Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
mich verstanden, Weida?«, zischte Sachsenheim.
Der Vogt starrte ihn bloß an, bis der Hofmeister seine Hände von ihm nahm. Mit dem Handrücken strich Weida über sein Wams, ganz so, als müsste er ein paar lästige Flusen beseitigen. Dann zückte er sein Messer und sprang auf den Hofmeister zu. »Von Euch lass ich mir gar nichts vorschreiben, Sachsenheim!«
Der Hofmeister tat einen geschickten Schritt zur Seite und griff ebenfalls nach seiner Waffe, einem langen schmalen Dolch. In seinen Augen glühte Verachtung.
Doch Weida, der kaum weniger Geringschätzung für sein Gegenüber empfand, hielt dem Blick stand. Er überlegte, ob er einen weiteren Angriff wagen sollte, doch er wusste, dass er ohne den Überraschungsvorteil keine Chance gegen den jüngeren und unverletzten Sachsenheim hatte. Der Kampf mit dem Sedlic am Vortag hatte ihn zu sehr geschwächt. Mit finsterer Miene steckte Weida das Messer weg und sagte sich, dass es auch andere Wege gab, um seine Interessen durchzusetzen. »Ein paar Stunden Schlaf werde ich brauchen«, gab er nach. »Dann will ich Euch den Gefallen tun. Aber eins lasst Euch gesagt sein: Solltet Ihr nicht Wort halten und mir Margarethe vorenthalten, werdet Ihr weder Margot noch ihr Kind jemals wiedersehen.«
Sachsenheim nickte, auch wenn das letzte Wort in dieser Angelegenheit für ihn noch nicht gesprochen war.
Der Plackerer stand vor der Entscheidung, entweder mit seinen Männern auf die Burg zurückzukehren oder die Suche auszuweiten. Er entschied sich für Letzteres. Der alte Eremit hatte dem Frauenzimmer den geheimen Zugang zu seiner Burg verraten. Das Risiko, dass die Frau ihr Wissen weitergab und der Fürstbischof seinem Treiben Einhalt gebot, war zu groß. Weder sie noch ihre Helfershelfer oder der Weida durften den Wald lebend verlassen.
Nachdem sich die Flüchtigen auf der Straße nicht gezeigt hatten und auch nicht in der Klause aufgetaucht waren, hatten seine Männer noch einmal die Umgebung abgesucht und Spuren gefunden, die tiefer in den Wald hinein nach Osten führten. Der einzige dem Ritter dort bekannte Unterschlupf war eine Köhlerhütte, für deren Instandhaltung er selbst sorgen ließ. Sie konnte ein letzter Zufluchtsorts ein, falls man ihn doch eines Tages aufstöbern sollte, und es waren dort Vorräte und Geld versteckt. Der Ritter dachte nach: Konnten die Gesuchten davon wissen? Nur wenn jemand bei ihnen war, der sich gut auskannte. Der Eremit jedoch war tot. Seine Männer hatten die Leiche gefunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Flüchtigen ziellos umherirrten, war größer. In diesem Fall wollte er sie so lange jagen, bis sie zu geschwächt waren, um noch Widerstand zu leisten.
Wie abgesprochen wartete Sepi bis zum nächsten Morgen. Als sich dann jedoch weder Trine mit dem Eremiten, noch Jan und Thomek, geschweige denn Margarethe blicken ließen, wurde ihm mulmig zumute. Die Sache war offensichtlich gründlich schiefgelaufen. Sepi blieb nichts weiter, als sein Pferd zu satteln und nach Passau zu reiten. Was aber würde dann aus Margot werden? Bis er mit Soldaten zurückkehrte, würde man sie längst weggebracht haben, und er würde sie womöglich niemals wiedersehen. Sepi schwankte. Was sollte er bloß tun? Jan Sedlic’ Anweisungen Folge leisten oder Margot retten?
Er entschied sich für Margot und fragte die Hussiten, ob jemand für eine ordentliche Belohnung mit ihm reiten würde. Tatsächlich fanden sich, nun da Thomek sie nicht mehr davon abhielt, fünf Männer, die bereit waren, ihr Leben für Gold zu riskieren. Voller Hoffnung gab Sepi, der nie viel vom Kämpfen gehalten hatte, seinem Pferd die Sporen.
Als Margarethe die Augen aufschlug, wusste sie zuerst nicht, wo sie sich befand. Alles tat ihr weh, und ihr war furchtbar kalt. Erste Erinnerungsfetzen kehrten in ihr Bewusstsein zurück, einer schauerlicher als der nächste. Die Hofdame fing an zu zittern. Entschlossen kämpfte sie die Bilder vor ihrem inneren Auge nieder. Es war vorbei. Sie war am Leben, und sie war frei. Kein Weida mehr – nie wieder! Jan hatte ihn vertrieben. Er war wie der heilige Michael mit seinem Schwert gekommen und hatte sie gerettet. Es war genau das geschehen, worum Margarethe die Heilige Jungfrau Maria angefleht hatte.
Sie kuschelte sich an den Ritter, dessen Brust sich neben ihr gleichmäßig hob und senkte. Im Schlaf hielt er ihre Hand. Seine Finger waren rau und schwielig wie die eines Ritters. Jan hatte nie die Laute spielen gelernt so wie Albrecht, der sie
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