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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gestalt war eigenartig schlaff in sich zusammengesunken. Aleytys beobachtete finster; wünschte, sie wüßte mehr von diesen Frauen. Was die Interpretation fremder Rituale betraf, war ein Fernrohr beileibe keine große Hilfe. Die anderen beiden Frauen waren ebenfalls ganz auf das Mädchen konzentriert; ihre Lippen bewegten sich. Singsang? Was hatte das zu bedeuten? Hing es mit dem Falken zusammen? Oder mit dem, was sich auf der Straße näherte?
    Der Falke segelte in engen Kehren über dieser verwüsteten Stra
    ße und kam ganz allmählich dem Hinterhalt der Frauen näher. Die fragmentarischen Eindrücke, die ihr das Teleskop vermittelte, waren verwirrend, ihr Kopf begann zu schmerzen. Sie setzte das Fernrohr auf einem Knie ab, lehnte sich vor und besah sich die Szenerie stirnrunzelnd. Eine zweite Reitergruppe kam in Sicht, fünfzehn Personen, breiter in den Schultern, stämmiger, mit muskulöseren Armen. Der Falke kreiste über ihnen. Mit einem Seufzer hob Aleytys das Fernrohr wieder. Männer. Bewaffnet mit Stöcken ähnlich demjenigen, den sie bei sich trug, jedoch ohne Metallkappe und ohne Stachelspitze, Speere mit kurzem Schaft, und, daneben festgemacht, Speerschleudern. Satteltaschen schlugen wie graue Eierbeutel gegen ihre Oberschenkel. Sie trugen schwere Brustharnische aus starrem Leder, geprägt und graviert mit auffallend eckigen Zeichnungen. Die Helme bestanden aus demselben Leder und waren in identischen Mustern verziert. Milchig weiß schimmerten die Speerspitzen durch den von den Hufen der Tiere aufgewirbelten Staubschleier - und erinnerten sehr an jene Pfeilspitze, mit der die Kreatur in den Neustadt-Ruinen sie erwischt hatte.
    Die Frauen kauerten sich in ihrem Hinterhalt zusammen, sprungbereit, angespannt von einer jähen Vorfreude, die Pfeile auf den Sehnen, die Bogen bereit; sie warteten auf den Augenblick, in dem sie hochstürmen und die Pfeile davonschwirren lassen würden.
    Die Reiter näherten sich beständig. Aleytys beobachtete sie mit gemischten Gefühlen, verwirrt durch ihre durch nichts gerechtfertigte Zuversicht. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, Späher vorauszuschicken, niemand sondierte, niemand kümmerte sich um die Sicherheit der Route. Sie benahmen sich, als seien sie vollkommen davon überzeugt, daß auf dieser Straße keine Gefahr drohe. Was ist mit dem Falken? dachte sie. Sie müssen ihn gesehen haben, sie müssen wissen, was er bedeuten kann. Oder leben diese Gruppen so isoliert voneinander, daß sie absolut nichts über die Menschen wissen, die sie töten? Wollen sie überhaupt etwas von ihnen wissen? Einer der Männer ritt den anderen tatsächlich voraus, allein, doch von den anderen trennte ihn nur eine Tiereslänge.
    Sie richtete das Fernrohr auf ihn und stieß einen leisen, verblüfften Laut aus. Blind. Er mußte blind sein. Unter warzigen, runzeligen Lidern waren seine Augen ein kreidiges Weiß ohne jedes Anzeichen von Pupille oder Iris. Sein farbenprächtig bemaltes Gesicht war schlaff - das Gesicht eines Idioten. Er schwankte auf dem Sattelpolster und hielt sich - wie es ihr vorkam - allein aus Instinkt fest. Unter Drogen, begriff sie. Warum? Die anderen auch? Ihre Augen tränten bereits wieder, aber sie achtete nicht darauf; sie ruckte das Fernrohr herum, betrachtete Gesicht für Gesicht. Nein, dachte sie. Nicht gerade anziehend, einige von ihnen, aber bestimmt nicht unter Drogen. Sie rieb die triefenden Augen. Was macht er da? Nachdenklich starrte sie auf die winzige Gestalt. Er ist etwas Besonderes. Schamane? PSI-Mann? Was auch immer, er warnt sie nicht vor dem Hinterhalt. Sie schmiegte sich ganz dicht an den vorderen Ast der Gabelung und starrte abwechselnd auf die Frauen und die Männer. Sie schienen menschenähnlich genug, mehr als das Ding in den Ruinen. Nachkommen jener Rassen der ersten Diaspora in mythischer Zeit? Unmöglich zu sagen.
    Die Reittiere bewegten sich mit lächerlich ungelenken Sätzen voran und verkürzten die Distanz zu den Wegelagerern dennoch beängstigend schnell. Die Männer fühlten sich sicher, unterhielten sich müßig, kratzten sich, gähnten. Ein verhutzelter kleiner Mann mit fleckigem, weißem Haar und einem nervös zuckenden Gesicht trieb sein Reittier in einen eigentümlich watschelnden Trab und schloß zu dem bemalten Mann auf. Nach einigen Augenblicken finsteren Schweigens beugte er sich zu ihm hinüber und sprach offensichtlich mit Nachdruck - auf ihn ein. Der Blinde bedachte ihn mit einem geistlosen Kopf

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