassen es sich andernorts, wo man höhere Preise erzielen kann, versilbern. Sie füllen ihre Schatztruhen, während ihren Untertanen die Mägen knurren.«
    Der Priester machte eine kurze Pause, um seine Worte nachklingen zu lassen. Dann fuhr er mit ruhiger Stimme fort: »Ich frage euch. Sagt unser Herrgott nicht: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan?«
    Ein ohrenbetäubender Jubel erhob sich, der von den hohen Fassaden der Handwerkshäuser, die rund um den Platz in den Himmel ragten, zurückgeworfen wurde. So jedenfalls wollte es Margarethe erscheinen.
    Zelivsky brachte die Menge mit einer Handbewegung zur Ruhe und fuhr fort: »Christenmenschen. Es ist an der Zeit, den Pilgerstab beiseitezulegen und nach der Sense zu greifen, damit die Krankheit der fauligen Halme nicht weiter um sich greift.«
    Margarethe erschauerte. Kein Wunder, dass der König schlecht auf die Hussiten zu sprechen war. Das hier war keine Predigt. Das war Anstiftung zum Aufruhr, und die Prager hingen an Zelivskys Lippen. Sie ballten die Fäuste und schienen nur allzu bereit, augenblicklich loszuschlagen. Unsicher schaute Margarethe zu Jan hoch, der an ihrer Seite stand. Doch er schien von der eindringlichen Rede nicht weniger in Bann gezogen als die anderen. Margarethe hielt sich die Ohren zu, um das pulsierende Geschrei der Massen nicht länger hören zu müssen. Sie wollte nur noch weg. Margot hatte recht gehabt: Es war dumm von ihnen gewesen, hierherzukommen. Was, wenn irgendwer sie erkannte? Unsicher tastete sie nach Albrecht. Ihre Hand berührte raue, zerfurchte Finger. Erstaunt sah sich die junge Frau um.
    Der Platz, an dem sich der Herzogssohn eben noch befunden hatte, war von einem mächtigen Mann eingenommen worden. Ein beißender Gestank nach verbranntem Holz haftete ihm an. Seine ohnehin schon finstere Miene bekam durch die dicke Schicht Ruß und Schmiere etwas geradezu Dämonenhaftes. Offensichtlich war er ein Köhler, der den weiten Weg in die Stadt nicht gescheut hatte und nun jedes Wort des Hussiten in sich aufsaugte. Margarethe wich instinktiv zurück und stieß dabei gegen Jan, der nun wieder auf sie aufmerksam

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