Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
nicht so einer wie der Wittelsbacher, der dich einfach in den Rossstall zerrt und sich an dir vergeht.«
»Was?«, entfuhr es Margarethe. Sie wollte sagen, dass das überhaupt nicht stimmte, doch schon hatte der Alte ihr Ohr erreicht und hielt es zwischen seinen Zähnen, sodass sie sich bei ihrem Befreiungsversuch nur selbst wehtat. Sein süßlicher Geruch stieg ihr in die Nase. Mit jedem Atemzug glaubte sie zu ersticken. Ihr Magen verkrampfte sich.
»Margarethe, du weckst Gefühle in mir, die ich begraben glaubte«, säuselte der Vogt, so leise, dass nicht einmal Katerina es hören konnte.
»Lasst mich!«, wehrte sich die junge Frau. Entschlossen trommelte sie mit den Fäusten gegen die Wand der Kutsche. In diesem Moment krachte das Gefährt in ein tiefes Schlagloch, und die drei Insassen wurden von den Sitzen geschleudert. Margarethe schrie vor Schreck und Schmerz auf, als sich Weidas Zähne in ihr Ohrläppchen gruben. Der Vogt schlug sich das Knie an der Außenwand und stieß einen höchst unchristlichen Fluch aus, während er zu Boden fiel. Sein Kopf landete zwischen ihren Knien. Margarethe stieß ihn angewidert von sich, wobei er gegen Katerina schlug. Die kreischte und schubste ihn ebenfalls weg. Nach einem weiteren Holpern kam die Kutsche zum Stehen.
Jan öffnete den Verschlag. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er besorgt. Sein Blick fiel auf Margarethes Ohr, das ein wenig blutete. Die junge Hofdame wäre ihrem Freund in diesem Augenblick am liebsten um den Hals gefallen. Doch der Vogt setzte sich zurück auf seinen Platz, wodurch Margarethe der Fluchtweg versperrt war.
»Ja doch, ja!«, fauchte Weida und drängte. »Lasst uns weiterfahren, damit wir endlich ankommen.«
Margarethe kramte betreten in ihrer Tasche nach einem Tüchlein. Sie spürte Jans Blick auf sich und schämte sich plötzlich. Ohne ihn anzusehen, nahm sie das kleine Tuch und presste es gegen ihr Ohr.
Jan runzelte leicht die Stirn. Margarethe sah durch die gesenkten Lider zu ihm auf. Tonlos formten ihre Lippen die Worte »Hilf mir!«. Die Augen ihres Freundes flackerten für einen kurzen Moment. Dann fiel sein Blick auf den Ring an ihrem Finger. Seine Lippen verzogen sich zu einem Strich. »Gut, es soll weitergehen!«, rief er dem Kutscher zu und verschloss den Wagen wieder.
»Tut mir leid, meine Damen«, entschuldigte sich der Vogt.
»Ich glaube, ich möchte lieber reiten«, meldete sich plötzlich Katerina zu Wort. »Die Fahrt in der Kutsche tut meinem Magen nicht gut.«
»Wie bitte?«, fragte Margarethe erstaunt. »Du bist noch nie freiwillig in den Sattel eines Pferdes gestiegen. Kannst du überhaupt reiten?«
»Was weißt du denn?«, giftete die Wettinerin. »Bloß weil ich nicht wie eine läufige Hündin durch die Wälder streune, heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht im Sattel halten kann.« Energisch pochte sie mit der Faust gegen den Verschlag, woraufhin die Kutsche erneut anhielt.
»Zudem haben wir einen wunderbaren Zelter unter den Pferden«, schwärmte der Vogt. »Ihr werdet begeistert sein. Dieses Tier trägt eine edle Dame wie auf Wolken.«
Als der Verschlag geöffnet wurde, kletterte Weida heraus und gab Anweisung, das Pferd zu holen. Persönlich half er der Wettinerin in den Seitsattel. Elegant setzte sie sich auf dem Pferd zurecht und trabte dann an Jans Seite. Margarethe versetzte der Anblick einen Stich. So stand es also. Nicht einmal auf ihren Freund konnte sie noch zählen. Sie schluckte tapfer die Tränen herunter und wandte sich ab, damit niemand ihre Verzweiflung sehen konnte.
Weida hievte sich schnaufend zurück in die Kutsche. Diesmal nahm er gegenüber von Margarethe Platz und musterte sie ernst. Das Gefährt ruckelte los. Sie waren allein.
Der Vogt beugte sich nach vorne. »Und nun zu uns beiden«, meinte er. »Ich will mal eines klarstellen: Ich bin kein Scheusal, und ich werde dir ein guter Ehemann sein, Margarethe. Aber wenn du meine Vogtei und die damit verbundenen Annehmlichkeiten haben möchtest, musst du mir schon ein bisschen entgegenkommen.«
»Das will ich aber nicht«, entgegnete sie patzig. »Ich will nicht Euer Weib werden. Ich will nicht auf Eure Burg. Und ich will auch sonst nichts mit Euch zu tun haben.«
Sie schaute durch einen Spalt zwischen den Vorhängen nach draußen, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass dies ihr letztes Wort war. Der Vogt machte ein bekümmertes Gesicht.
»Das glaub ich dir nicht!«, rief er schließlich.
Aufgebracht dachte Margarethe an die
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