Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
sie war geräumig genug, um auch das Pferd und das Pony aufzunehmen. Der Ritter trat vor den Eingang und bestimmte: »Wir bleiben hier und ruhen uns ein paar Stunden aus.«
Thomek nickte, hob die besinnungslose Trine vom Pony und trug sie in die Köhlerhütte.
Jan reichte Margarethe die Hand, um ihr vom Pferd zu helfen. Sie griff danach und stand bald darauf vor ihm. Ihre Nähe ließ ihn erbeben. Er hatte befürchtet, sie für immer zu verlieren, und das hatte sich angefühlt, als würde man ihm das Herz aus der Brust reißen. Am liebsten hätte er sie jetzt in den Arm genommen und einfach nur festgehalten. Doch im nächsten Moment glaubte er, sich so sehr schämen zu müssen, dass er sie nicht einmal ansehen konnte. Das Wissen, dass er das Schlimmste hätte verhindern können, wäre er ihr im Gasthaus nach unten gefolgt, statt sich wieder schlafen zu legen, quälte ihn. Niedergeschlagen senkte er den Kopf.
Margarethe trat ganz nah an ihn heran. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist, Jan«, flüsterte sie. »Danke.« Ihre Hand schloss sich fest um seine. Ihre Finger waren eiskalt, und in ihren Augen glitzerten Tränen.
Jan sehnte sich danach, ihre Lippen zu berühren und ihr zu sagen, dass er bis ans Ende der Welt geritten wäre, um sie zu finden, dass er sie noch immer aus tiefstem Herzen liebte. »Margarethe.« Er holte tief Luft, aber dann flüsterte er lediglich: »Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich wäre früher gekommen.«
Sie nickte, und der Augenblick war verstrichen. Mit einem Stöhnen ging sie vor ihm in die Hütte. Sie betteten die Zofe auf eine Decke. Dann legte sich Thomek neben Trine, um sie mit seinem Körper zu wärmen.
Für Margarethe und Jan gab es ein Lager aus Reisig vom letzten Sommer. Auch sie würden dicht nebeneinander schlafen. Jan fühlte, wie die Rothaarige neben ihm zitterte. Er legte seinen Arm um sie. Zunächst war sie ganz starr, dann aber schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende. Obwohl er nicht einmal das Kettenhemd abgelegt hatte, glaubte er, sie mit jeder Faser seines Körpers zu spüren. Noch nie zuvor war Margarethe ihm so nah gewesen. Es fühlte sich wunderbar an und ließ ihn beinahe vergessen, was geschehen war. Er würde sich um sie kümmern. Sie brauchte nun jemanden, der für sie da war, und Albrecht würde aufgrund seiner Verpflichtungen nicht dazu in der Lage sein. Mit diesem Gedanken schlief er ein.
Der Krug verfehlte Weidas Kopf nur um Haaresbreite. Erschrocken machte der Vogt einen Schritt zur Seite. Obwohl ihm von den Schlägen des Sedlic jeder Knochen im Leib schmerzte, hatte er sich noch in der Nacht aufs Pferd geschwungen und war zum Gasthof geritten, um Sachsenheim von der Flucht der Rothaarigen zu berichten. Allerdings hatte er die ganze Geschichte ein wenig zu seinen Gunsten verändert. In seiner Version war Sedlic mit einer Handvoll Männern durch den geheimen Gang in die Burg vorgedrungen, hatte dort ein Blutbad angerichtet, um dann mit Margarethe zu fliehen.
Trotzdem war der Hofmeister außer sich vor Wut. »Das hätte nicht passieren dürfen!«, rief er und raufte sich die Haare. »Es steht zu viel auf dem Spiel.«
Weida erwartete den nächsten Wutausbruch und blieb auf der Hut, doch zu seinem Erstaunen beruhigte sich Sachsenheim. Er ließ sich auf einer Holzbank nieder und brütete schweigend vor sich hin. Lediglich die Adern an seiner Schläfe pochten. Die Stille war Weida noch unangenehmer als das Gebrüll davor. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. Der Hofmeister saß währenddessen einfach nur reglos da und starrte vor sich hin. Gerade als Weida das Gefühl hatte, es nicht länger aushalten zu können, stand Sachsenheim auf und ging einige Male auf und ab.
Schließlich packte er Weida am Arm und sah ihn eindringlich an. »Ihr müsst Margot von Bischishausen augenblicklich von hier wegbringen. Schafft Ihr es, die Osterburg zu erreichen, bevor der Mond sich rundet, will ich über Eure Dummheit hinwegsehen und Euch das rothaarige Weibsbild wiederbeschaffen. Falls nicht, dann werde ich dafür sorgen, dass das ganze Reich erfährt, dass Ihr Herzog Ernst um seine Perlen betrogen und mit einem Plackerer gemeinsame Sache gemacht habt. Ihr werdet vogelfrei sein, sodass jeder Bauer Euch seine Mistgabel ungestraft in den Leib rammen darf. Das schwöre ich Euch.«
Am liebsten hätte der Vogt dem Hofmeister ins Gesicht gespuckt. Was glaubte dieser Geck eigentlich, wer er war?
»Habt Ihr
Weitere Kostenlose Bücher