Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
»Freitag wäre besser. Wir könnten zu unserer Bucht reiten.«
Margarethe machte ein nachdenkliches Gesicht. In der Woche gab es immer viel zu tun, aber vielleicht ließ sich etwas arrangieren. »Ich lass euch eine Nachricht zukommen«, meinte sie. »Aber jetzt sollten wir uns wirklich sputen, sonst kommen wir zu spät zum Nachtmahl.«
Rasch verabschiedeten sich die drei voneinander. Jan und Albrecht verschwanden im Schuppen, um sich ebenfalls umzuziehen und dann zum Palast des Königs zurückzukehren. Margarethe huschte den Gartenpfad entlang, vorbei an den kahlen Beeten. Plötzlich glaubte sie, eine Bewegung hinter den Büschen wahrgenommen zu haben. Erschrocken fuhr sie herum. War ihnen die Frau aus der Stadt doch gefolgt? Sie machte einen Schritt nach vorn. »Heraus, wer auch immer sich da versteckt hält!«
In diesem Moment traf sie etwas hart am Hinterkopf. Gekicher folgte. Mehr war nicht nötig, um zu wissen, wer die Übeltäter waren. Zwei Schritte zu dem Eibengesträuch, ein Griff, und Margarethe zog einen schwarzen Haarschopf ans Tageslicht.
»Mihai, du! Und natürlich ist Sepi auch wieder mit von der Partie.« Margarethe musterte die beiden finster. »Was treibt ihr hier draußen. Solltet ihr nicht längst in euren Kammern sein und euch fürs Nachtmahl bereit machen? Und mit was habt ihr auf mich gezielt?«
Die beiden kicherten erneut. Mihai stieß Sepi an, der etwas hinter seinem Rücken versteckte.
»Zeig das her, Bürschlein.«
»Ich?« Sepi setzte eine Unschuldsmiene auf, doch seine Ohren färbten sich dunkelrot. Margarethe hatte nach ihren Erlebnissen in der Stadt wenig Lust auf Spielchen, packte den Übeltäter am Kragen und entwand seinen Händen eine Zwistel und ein paar Eicheln.
»Das geht jetzt aber zu weit, mein Freund«, schalt Margarethe, der der Kopf immer noch wehtat. »Diesmal kommt ihr mir nicht so einfach davon.«
»Das glaub ich kaum!« Mihai trat keck nach vorn. »Wenn du uns verpetzt, dann sag ich nämlich, was wir beobachtet haben.«
»Was sollst du schon gesehen haben, frecher Bengel?«
»Ich habe euch durch die Pforte hereinschleichen sehen, und ich weiß, wo ihr gewesen seid«, fuhr Mihai unbeirrt fort. »In der Stadt wart ihr, beim Hussitenprediger.«
»Du spinnst!«, herrschte Margarethe den Burschen an.
»Ich habe euch belauscht und alles gehört. Jedes Wort. Ketzer seid ihr alle drei, auch der Wittelsbacher und der Sedlic. Eines Tages wird man dich wie eine Katze ersäufen.«
Margarethe erblasste. Wenn das Bürschlein mit solchen Äußerungen hausieren ging, würde es Nachforschungen geben. Das Schlimmste war, dass er, was ihren Ausflug anging, sogar recht hatte.
»Du hast eine blühende Fantasie, kleiner Naseweis«, wies sie den Jungen mit scheinbar gleichgültiger Stimme zurecht. »Das hast du dir alles bloß eingebildet«
»Wir haben gehört, was wir gehört haben, und gesehen, wen wir gesehen haben«, beharrte der Bub. »Stimmt doch Sepi, gell?«
Der kleine Posener nickte, bohrte jedoch seine Stiefelspitze in den Boden und schaute Margarethe nicht an. Im Gegensatz zu Mihai schien er sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen.
Der drohte unbeirrt weiter. »Ich kenn den Albrecht, und den Jan auch.«
»Denk, was du willst, Lausebengel. Ihr beiden solltet jedenfalls nicht hier draußen herumstreunen und mit Eicheln auf andere zielen. So etwas kann bös ins Auge gehen. Damit das nicht mehr passiert, bleibt dieses Ding erst mal bei mir. Ihr zwei verschwindet jetzt lieber. Aber wir sprechen uns noch.«
Sepi zögerte keinen Moment und huschte davon wie ein Kaninchen. Mihai dagegen verharrte mit düsterer Miene vor Margarethe. Anscheinend wollte er noch etwas sagen, um wenigstens das letzte Wort zu haben, aber es schien ihm nichts Passendes einzufallen. Versöhnlich wollte sie den Arm um seine Schultern legen, doch der Junge sprang zurück. »Fass mich bloß nicht an, du Ketzerin!«, zischte er und duckte sich unter ihrem Arm hindurch. Dann raste er zum Palast. Margarethe zuckte mit den Schultern und folgte ihm. Vermutlich würde Mihai die Beobachtung bei Gelegenheit seiner großen Schwester verraten, und die würde dann wer weiß was herumerzählen. Doch ändern konnte man daran jetzt ohnehin nichts mehr.
K APITEL 3
Als Margarethe in ihrer Kammer ankam, wartete Margot bereits ungeduldig. »Da bist du ja endlich«, empfing das Mädchen sie zappelig, statt mit einer ordentlichen Begrüßung. »Die Königin lässt dich schon seit geraumer Zeit suchen. Besser, du
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