Die Fallen von Ibex
eines bedeuten: die Sieger dieses Kampfes würden sie für sich beanspruchen. Und Aleytys verspürte überhaupt keine Lust, sich plötzlich einer Horde blutiger Kämpfer gegenüberzusehen.
Sie zerrte ihr Bündel von dem warzigen Aststummel und wuchtete es sich auf den Rücken, obwohl ihr die zusätzliche Last überhaupt nicht gefiel, die es bedeutete, und dies jetzt, da sie beileibe nicht auffallen durfte, aber sie wollte seinetwegen nicht zurückkommen müssen, und ihre Chancen standen immerhin gut.
Sie folgte der aufgeworfenen alten Straße, hielt geradewegs auf die Kampfstätte zu, verlangsamte schließlich und wich in die von Gestrüpp überwucherten Hügel aus, als sie nahe genug war, um den Kampflärm deutlich zu hören. Sie bewegte sich vorsichtiger, zögerte, setzte das Bündel schließlich ab und versteckte es unter überhängenden Sträuchern. Auf dem Bauch glitt sie weiter, über die Hügelkuppe; Staub und Blütenpollen kitzelten in ihrer Nase; Schreie und heftige Schläge hallten in ihren Ohren wider. Hinter einem zerzausten Busch verborgen, beobachtete sie zwei Frauen und einen Mann, die so verbissen gegeneinder kämpften, daß sie sie hätte umrunden können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Ein betäubender Schmerz durchfuhr ihren Schädel, und sie biß sich auf die Lippen; es war, als raste tief in ihr etwas ein.
Unvermittelt konnte sie die Flüche verstehen, die sich die Kämpfenden entgegenschleuderten. Der Übersetzer in meinem Kopf, dachte sie. Zu viele Talente. Sie lag völlig reglos, die Augen verdreht, tränend; ihr Kopf pulsierte. Als das Pochen endlich verebbte, riß sie die Augen wieder auf. Ringsum hatte sich wenig verändert.
Eine Frau (eine weiße Blüte mit drei herzförmigen Blättern auf die Wange gemalt) hastete heran und schleuderte kleine, bleiche Scheiben mit rasiermesserscharfen Kanten auf einen Mann; gleich darauf einen zweiten. Die andere Frau (auf ihrer Wange ein Zweig mit Beeren) hielt eine grüne Ranke leicht in Händen, umrundete ihren Gegner wachsam, lauernd…
Er war erstaunlich schnell; er griff an, warf sich mit dem Kampfstock auf sie, schlug zu - eine Ende des Stocks schnellte hoch, traf die heranflirrende Messerscheibe, schleuderte sie beiseite und hielt im nächsten Moment bereits mit blitzschnellen Schlägen die Beere auf Distanz.
Da geschah es. Er strauchelte. Mit einem triumphierenden Aufschrei schleuderte die Beere ihre Ranke. Er rollte ab, kam mit einem verzerrten Grinsen hoch, riß das Stabende herum und holte die Ranke aus der Luft; sich schlängelnd fiel sie ins Gras, aber da war nichts, um das sie sich hätte herumwinden können. In einer geschmeidigen Fortführung seiner Bewegung rammte er das Stabende hart gegen Beeres Schädel. Und wirbelte herum, stellte sich der Weißen Blume, ohne abzuwarten, daß die andere Frau fiel; mit einem verwegenen Satz warf er sich auf sie und kreischte seinen Haß heraus, der dem ihren in nichts nachstand.
Das stumpfe Ende des Stocks zermalmte ihre Kehle; ihre Hand ruckte im Todeskampf hoch, schleuderte den Wurfpfeil mit letzter Kraft. Die Spitze streifte sein Gesicht, ein leichter Kratzer, aber das war alles, was sie für ihre Rache brauchte. Er brach in Todesqualen über der toten Frau zusammen, sein Körper zuckte, krümmte sich nach hinten, wälzte sich in einem irrwitzigen Halbkreis herum, und für einen schrecklichen Moment schien es, als würden Gesichtsknochen und Rippenbögen durch die Haut platzen.
Genug davon, dachte Aleytys. Auf Händen und Knien krabbelte sie den Hang hinab, kauerte sich in einer Mulde zusammen und tastete mit ihren Geistfingern nach den Tieren. Da vorn. Ja. Ein wenig nach rechts, weiter weg von der Straße. Hastig glitt sie darauf zu, den Geistfühler ausgestreckt, wachsam, jederzeit bereit, auf Gefahr zu reagieren. Sich zusammenzukauern, zu verstekken, falls sie einem der Eingeborenen zu nahe kommen sollte. Das warme, angenehme, pelzige Gefühl des Tieres wurde stärker. Gyori, raunte ihr Verstand. Sie ließ sich auf den Bauch nieder und schlängelte sich so leise wie möglich durch das Gras; umrundete eine Hügelflanke mit großer Vorsicht - und erstarrte, jäh gewarnt durch ein leises Kribbeln in ihrem Kopf. Sie robbte zu einem dicht überwucherten Steinhaufen hinüber, schob sich behutsam weiter, bis sie sehen konnte, was sie beunruhigte.
Vor ihr hetzte eine schlanke Gestalt über die Hügelschwellung und blieb stehen, spähte in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war. Ein
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