Die Fallen von Ibex
Zaubersängerin pochte in ihrem Kopf. Sie stoppte, rieb sich die Schläfen. „Mein Kopf ist ziemlich empfindlich, nimm’s leicht, Shadi.” Sie seufzte.
„Was ist? Mach schnell. Ich will von hier verschwinden.”
„Ein Körper”, rief Shadith, und das um die purpurnen Augen herum entstehende Gesicht war qualverzerrt. „Das Mädchen, Lee.
Tot. Nur tot. Schau sie dir an. Sieh nach, ob du der Meinung bist, ich könnte… sieh nach, ob es möglich ist. Bitte.”
Aleytys wischte sich über das Gesicht. „Du hast keine gute Zeit gewählt.” Aber sie beeilte sich, ging neben dem zierlichen Körper in die Knie. „Sie ist tot, ohne jeden Zweifel.” Aleytys schloß die Augen, betastete mit empfindlichen Fingerspitzen den Kopf des Mädchens; strich über den Körper. „Zersplitterte Schädelknochen.
Hirnschaden. Innere Verletzungen, gebrochene Rippen. Bist du sicher, daß du es darin versuchen willst?”
„Du kannst ja heilen. Du weißt, daß du es kannst. Jedenfalls, sobald ich darin bin. Bitte, Lee, ich möchte es versuchen.” „Was ist mit dir, Harskari, was meinst du?” Die bernsteingelben Augen öffneten sich. „Wenn Shadith dazu entschlossen ist - wir passen auf, notfalls können wir sie zurückreißen. Ich bin bereit. Also schnell, sonst ist die Chance vertan.”
Aleytys nickte, schloß die Augen; sie fühlte sich über Gebühr gedrängt und in großer Gefahr von den siegreichen Frauen -Centai-zel, wie sie unvermittelt wußte-, die in wenigen Minuten bereits über die Hügelkuppe gestürmt kommen mußten, um ihre Beute einzusammeln. Aber sie konzentrierte sich, griff hinaus, sammelte mit geistigen Fühlern Energie, kanalisierte sie, bis sie die symbolischen schwarzen Wasser brodeln und über ebenfalls symbolische Ufer treten und in sich kreisen fühlte. Durch einen Trichter ergoß sie die Lebenskraft in den Körper des Mädchens, sammelte jene Präsenz, die Shadith war, und transferierte sie gleich einer auf Fingerspitzen balancierten Kugel; Harskari war ihr behif-lich, hielt sie in geistigen Armen fest geborgen, und dann war es soweit - Aleytys schleuderte Shadith in Kopf und Körper des toten Mädchens davon, und das leere Behältnis füllte sich, und das, was noch vor Sekundenbruchteilen starr gewesen war, begann sich zu verwandeln. Von Aleytys’ Berührung angeregt, und mit deren umhüllender Kraft, verflocht sich Shadiths Geist mit dem Körper des Mädchens, und eine andere Facette von Aleytys’ Wesen strich über die Verletzungen und regenerierte zerfetztes Fleisch und geborstene Knochen. Sie überflutete den Körper mit ihrer sanften Energie, badete ihn darin und rief ihn aus dem Tod ins Leben zurück. Zeit verstrich, und Aleytys hätte nicht zu sagen vermocht, wieviel, so ausschließlich konzentrierte sie sich darauf, Shadith beizustehen.
Die Augenlider des Mädchens hoben sich zitternd; eine Hand bewegte sich, öffnete sich und wurde zur Faust geschlossen. Shadiths Blick leuchtete aus den Augen des Mädchens. Der Mund zuckte; machte Schluckbewegungen, das Herz pochte gleichmäßiger, die Atmung setzte ein, ruckartig, unregelmäßig, aber das war kein Problem. Shadith bewegte die Füße, zog sie an - zuerst das linke Bein, dann das rechte. Befeuchtete die Lippen. Bewegte die Augen, Augen, die strahlend hell waren in ihrem neuen Leben; der Blick tastete von Aleytys’ Gesicht zum Himmel, zu einem Punkt hinter Aleytys. Der Mund klaffte auf. Die Zunge huschte über trokkene Lippen. Ein krächzender Ton quoll hervor. Noch einmal fuhr die Zunge über die Oberlippe, die Unterlippe. „Ich… bin… darin…
ich bin darin…” Die Worte klangen verzerrt, waren schwer verständlich.
„Warte, laß mich weitermachen. Bin noch nicht fertig…”, sagte Aleytys. Sie legte die Hand auf die Stirn des Mädchens, durchforschte das Gehirn. Die schwersten Schädigungen waren bereits behoben, jetzt heilte sie die feineren Strukturen, schwemmte abgestorbene Zellen davon, flickte empfindliche Nervenfasern, ergänzte Spurenelemente und war abermals so eifrig bei der Arbeit, daß sie erneut die Zeit vergaß; abstrakte Bilder wirbelten durch ihre Gedanken, ihre eigenen Körperfunktionen waren ganz Harskari überlassen. Sie vertraute darauf, daß die Zauberin sie vor jedem eventuellen Angriff schützte. Jetzt, da diese Sache einmal angefangen war, mußte sie sorgsam beendet werden. Shadiths Leben und Glück hingen von dieser Sorgfalt ab. Die Zeit verging in grauen Dunstwirbeln.
Aber schließlich war das
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