Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
hastigen Blick.
»Ich bitt Euch, Ihr Hochwohlgeborenen, so dringend suche ich eine Stellung, damit ich nicht verhungern muss mit dem Kind«, bat die junge Mutter inständig. »Weist mich nicht ab. Ich gelobe Euch Treue und Verschwiegenheit.«
Das war gewagt, aber welche Möglichkeit gab es sonst? Das kleine Mädchen schob sich aus dem Mantel und lugte mit großen rehbraunen Augen zu den Reitern hoch. Dann reckte es seine Ärmchen der Rothaarigen entgegen.
Unwillkürlich musste Margarethe lächeln. »Um des Kindes willen: Ich brauche eine neue Zofe. Hast du geschickte Hände?«
»Vergelte Euch Gott Eure Gnade und Mildtätigkeit. Gewiss habe ich die, und ich war auch bereits in Stellung. Nur die Empfehlungsschreiben gingen mir verloren.«
Der Blonde runzelte die Stirn. Er war offensichtlich nicht begeistert von der Idee. Der andere Ritter würdigte die junge Frau und ihr Kind keines Blickes.
»Ich ziehe es ohnehin vor, mir mein eigenes Bild zu machen«, erklärte die Rothaarige. »Folge uns also in die Burg, und wir werden weitersehen. Doch eines musst du mir versprechen. Bewährst du dich nicht, musst du fortgehen und darfst mich nicht mehr kennen.«
Ein schweres Gewicht schien von den Schultern der Bettlerin abzufallen, und der Schmerz in ihrem Bein wurde erträglicher. Die Herrin würde sich noch wundern, was für eine gute Zofe sie gewonnen hatte. »Ich versprech’s!«, versicherte die Frau rasch.
»So nenn mir deinen Namen.«
»Ther … Trine«, antwortete die junge Mutter und hüstelte kurz. Um ein Haar hätte sie ihren richtigen Namen genannt.
»Na gut, ich bin Margarethe von Waldeck«, stellte sich die Rothaarige vor. Sie wendete ihr Pferd und gab damit den Blick auf den braunhaarigen Ritter frei. In diesem Moment erkannte Trine das Wappen und wäre beinahe im Boden versunken. Ein Wittelsbacher, jung an Jahren! Das konnte nur der Neffe der Königin sein.
»Heilige Maria, Mutter Gottes, steh uns bei«, flüsterte sie.
Margarethe hatte sich Jans Mantel umgelegt, damit niemandem ihre zerrissene Kleidung und die Verletzungen auffielen, als sie in den Hof ritten. Mittlerweile schmerzten die Kratzer, und sie war froh, als Jan sich bereit erklärte, den Jungvogel zur Falknerei auf den Hradschin zu bringen. Margarethe und Albrecht saßen ab und überließen den Knechten die Pferde. Die Hand am Schwert, sah sich der Herzogssohn um. Zahlreiche Menschen bevölkerten den Hof. Die meisten genossen die Sonntagsruhe oder erledigten ihre letzten Angelegenheiten. Albrecht hatte erwartet, dass der Weida ihre Rückkehr ausspähen würde. Aber sie hatten Glück. Der Vogt war nirgends zu entdecken. Wahrscheinlich hatte er sich wie die anderen Ritter zurückgezogen, um sich fürs Nachtmahl zurechtzumachen.
Albrecht kniff die Augen zusammen und versuchte, in der zunehmenden Dämmerung Schatten und Umrisse voneinander zu unterscheiden. Doch es war, als würde die einbrechende Nacht einen blauen Mantel über das Stadtschloss werfen, um Freund und Feind darunter zu verbergen. Der junge Ritter sah Margarethe an. Er wusste, dass es schicklich gewesen wäre, sie hinüberzugeleiten und sich mit einer knappen Verbeugung von ihr zu verabschieden, aber sein Herz klopfte so wild. Es war, als würde es sich erst beruhigen, wenn er sie noch einmal im Arm halten und küssen konnte. Ein Wunsch, der ihn befremdete. Er kannte die junge Frau an seiner Seite schon so lange. Jedes Lachen, jedes Funkeln ihrer Augen war ihm vertraut. Sie war seine liebste Freundin gewesen, aber nie seine Herzdame. Jetzt aber hatte er ihre Lippen gekostet, die süßer schmeckten als aller Honig dieser Welt. Und plötzlich war er aufgewühlt, durcheinander, und wusste nicht mehr, was er denken sollt.
Sie hatte gesagt, dass sie ihn lieben würde. Es war seltsam, das aus ihrem Munde zu hören – irgendwie unerhört und doch wunderbar. Aber war es wirklich Liebe, was er ihr entgegenbrachte? Vielleicht, wenn er sie noch einmal im Arm hielte, wenn ihre Lippen erneut zueinanderfänden, vielleicht würde er es dann wissen. Albrecht betrachtete Margarethe nachdenklich. Sie fröstelte im frischen Ostwind und zog den Mantel enger um ihren schmalen Leib. Fast ein wenig keck warf sie den Kopf zurück, sodass ihre roten Locken für einen Moment in der frischen Brise wehten. Behutsam nahm der Herzogssohn ihren Arm und führte sie in den geschützten Stall.
Dort hatten die Knechte inzwischen die Pferde versorgt und die Fackeln gelöscht. Es roch nach frisch aufgeworfenem
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