Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
los und drehte sich um. Aus leicht zusammengekniffenen Augen erkannte er Jan Sedlic. Der junge Ritter war ihm zwar körperlich überlegen, jedoch sturzbetrunken. Deshalb sah er gute Chancen, den Jungen zu überwältigen. Weida richtete sich auf. »Ihr versteht das falsch«, versuchte er, seinen Gegner abzulenken. »Margarethe ist nur unglücklich gefallen. Der viele Wein, wisst Ihr.«
Sedlic, der offenbar unbewaffnet war, funkelte böse.
»Ich wollte nur behilflich sein«, fuhr Weida fort.
»Was Ihr wolltet, hab ich gesehen!«, brüllte der Blonde nun vollkommen außer sich und stürzte mit geballten Fäusten in den Raum. Genau damit hatte der Vogt gerechnet. Er sprang zur Seite und griff nach dem Hocker. Mit aller Kraft ließ er ihn auf den Kopf seines Gegners niederfahren. Der schwankte kurz und ging in die Knie. Weida wendete den Blick zu Margarethe, die sich auf ihrem Bett zusammengekauert hatte wie ein verschrecktes Kätzchen.
»Jan, mein Gott«, hauchte sie am ganzen Körper zitternd.
Gleich darauf waren die schweren Schritte der Wachen zu hören.
»Ergreift diesen Mann, und legt ihn in Ketten!«, befahl der Vogt. »Er hat versucht, sich an meiner Verlobten zu vergehen.«
»Nein, nein«, stammelte Margarethe. »Das ist nicht wahr. Lasst ihn sofort los.«
Die Wachknechte beachteten sie gar nicht. Die Hofdame wollte aufspringen und ihrem Freund zu Hilfe kommen, doch Weida stieß sie grob zurück aufs Bett. »Durchsucht seine Sachen!«, befahl er und warf einen langen Blick auf Margarethe. Seine Glut war noch nicht gekühlt, im Gegenteil. »Und ruft mir das Fräulein von Wettin. Es soll bei meiner Braut bleiben, bis ich wiederkomme.«
Wie auf ein Stichwort erschien die Hofdame in der Tür und schritt an den Männern vorbei ins Zimmer. Jan stöhnte, als ihn die Männer an den Armen fortschleiften. Der Weida folgte ihnen und schloss die Tür hinter sich.
Margarethe war immer noch schwindlig. Sie fühlte Blut über ihr Kinn laufen und tupfte es vorsichtig mit der Bettdecke ab. Ihre Lippe war während des Gerangels aufgeplatzt und schwoll bereits an.
»Katerina, hilf mir, bitte.«
Sie erntete nur einen kalten Blick.
»Der Vogt hat mich geschlagen, weil ich ihm nicht zu Willen war.«
»Jetzt siehst du, was du von deinem Hochmut hast«, fauchte die Wettinerin. »Der kommt nämlich vor dem Fall. Das sagte schon meine Mutter.«
»Himmel, er wollte mich vergewaltigen!«, rief Margarethe außer sich.
»Was stellst du dich beim Weida auch so an«, meinte die Wettinerin spitz. »Bei Albrecht fiel es dir doch auch nicht schwer, den Rock zu heben. Wie du es hinbekommen hast, dabei deine Jungfräulichkeit zu bewahren, ist mir allerdings schleierhaft.«
Margarethe fuhr zurück. »Warum hasst du mich so, Katerina? Ich hab dir nie etwas getan.«
»Du!« Katerina machte ein verächtliches Gesicht. »Du kleiner Habenichts kommst hierher und denkst, du kannst alles haben, jede Vergünstigung, jeden Mann und am besten gleich noch den Titel einer Herzogin dazu. Wird Zeit, dass du merkst, wo du hingehörst …«
»Aber das stimmt doch gar nicht. Das weißt du genau.«
Katerina trat näher an sie heran und betrachtete Margarethe mit Genugtuung. »Jetzt hat es ein Ende mit dir und Albrecht. Du wirst ihn nicht bekommen, niemals. Er ist nämlich viel zu nobel für dich. Für Leute wie uns bist du nur Abschaum. Und damit du’s gleich weißt: Ich werde meinen Vater, Weidas Lehnsherrn, vor dir warnen. Er wird darauf achten, dass du nicht wieder vergisst, wo dein Platz ist – nämlich ganz hinten an der Tafel!«
Margarethe war fassungslos. Dann plötzlich wurde ihr alles klar. Katerina war eifersüchtig! So einfach war das, aber auch so grausam. »Dann hilf wenigstens Jan«, flehte sie inständig. »Albrecht wird es dir danken, und Jan hat wirklich nichts getan.«
»Nichts getan? Der steckt doch mit dir unter einer Decke. Oder wer sonst soll diese heimlichen kleinen Ausflüge, auf denen du deine Verführungskünste ausspielen konntest, arrangiert haben?«
Margarethe wollte noch mehr sagen, doch in diesem Moment kehrte der Vogt zurück. Ohne die Rothaarige eines Blickes zu würdigen, wandte er sich sogleich an Katerina. »Genau wie Ihr es gesagt habt, Herrin. Der Sedlic ist ein Hussit. Man hat eine Handschrift des Ketzers bei ihm gefunden.«
Margarethes Augen füllten sich mit blankem Entsetzen, während Katerinas triumphierend funkelten. Die Wettinerin beugte sich zu Margarethe herab. »Du hast’s gehört, der Jan wird
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