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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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seinen Freund an. »Sie will tatsächlich zum Nest! Sie holt ein Falkenküken!«
    »Das ist verrückt«, flüsterte Jan.
    »Wir müssen etwas unternehmen!«, rief Albrecht aufgeregt. »Sie wird abstürzen, spätestens, wenn der Altvogel sie entdeckt und angreift!«
    »Noch ist der Falke nicht in Sicht«, versuchte Jan zu beschwichtigen.
    »Aber es ist nur eine Frage der Zeit. Ich steige ihr nach, und du, Jan, du nimmst die Pferde und reitest um den Berg herum. Von hinten führt ein Pattweg hinauf. Das letzte Stück wirst du zu Fuß gehen müssen. Dann lass ein Seil von oben herab. Wir werden es wahrscheinlich brauchen.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, hastete der Wittelsbacher zum Einstieg in den Felsen. Er fluchte innerlich. Warum nur hatte er sich so hinreißen lassen. Nun sah man ja, was dabei herauskam. Wenn Margarethe abstürzte, war es seine Schuld! Entschlossen zog er sich in den Felsen hoch.
    Die ersten Meter bereiteten ihm keine Probleme. Er war stark und in körperlich guter Verfassung. Immer mit drei Gliedmaßen im festen Halt, so wie man es ihm beigebracht hatte, stieg er höher und höher. Doch Margarethe war ihm weit voraus. Während er sich noch im mittleren Stück der Wand abmühte, hatte sie den Horst schon fast erreicht. Da vernahm der Wittelsbacher das unverkennbare »Hiäh« des Falken und legte den Kopf in den Nacken. Durch die Gewichtsverlagerung bröckelte lockeres Gestein unter seinen Stiefeln. Sofort konzentrierte sich Albrecht wieder auf den Aufstieg. Über ihm schien es nur glatten Fels zu geben. Seine Rechte tastete weiter und fand einen Vorsprung, der Halt versprach. Aber wohin dann den Fuß setzen, um weiter hinaufzusteigen? Albrecht musste einsehen, dass es von dieser Stelle aus kein Fortkommen gab. Fluchend kletterte er ein Stück zurück, und dann wurde ihm klar, wie Margarethe es geschafft hatte.
    Schräg über ihm gab es eine kleine Birke, deren Äste nach unten hingen. An dem Stämmchen musste sich Margarethe ein Stück in die Wand zu einem Felsvorsprung geschwungen haben, der stabil aussah. Doch Albrecht war um einiges schwerer als das Mädchen. Das Unterfangen war gewagt. Wenn die Wurzeln nachgaben, würde er unweigerlich hinabstürzen. Erneut hallte der Ruf des Falken über die Moldau, und diesmal schien ihn auch Margarethe vernommen zu haben. Noch schneller als zuvor strebte sie dem Nest entgegen. Welch ein Irrsinn!, dachte Albrecht. Warum wartete sie nicht einfach, bis er ihr zu Hilfe kam?
    Mit den Fingerspitzen tastete der Herzogssohn nach dem Bäumchen und zog es zu sich herunter. Er bog es so weit nach unten, dass es am Felsen lag, und zog probehalber daran. Prompt hagelte ein Gesteinsregen auf ihn herab. Das konnte nicht gut gehen! Doch er hatte keine andere Chance. Albrecht schloss für einen kurzen Moment die Augen, dann stieß er sich ab. Als er für einen winzigen Moment frei über dem Abgrund schwebte, stieß er einen Schrei aus. Schließlich fanden sein Fuß und seine Rechte neuen Halt. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er die Birke los. Seine Stirn sank gegen den Felsen.
    Albrecht wartete, bis sich sein Puls ein wenig beruhigt hatte. Doch viel Zeit blieb ihm nicht. Das Falkenweibchen hatte die Gefahr für ihre Jungen erkannt. Kein Wunder, denn Margarethe befand sich bereits unmittelbar unterhalb des Nestes. Die Küken äugten erst neugierig über den Rand, dann kreischten sie empört. Albrecht hielt den Atem an. Der erwachsene Falke stieß mit einem wütenden Schrei vom Himmel herab. Die Rothaarige griff ungerührt ins Nest. Die Jungen hoben abwehrend die Flügel und sperrten die Schnäbel auf. Eines versuchte sogar, nach ihrer Hand zu hacken. In diesem Moment packte Margarethe es am Hals. Mit wild schlagenden Flügeln wehrte sich der Jungvogel. Das Alttier flog nun in einem atemberaubenden Tempo auf das Nest und Margarethe zu.
    »Pass auf!«, brüllte der Wittelsbacher.
    Die junge Frau ließ das Jungtier los. Im letzten Augenblick duckte sie sich unter den Felsvorsprung, auf dem sich das Nest befand. Die ausgestreckten Klauen des Altvogels verfehlten sie nur um Haaresbreite. Margarethe verschwendete keinen weiteren Blick auf den Falken und zog sich erneut hoch, sodass sie ins Nest greifen konnte. Es würde ihr nur wenig Zeit bleiben, bis der Altvogel sie erneut angreifen würde. Ungerührt knüpfte sie ihr Schultertuch auf und warf es über eines der beiden Küken. Albrecht konnte nur den Kopf schütteln angesichts solcher Kaltblütigkeit und Narretei! Sein

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