Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Nein, das war alles nur dummes Gerede. Sie sollte nichts darauf geben, ihn höchstens bei Gelegenheit einmal darauf hinweisen, dass seine Besuche in diesem Etablissement bei Hofe nicht unkommentiert blieben.
Margarethe schüttelte erneut den Kopf, was die Zofe offensichtlich für Ungläubigkeit hielt, denn es entlockte ihr ein mildes Lächeln. Ohne weitere Worte ließ sich Margarethe in ihr Kleid helfen und eilte dann zur großen Halle.
Ihr spätes Eintreffen fiel niemandem auf, denn das Herrscherpaar ließ wieder einmal auf sich warten. Margarethe reihte sich hinter Margot in die Schlange der Hofdamen ein, doch es würde noch eine Weile dauern, bis der Hofmarschall mit seinem Stab auf den Boden klopfte. Die Tür öffnete sich, und die Königin rauschte an ihnen vorbei – allein und mit hektischen roten Flecken auf den Wangen.
Margarethe runzelte die Stirn. »Ist der König wieder einmal unpässlich?«, raunte sie Margot zu.
»Du meinst, ob er zu betrunken ist, um sich auf den Beinen zu halten?«, erwiderte das Mädchen trocken. Margarethe blickte sie streng an. Jeder hier wusste, dass der vierte Wenzel seinen Durst auf Weinbrand nicht unter Kontrolle hatte, aber gewöhnlich ging man schweigend darüber hinweg.
»Soviel ich weiß, traf heute Morgen ein Bote seines Halbbruders Sigismund ein«, flüsterte Margot, die immer recht gut über die höfischen Angelegenheiten informiert war. »Danach hat sich der König in seinem Zimmer eingeschlossen und ist seither nicht wieder herausgekommen.«
Margarethe seufzte. Es war schon eine leidige Sache mit dem König. Er war ein schwacher Regent, der glaubte, Probleme dadurch lösen zu können, dass er entweder herumbrüllte oder die Tür hinter sich schloss. Albrecht war da anders. Er würde einmal ein großartiger Herzog werden: streng, aber gerecht. Er war seiner Tante ähnlich, die im Gegensatz zum Gatten großen Respekt bei ihren Untertanen genoss.
Die Königin hatte eben ihren Platz eingenommen, und nun wanderte der Hofstaat zur Tafel. Margots Tischdekoration aus essbaren Blumen wurde ausgiebig gelobt, und die Kleine lächelte glücklich zu Margarethe hinüber.
Die nickte anerkennend. »Das hast du hervorragend hinbekommen.«
»War gar nicht so schwer. Dieser Küchenjunge hat tatsächlich ein goldenes Händchen.« Margot beugte sich zu ihrer Freundin hinüber und senkte die Stimme. »Aber nun sag schon, wie war dein Ausflug? Habt ihr euch geküsst, du und Albrecht?«
Sofort senkte die Rothaarige verlegen die Augen. »Was du immer denkst, Margot. Selbstverständlich nicht.«
»Und wann seht ihr euch wieder?«
Margarethe zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gehen wir zusammen zu der Predigt des Zelivsky.«
Das Mädchen bekam große Augen. »Das lasst besser bleiben. Ich hab heute einen Streit zwischen der Königin und dem König mitbekommen. Unser Herrscher ist neuerdings ziemlich schlecht auf die Hussiten zu sprechen. Ich hab ihn sagen hören, dass er seine Berittenen mit dem Schwert des Erzengels Gabriel auf die Menschen hetzen will, wenn Zelivsky es wagen sollte, dem Volk Wein und Brot auszuteilen.«
Margarethe winkte ab. Die Stimmungswechsel des Königs waren allseits bekannt. »Das hat er morgen wieder vergessen.«
»Ich wäre mir da nicht so sicher. Er war für seine Verhältnisse recht nüchtern, als er die Drohung aussprach.«
»Komisch«, meinte Margarethe nun, »früher war er ganz auf der Seite des Hus’. Ohne Wenzels Unterstützung hätte man den Reformator niemals zum Rektor der Prager Universität gewählt. Doch jetzt, da er tot ist, spuckt der König plötzlich ganz andere Töne.«
Margot zuckte mit den Schultern und rutschte auf ihrem Schemel hin und her. »Sei’s, wie es ist. Er ist der Regent. Ich jedenfalls würde mich an eurer Stelle nächste Woche nicht in der Nähe von St. Maria im Schnee blicken lassen. Man weiß nie.«
»Nächste Woche schon?«, fragte Margarethe aufgeregt und hatte Margots Bedenken bereits wieder vergessen. Sie plagten ganz andere Sorgen: Wo sollte sie so schnell eine passende Verkleidung herbekommen, und wie sollte Jan in der Kürze einen brauchbaren Plan für ihren Ausflug schmieden? Nervös stocherte die junge Frau in ihrem Stück Hasenfleisch, das ihr prompt vom Teller rutschte und ausgerechnet auf Margots Schoß landete.
K APITEL 2
Schließlich ging es dann doch einfacher, als sie gedacht hatten. Jan entpuppte sich als ebenso dreist wie listig. Er stibitzte der Wache einfach den Schlüssel zu der kleinen
Weitere Kostenlose Bücher