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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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ihr auf dem Marsch von der Küste bis zu diesem Ort jeglicher Zeitsinn abhanden gekommen war. Eine Woche schien ihr dieser Marsch gedauert zu haben - obgleich es bestimmt nur Stunden gewesen waren. Die letzten paar Schritte stolperte sie neben ihrem ungeduldigen Gyr her - und dachte noch immer über dieses Zeitthema nach, als gebe es nichts Wichtigeres auf der Welt. Das Gyr drängte sie ab, ließ die Straße hinter sich zurück, machte in dem taunassen, saftigen Gras noch ein paar Schritte und begann zu grasen.
    Sie rieb sich die Augen, starrte auf das Grün hinab und raffte das letzte bißchen Kraft zusammen, um zu verhindern, daß sie ganz einfach zusammenbrach.
    Sie ging zu dem Gyr hinüber, das noch immer Aleytys trug, hob deren Kopf behutsam an; schweißverklebte Haarsträhnen kitzelten über ihr Handgelenk. Einen Moment lang starrte sie einfach nur darauf und dachte: Ein Armband roter Haare um den Knochen. Sie blinzelte. Was war dies für ein Gedanke? Oh Gott, mein Gehirn ist nur noch Brei. Sie ließ Aleytys’ Kopf sinken, umrundete das Gyr und schlang beide Arme um Aleytys’ Hüften. Mit einem verzweifelten, schwankenden Zerren bewegte sie sie herab - und fiel mit ihr ins Gras. Die Nässe war eiskalt auf ihrer Haut. Sie hustete.
    Hoffe, Aleytys kann eine ganz gewöhnliche Erkältung heilen, dachte sie und mußte plötzlich kichern; ein weiteres Husten war die Folge. Sie schob Aleytys von sich, stemmte sich hoch und ging zu Wakille hinüber. Sie war ihm dabei behilflich, die Unterlegplane auszurollen.
    Nachdem sie Aleytys in eine Decke gewickelt und Linfyar zu ihr gesteckt hatten, richtete sich Shadith auf und rieb sich den Rücken.
    „Wir müssen abwechselnd Wache halten”, sagte sie gedehnt.
    „Schwer zu sagen, was da draußen unterwegs ist und uns möglicherweise fressen will.” Sie lächelte ihn müde an. „Obwohl… So, wie ich mich gerade fühle, würde es mir nicht mal viel ausmachen, wenn mich irgend etwas fressen wollte. Dir?”
    Wakille gähnte und machte sich nicht die Mühe, dieses Gähnen hinter einer gehobenen Hand zu verstecken. Er schlang die Decke um sich. „Mir? Ich werde eine Woche lang schlafen. Mangxis zwanzig Dämonen sollen jeden Dummkopf in Grund und Boden stampfen, der mich zu wecken versucht.” Er ließ sich auf die Knie nieder, hantierte ein wenig mit der Decke herum, rollte sich darin ein, zupfte noch einmal hier und da, bis er endlich zufrieden war, und lag dann still. Gleich darauf hörte Shadith ein leises Schnarchen.
    Sie löste den Gurt ihrer Decke, breitete sie aus, zögerte. Langsam drehte sie sich um die eigene Achse. Im Süden war die Stadt ein wuchernder schwarzer Fleck, der sich gegen den verblaßten Glanz der Sterne abzeichnete. Nach Osten hin erhoben sich weitere Bäume, darunter hier und da weiße Schimmer, Ruinen von Luxusvillen, nahm sie an, Privatvillen am Flußufer. Überall dasselbe, auf jeder Welt; naja, abgesehen höchstens von Kuppelstädten. Aber auf Sauerstoffwelten wie dieser hier, und ganz gleich, von welcher Spezies sie bewohnt sind - die Privilegierten haben immer genügend Freiraum und frische Luft und Sonnenschein und einen herrlichen Ausblick auf irgendeinen Fluß. Sie legte sich die Decke um die Schultern und wußte, sie hätte dieselbe Wahl getroffen -wenn sie irgendwo hätte seßhaft werden wollen; und wenn sie das nötige Kleingeld zur Verfügung gehabt hätte. Was ich aber bestimmt nicht habe. Soweit ich mich erinnern kann - war noch nie so pleite wie jetzt. Sie grinste. Naja, abgesehen von jenem Tag, da ich zur Welt gekommen bin. Ungefähr dasselbe, nehme ich an.
    Überhaupt, was den angeht: ich denke, ich sollte mich auf Wolff niederlassen, wenn überhaupt. Bringt gewisse Probleme, aber da wird es nie zu viele Menschen geben, und die, die bereits da leben, sind felsenfest der Meinung, daß es nirgendwo besser ist.
    Rechthaberische Typen. Würde mich interessieren, ob sich Lee da niederläßt. Sie hat so einen komischen Ich-werde-möglicherweiseseßhaft-Blick an sich. Ich nicht. Bin gespannt, wie alt ich in diesem Körper werden kann. Sie lächelte und drehte sich abermals weiter.
    Dichte Bäume im Norden. Die Wälder auf dieser Welt sind gefährlich; zu viele düstere Geheimnisse. Wüßte gern, ob der da genauso ist. Ich sollte schlafen. Ich bin zu müde, um schlafen zu können.
    Kann den Aus-Schalter nicht finden. Sie ging an den grasenden Gyori vorbei zu einem sanft abfallenden Steilhang und spähte zu dem großen Fluß hinab … Zwei,

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