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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gestochen scharfes Bild heran.
    Der Kopf eines Falken, raubtierhafte Goldaugen, grausam gekrümmter grünbrauner Schnabel, zottiges goldbraunes Gefiede?r ein rötlicher Federkamm mit schwarzer Haube, der sich über den dunkel geränderten Augen emporschwang.
    Sie senkte das Fernrohr auf den Falken hinab. Das Sichtfeld war begrenzt, so daß sie stets nur kleine Ausschnitte der Gesamtszenerie erhaschen konnte.
    Schlanke braune Hände, die zitternd auf ledernen Beinkleidern ruhen.
    Ein schlanker, bloßer brauner Arm.
    Ein Mädchengesicht, nicht hübsch, jedoch ansehnlich, ein großartig gefärbter, großartig gezeichneter Falkenkopf auf die Wange tätowiert.
    Aleytys bewegte das Fernrohr rasch weiter; der hastige Wechsel der Bilder machte sie benommen.
    Ein Huschen, von einem Gesicht zum anderen, zwanzig Frauen, jung bis mittleren Alters, helle Bräunung der Haut, die Farbe sonnengetrockneten Grases, aber auch das kräftige Rotbraun von eingeöltem Mahagoni.
    Manche mit gefärbtem Haar (große blonde oder weiße oder rote Flecken zwischen Braun und Schwarz und Hell), andere braun und schwarz und weiß, bizarre Streifen, wie auf dem Rücken eines Darshee-Hundes; eine darunter, deren Haare so hell waren wie das Mondlicht, und mit einer Haut von der Farbe einer polierten Walnuß. Das Haar war zu winzigen, durch Holzperlen gezogenen Zöpfen geflochten, auf die sich jede Bewegung übertrug.
    Sie alle trugen Leder, eng an die Körper geschnürte Jacken, mit komplizierten Blumen- und Tiermustern gefärbt, Beinkleider, Sandalen. Jede Reiterin war mit einem Kurzbogen bewaffnet, über die Schultern ragten mit Pfeilen gefüllte Köcher. Viele von ihnen trugen eine kurze grüne Ranke in Daumendicke um den linken Arm geschlungen, zwei trugen sie rechts; eine ähnliche Schlinge, schwer durchhängend, da schimmernde, blaupurpurne Kürbisflaschen daran befestigt waren, war neben lederbekleideten Knien an Sattelpolstern befestigt.
    Aleytys senkte das Fernrohr, stützte es auf dem Oberschenkel ab und rieb das tränende Auge.
    Draußen, in der Talsenke, beratschlagten die Frauen, gestikulierten aufgeregt, überschwenglich. Sie warteten auf etwas. Warten auf etwas, das sich von Norden her nähert, dachte sie. Diese elende verdammte Welt. Sie erschauderte, wandte sich von den Frauen ab. Die Reittiere sahen nicht wie Raubwesen aus, und wenn sie es doch waren, so nicht aus Bosheit, sondern lediglich deshalb, weil es ihrer Natur entsprach und das Nahrungsbedürfnis stillte.
    Es waren große Geschöpfe mit einem geschmeidigen Hals und kurzen, glänzenden Hörnern, die sich zwischen blattförmigen Ohren anmutig emporschwangen; kleine Schwanzlappen, dunkel gerändert und mit weißer Unterfläche, blitzten jedesmal hell wie ein Spiegelsignal auf, wenn sie sich bewegten. Ihr Fell war kurz, glatt und grau gesprenkelt wie leicht mattiertes Silber.
    Die Frau mit den Mondhaaren dirigierte ihr Tier zu der Falkenmeisterin hinüber, warf einen Arm hoch und stieß eine flach gehaltene Hand nach Norden vor. Das Mädchen nickte. Sie strich mit einem Zeigefinger sanft über den Hals des Falken, und er rieb seinen Schnabel an diesem Finger. Dann hielt sie ihren mit Leder umwickelten Arm aufmunternd vor seine Sitzstange. Der Falke tänzelte und hüpfte schließlich mit einem jähen Ausbreiten seiner Schwingen auf ihren Arm, verharrte und flog erst auf, als sie den Arm hochriß. Er kreiste über der Falknerin und schwebte dann nach Norden davon. Aleytys’ Befürchtungen waren bestätigt. Sie seufzte.
    Die Frau mit den Mondhaaren hieß die anderen Reiterinnen mit knappen Gesten ausschwärmen. Mehrere ritten durch eine Hügelsenke davon, die man auf den ersten Blick gut für einen langen, seichten Wasserlauf halten konnte, doch ein Blick durch das Fernrohr belehrte Aleytys eines Besseren. Es war eine weitere der alten Straßen; allerdings in wesentlich schlechterem Zustand als die anderen, die sie bisher gesehen hatte: der Belag war narbig, zersprungen, aufgewölbt und erinnerte an bizarre Pflastersteine. Die Frauen glitten von ihren Reittieren, tätschelten deren Kruppen und gestatteten ihnen, davonzutänzeln. Sie selbst kauerten sich hinter den Ginstergestrüppen nieder oder duckten sich hinter den Hügelkuppen, so daß sie von der Straße aus für niemanden mehr zu sehen waren.
    Die Anführerin und drei Reiterinnen blieben beritten und war-.
    teten in der Senke. Eine von ihnen war die Falknerin. Die Anführerin hielt sie im Sattel fest; die schmächtige

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