Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
die Höhe schnellte. So schnell es sein verletztes Bein erlaubte, schwang Jan sich in den Sattel und gab dem Schimmel die Sporen. Wild gestikulierend sprengte er zurück.
Thomek verstand als Erster und wendete den Klepper des toten Plackerers. »Wir sollen abhauen!«, rief er den anderen zu.
»Aber Jan.« Margarethe zögerte.
»Der kommt gleich!«, sagte Trine. »Nun macht schon. Nichts wie weg hier.«
Hans von Sachsenheim entdeckte die Stelle, an der die Kutsche überfallen worden war, sofort. Doch dann sah er noch etwas anderes: einen einzelnen Ritter auf einem weißen Pferd, der augenblicklich die Flucht ergriff. »Da vorne ist einer von ihnen!«, bellte der Hofmeister und gab seinem Pferd die Sporen.
Sie erreichten die Kutsche im gestreckten Galopp. »Da vorn sind noch andere!«, rief einer der Männer.
Jetzt konnte auch Sachsenheim die Flüchtenden gerade noch erkennen: zwei Männer und zwei Frauen auf einem Pony, eine davon mit leuchtend rotem Haar. Das konnte nur Margarethe von Waldeck sein. Dann war der Ritter mit ziemlicher Sicherheit Jan Sedlic. »Gleich hab ich dich!«, triumphierte Sachsenheim und gab seinem Pferd die Sporen.
Die Verfolger trieben ihre Pferde an, doch so einfach war es nicht, die vier nicht einzuholen. Obwohl es nur ein Pony war, auf dem die beiden Frauen ritten, kämpfte es sich mit erstaunlicher Zähigkeit vorwärts, und auch der Schimmel des Ritters erwies sich als ausdauernd. Sachsenheim schäumte vor Wut, als er sein Pferd weiter antrieb.
»Die Pferde brauchen eine kurze Pause«, sagte Sepi, doch es war klar, dass er in Wirklichkeit an Margot dachte, die blass und erschöpft aussah. Der junge Kaufmann hatte ihr zwar sein Pferd überlassen, das einen Sattel trug, und ritt selbst auf dem blanken Rücken des Wagenpferds, doch sie waren in einem scharfen Tempo geritten. »Ich kümmere mich um dein Pferd«, sagte er nur. »Ruh dich einfach ein paar Minuten aus.«
Sie nickte müde, glitt aus dem Sattel und schleppte sich zu einer großen Eiche. Sepi führte ihr Pferd ein wenig herum, weil er das schweißtriefende Tier nicht im kalten Herbstwind stehen lassen wollte. Schon manches gute Reitpferd hatte sich so den Tod geholt. Doch sie würden ihre Pferde dringend brauchen, denn sie waren auf sich gestellt, seit die Hussiten sich verabschiedet hatten, um zur Klause zurückzukehren.
»Wie weit ist es noch bis Wegisceda?«, erkundigte sich Margot. Sie erinnerte sich, dass sie auf dem Hinweg über den Markt gefahren waren.
»Wenn wir das Tempo halten, vielleicht noch eine Stunde«, erklärte Sepi. »Ich fürchte allerdings, dass wir auch dort noch nicht in Sicherheit sind.«
»Aber eigentlich gehört der Ort doch schon zum Hochstift, oder?«
»Bei diesen Grenzorten weiß man nie, wem ihre Solidarität gerade gilt, aber es gibt einen Richter dort, an den wir uns wenden und vielleicht auch um Hilfe für den Herrn Sedlic bitten können.«
»Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren.«
Sie kamen langsamer voran, als sie es gehofft hatten. Die Pferde waren erschöpft und brachten die Hufe kaum mehr hoch. Vor Müdigkeit stolperten sie mehrfach, sodass Margot und Sepi im Schritt reiten mussten, wollten sie keinen Sturz riskieren. Sie hatten ungefähr die Hälfte der verbliebenen Wegstrecke zurückgelegt, als Sepi Reiter sah.
Margot schirmte die Augen mit der Hand ab und blinzelte angestrengt. »Ist das nicht die Standarte des Fürstbischofs?«, fragte sie.
»Richtig, sie zeigt den Passauer Wolf. Dann haben unsere beiden wackeren Bayernritter also doch etwas erreichen können.«
Der junge Kaufmann trieb sein Pferd voran, nannte seinen Namen und bat den Oberst, einen groß gewachsenen, finster dreinblickenden Ritter um ein kurzes Gespräch unter vier Augen.
Der nickte und ritt mit Sepi ein paar Schritte zur Seite. »Ihr seid dieser Posener Kaufmann?«, erkundigte sich der Mann und musterte ihn mit klugen Augen.
»In der Tat.«
»Und die Dame dort?«
»Das ist Margot von Bischishausen, Tochter des Truchsessen zu Stuttgart.«
»Hm, das müsst Ihr mir jetzt erklären. Ich dachte, die entführte Dame hieße Margarethe von Waldeck?«
Mit wenigen Worten fasste Sepi die Ereignisse zusammen, wobei er die Rolle der Hussiten zur Gänze verschwieg.
»Dann ist also das Schicksal von Margarethe von Waldeck und des Herrn Jan Sedlic ungewiss, doch Ihr vermutet sie auf dieser Burg als Gefangene des Plackerers?«
»Richtig.« Sepi nickte.
Der schwer bewaffnete Oberst stieß einen derben Fluch
Weitere Kostenlose Bücher