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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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in den Tod getrieben hatte. Sie tat, was sie tat, weil es das war, was Wassernixen tun.”
    Als sie geendet hatte, folgte ein ziemlich entsetztes Schweigen.
    Juli starrte Shadiths ernstes Gesicht an. Langsam erhob sie sich und ging durch den Kreis aus Feuerschein, bis sie schließlich vor Shadith stand. Sie streckte eine Hand aus, berührte den verblaßten braunen Umriß des Falkenkopfs, dann drehte sie sich mit einem Ruck um und rannte in die Dunkelheit unter den Bäumen davon.
    Linfyar starrte von einem zum anderen, da er nicht verstand, was hier geschehen war, und er war verwirrt von den vielen Emotionen, die sich in der Lichtung ausbreiteten.
    Nach einer Weile räusperte sich Aleytys. „Fast, als würde man eine Stechmücke mit einem Vorschlaghammer jagen, meinst du nicht auch?”
    „Hat es mit dem Feingefühl etwa so gut funktioniert?” Shadiths Stimme klang zurückweisend und kampfbereit. Mit einem ungestümen Überfluß an Energie stand sie auf, sammelte eine Handvoll Teller und Töpfe ein und ging zu jenem Wasserloch davon, an dem sie den Abwasch besorgten.
    Spät in dieser Nacht brach das Unwetter über die Insel herein und ließ sie mehr als sonst schaukeln; die Bäume ächzten, und die Wurzeln im Erdreich ächzten auch. Die Hütte bewährte sich, der mit Leim vermischte Lehm hielt den Regen ab, selbst dann noch, als er sich in eine wahre Sturzflut verwandelte. Doch die Bäume, die ihnen als Eckpfeiler dienten, verschoben sich unter dem Druck des Sturmwinds, was bis zum Morgen und zum Versiegen des Unwetters genügend Nässe hereinließ, um es gründlich ungemütlich werden zu lassen. Nicht einmal Linfyar hatte die Zel überreden können, bei ihnen Unterschlupf zu nehmen.
    Der Morgen brachte die Sonne zurück, und eine so reine und kühle und milde Luft, daß sie wie Seide auf der Haut war. Wassertröpfchen funkelten überall, an Blättern, Grashalmen, Zweigspitzen; fingen das Sonnenlicht und reflektierten es. Die Zisternen waren übervoll mit klarem, sauberem Wasser, da sich der Schlamm durch das sanfte Schaukeln der Insel rasch absetzte. Die Gyori grasten ruhig auf der kleinen Lichtung, und wenn man ganz aufmerksam war, konnte man richtiggehend hören, wie schnell das Gras wuchs.
    Wakille machte sich an eine eingehende Inspektion der Hütte, und Linfyar schritt gewichtig und mit dem Ernst eines wesentlich älteren Jungen, der seine Reichtümer inspiziert, neben ihm her. Er war sehr gut dann, die winzigen Risse aufzuspüren. Shadith nahm die Angelschnur und verschwand pfeifend in dem kleinen Gehölz.
    Aleytys zappelte eine Weile herum, nervös und verunsichert, weil es so viele Dinge zu tun gab; dann begann sie, die Äste und Wedel wegzuräumen, die rings um die Hütte herabgefegt worden waren.
    Von den hundert anstehenden Dingen war dies das einfachste; und dasjenige, das am wenigsten Einsatz forderte. Sie schleppte den nächsten gewaltig schweren Ast zu dem schrägstehenden Baum hinüber und wuchtete ihn in die zersplitterte Astgabel hinauf und kehrte dann zurück. Sie sammelte Steine, die sie für das Feuerloch vorgesehen hatten. Steine waren selten auf dieser Insel - und dementsprechend hochgeschätzt. Sie hob das Feuerloch wieder aus, fügte den Steinkreis darum und stellte ärgerlich fest, daß einer der größten Steine zu erbsengroßen Trümmern zerschmettert und ein anderer in drei bizarr geformte Teile zersprungen war.
    Während sie arbeitete, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu der jungen Zel zurück. Juli reagierte nicht mehr auf Linfyars Charme. Ein Dutzend Mal hatte Aleytys gespürt, daß sie allmählich weich zu werden begann, ein Dutzend Mal hatte sie geglaubt, sie werde endlich reagieren - aber jedesmal hatte auch die Zel gemerkt, was geschah, und sich zurückgerissen, mit noch größerem Zorn und noch größerer Feindseligkeit. Zeit, dachte Aleytys.
    Laß ihr Zeit. Das ist etwas, von dem wir mehr als genug haben.
    Unzufrieden betrachtete sie ihre Wiederaufbaubemühungen; eine Unzufriedenheit, die jedoch mit dem ordentlich zusammengesetzten Steinkreis nichts zu tun hatte. Mit einem heftigen Seufzer erhob sie sich und eilte in das Gewirr davon, das der Sturm unter den Bäumen hinterlassen hatte. Der Boden war völlig durchnäßt und spritzte unter ihren Schritten weg; das zerbrechliche Netzwerk von Farnwurzeln vermochte ihn nur mühselig zu halten.
    Die Inselspitze war mit einem Wirrwarr aus ineinander verschlungenen Wasserpflanzen behängt, deren dunkelgrüne Blätter bereits welkten,

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